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LOIS WEINBERGER
field work
Eröffnung: Dienstag, 8. Juni
Ausstellungsdauer: 9. Juni - 21. August 
(Die Galerie bleibt von 24. Juli bis 9. August geschlossen)

Parallel zur großen Personale im Belvedere21 (Eröffnung 1. Juli) zeigt die Galerie Krinzinger eine  Ausstellung mit Arbeiten aus den 70er Jahren bis zu Arbeiten aus dem Jahr 2020.

08.06.2021 – 21.08.2021

Lois Weinberger. FIELD WORK

GALERIE KRINZINGER, SHOWROOM - Seilerstätte 16 - Vienna
Soft Opening: 8. Juni 2021
Ausstellungsdauer: 9. Juni – 21. August 2021

Lois Weinberger (1947–2020) verstand sich als Feldarbeiter und beackerte ein poetisch-politisches Gebiet zwischen Natur- und Zivilisationsraum, um damit Hierarchien und selbstverständliche Kategorisierungen zu untergraben. Er zog vom elterlichen Bauernhof in Stams in Tirol aus, um vom Kunstschmied und Schlosser zum Schauspieler und schließlich zum Künstler zu werden. Er wurde vor dem Hintergrund der 68er-Bewegung und in Zeiten eines kulturellen Umbruchs sozialisiert und bahnte sich zwischen Minimal Art, Land Art, Wiener Gruppe, Surrealismus und den Jungen Wilden seinen eigenen Weg einer Konzeptkunst. Er wollte nicht wie Joseph Beuys die Stadt kontrolliert begrünen, sondern den Wildwuchs unterstützen und auch das Randständige in den Vordergrund treten lassen.

Weinberger war ein Vorreiter eines neuen ökologischen Denkens und prägte den künstlerischen Diskurs um das Verhältnis zwischen Kultur und Natur ab den 1990er-Jahren wesentlich mit. Den Menschen sah er nicht als über oder neben der Natur stehend, sondern als Teil von ihr. Und das Einwirken des Menschen auf die Umwelt verurteilte er nicht, sondern sah es als vorübergehende Einflussnahme, die „natürlicher“ Bestandteil der Prozesse innerhalb der Biosphäre ist. Die Idealisierung der romantischen Idee einer reinen Natur wollte er mit seinen Werken relativieren und damit auch unsere vermeintliche Überlegenheit über die Umwelt als Illusion erfahrbar machen.

Ein Leitmotiv in Weinbergers Œuvre ist der Garten (zu dem er seine Werke oft abgrenzte, indem er seine Brachen als „Gebiete“ bezeichnete). Die Geschichte des Gartens beginnt mit der Sesshaftwerdung des Menschen. Diese war eine der Voraussetzungen für den Anbau von Pflanzen, und mit ihr entwickelte sich das Konzept des Besitzes ebenso wie die Kultivierung von Grünflächen, die der Idee der Ordnung von Natur zugrunde liegt. Das Wesen des Gartens besteht also in der Verwandlung von Natur in Kultur.

Die Strukturierung von kultivierter Natur erfolgt mittels Zäunen und Mauern, die Grenzen festlegen. Ihre Nutzung ermöglichen Wege, die für Weinberger eine Metapher für Denkbewegungen sind, im weiteren Sinn für das Dasein als stetiges Abgleichen mit der Welt. Aber statt Straßen oder Pfaden bildet er in seinen Arbeiten oft Fresswege von Borkenkäfern ab, deren funktionale Logik der Wegführung uns verborgen bleibt.

Wenn sich Phänomene nicht erklären lassen, werden bei indigenen Völkern und auch bei naturnah lebenden Bevölkerungsgruppen religiöse oder magische Zusammenhänge herangezogen um Beobachtungen einzuordnen. Dieses „Wilde Denken“ zieht Weinberger vielfach in seinen Arbeiten heran, um gleichsam Kultisches, Mythisches und Rituelles als konstruktive Elemente der Welterklärung zu thematisieren und die Differenz zu rationalen Erklärungsmodellen zu relativieren.

Diesem Umstand ist auch sein Faible für den „Green Man“ geschuldet. Der „Grüne Mann“ ist eine Figur, die in der christlichen Sakralarchitektur immer wieder auftaucht. Im vieldeutigen Motiv des Gesichts, aus dem Blätter sprießen, werden Mensch und Pflanze zu einem Mischwesen vereint. Die Deutungsmöglichkeiten reichen von der Anlehnung an pagane Vorstellungen eines Waldgottes, der für eine Symbiose zwischen Mensch und Natur steht und Wachstum und Prosperität symbolisiert, hin zum Waldgeist, der im Gegensatz zum Licht der christlichen Offenbarung die dunkle, ungebändigte und gefährliche Natur verkörpert, bis zum Kopf, der von Pflanzen überwuchert wird und als Memento mori die Vergänglichkeit allen Seins in Erinnerung ruft. Die Unausweichlichkeit von Werden und Vergehen ist ein Grundgedanke, der sich durch das Œuvre von Weinberger zieht. Und es ist vielleicht auch eine tröstliche Vorstellung, dass wir Gewissheit haben, irgendwann in den Schoß der Natur zurückzukehren und neuen Humus zu bilden.

Personale Lois Weinberger im Belvedere 21 am 1. Juli 2021, Ausstellungsdauer: 2. Juli 26. Oktober 2021

Ausstellungen und Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl):

2021 Belvedere 21, Wien (EA) – Neuerwerbung, Kunsthaus Bregenz, Bregenz, Österreich – 2020 Fragile Schöpfung, Dommuseum Wien, Österreich – Slow Life / Radikale Praktiken des Alltags, Ludwig Museum Koblenz, Deutschland – Pine’s Eye, Talbot Rice Gallery, Edinburg, UK – Basics – die Idee einer Ausdehnung, Feststiege Schloß Esterhazy, Eisenstadt, Österreich – Michijusa: Walks with the Unknown, Contemporary Art Gallery, Art Tower Mito, Japan – Slow Life: Radical Practices of the Everyday, Ludwig Museum of Contemporary Art, Budapest, Ungarn – (Un)endliche Ressourcen: Künstlerische Positionen seit 1980, Städtische Galerie Karlsruhe, Karlsruhe, Deutschland – 2019 Tinguely Museum, Basel, Schweiz (EA) – Watari-Um Museum of Contemporary Art, Tokio (EA) – Reborn Art Festival, Aij-Island, Miyagi, Japan – Bruegel’s Eye, Dilbeek / Brüssel, Belgien – Schönheit vor Weisheit, Tiroler Landesmuseum, Innsbruck, Österreich -- 2018 frac franche comté, Besancon, Frankreich (EA+ Wild Cube permanent) – salle principale, Paris (EA) – Galerie Krinzinger, Vienna (EA) – 2017 documenta 14 Athens + Kassel – Lois Weinberger conjunctions with Heath Bunting and Ladislav Zajac, nGbk, Berlin, Deutschland (EA) – Jardin Infini, Centre Pompidou Metz – Naturgeschichten / Spuren des Politischen, MUMOK, Wien, Austria, Econvention Europe: Current Art to Reimagine Ecologies, Museum De Domijnen, Sittard – Nah und Fern, Skulpturen Triennale Bingen, Deutschland – The City, my Studio / The City, my Life, Kathmandu International Art Festival: Third Edition – Der Canaletto Blick, Laubreise, Erste Bank Campus Vienna, Austria (permanent) – 2016 salle principale, Paris, Frankreich (EA) – Économie de la Tension, CAC Parc Saint Léger, Pougues-les-Eaux – Plant Culture, Attenborough Arts Centre, Leicester, UK – Aha, this is my natural habitat, mariondecannière artspace, Antwerpen, Belgien – Die Sprache der Dinge. Materialgeschichten aus der Sammlung, 21er Haus Belvedere Wien, Österreich – UNGENAU, De Halle Geel, Belgien – 2015 La Stanza della Seta Palazzo Milio, Ficarra, Sizilien (EA) – Kunsthalle Mainz, Deutschland (EA) – Invasion, NOW – Esterházy Contemporary, Eisenstadt, Österreich (permanent) – Köln Skulptur #8, #9, Sculpture park Cologne, Deutschland – D’une main invisible, salle principale, Paris, Frankreich – Art Eco, Museum Cultur Strombeek, Ghent, Belgien – 2014 S.M.A.K. Stedelijk Museum voor Actuele Kunst, Ghent, Belgien (EA) – Douglas Hyde Gallery Dublin (EA) – Soleil politique, Museion Bozen – Landscape: the virtual, the actual, the possible? GuangDong Times Museum, Guangzhou – Kadist Foundation, Yerba Buena Center for the Arts, San Francisco, US – 2013 Garden, Villa Merkel, Esslingen, Deutschland (permanent) – Wild Cage, Universalmuseum Joanneum Graz (permanent) – Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Österreich (EA) – Berlin Photo, Teutloff Photo Collection, Bielefeld – New Collection, Berlinische Galerie, Berlin -- Ephemeropterae, TBA21, Vienna – (un)natural limits, Austrian Cultural Forum, New York, US – 2012 GARDEN Gare de Rennes, Les Prairies Biennale d’Art Contemporain Rennes (EA) – Botanica, Villa Dieu Seul Sait, Cotonou, Benin (solo) – Kunst nach 45, Städel Museum, Frankfurt, Deutschland – The Nature of Disappearance, Marianne Boesky Gallery, New York – Tropicomania, Betonsalon / Triennale Paris, Frankreich – 2011 Musée d’ Art Moderne Saint Etienne (EA) – Wild Cube, 21er Haus Bevedere Wien, Österreich (permanent) – Spiele im Park – performative Skulptur in der Villa Schöningen, Potsdam – 2010 6. Biennale of Contemporary Art Gyumri, Armenien – 2009 Venice Biennial, Austrian Pavillon –The Death of the Audience, Secession Wien, Österreich – tranzit, Bratislava, Slowakei (EA) – Lentos Kunstmuseum, Linz, Österreich (EA) – 2007 Kunsthalle Gießen, Deutschland (EA) – Silent dialogue-invisible communication, NTT InterCommunication Center, Tokio, Japan – aut, Innsbruck, Österreich (EA) – 2006 Arnolfini, Bristol, UK (EA) – WE HUMANS ARE FREE, 21st Century Museum, Kanazawa, Japan – Future Garden, Toyota Museum, Toyota City, Japan – EXPO Japan, Nagoya City Arts Museum – 2005 S.M.A.K. Stedelijk Museum voor Actuele Kunst, Ghent, Belgien (EA) – Involution, Centre d’art contempoarin, Bretigny – 2004 Roof Garden, Rathaus Wien, Österreich (permanent) -- Brandt’s Klaedefabrik, Odense, Dänemark (EA) – Hortus and Botany, Liverpool Biennial – 2003 Kunstverein Hannover, Deutschland (EA) – Villa Merkel, Esslingen, Deutschland (EA) – Douglas Hyde Gallery, Dublin, Irland (EA) – 2002 Galerie im Taxispalais, Innsbruck, Österreich (EA) – Unexpected selection, The Art Museum Miami – Uncommon Denominator, Massachusetts, Museum of Contemporary Art – Bonner Kunstverein, Deutschland (EA) – Garden, Landesmuseum Lower Austria, Government Sector, St. Pölten (permanent) 2001 Locus/Focus, Sonsbeek 9, Arnhem – Skulptur-Biennale Münsterland -- 2000 Museum Moderner Kunst 20er Haus Vienna (EA) – Freud Museum, London (EA) -- Spacex Gallery, Exeter, UK (EA) – Zeitwenden, Kunstmuseum Bonn; Museum Moderner Kunst Wien -- Camden Arts Centre, London (EA) – 1999 HIRIYA-DUMP, Tel Aviv Museum of Art – Wild Cube, University for Social and Economic Science, Innsbruck (permanent) – Watari-Um, Museum of Contemporary Art, Tokyo (EA) – 1997 documenta X, Kassel – 1996 Künstlerhaus Bethanien, Berlin (EA) – 1995 Secession Wien (EA) – 1992 Kunstverein Salzburg, Österreich (EA) -- 1991 21. Sao Paulo Biennial, Brasilien – 1986 De Skulptura, Wiener Festwochen, Messepalast, Wien 1983 Galerie Krinzinger, Innsbruck, Österreich (EA) – Galerie nächst St. Stephan, Wien, Österreich (EA)

Lois Weinberger * 1947 in Stams, Tirol, Österreich; † 2020 in Wien, Österreich