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Die erste retrospektive Ausstellung der englischen Künstlerin Loraine Leeson umfasst ihr Werk von Mitte der 70er Jahre bis heute. Für eine jüngere Generation von ProduzentInnen, die ihre künstlerische Arbeit als politisch und identitätskritisch begreifen und Ansätze verfolgen, die auf Partizipation, Inklusion und Institutionskritik zielen, ist es eine wichtige Referenz. Loraine Leeson arbeitete - zeitweise gemeinsam mit ihrem Partner Peter Dunn - unter verschiedenen Labels wie ”East London Health Project”, ”Docklands Community Poster Project”, ”The Art of Change”, oder aktuell ”cSPACE”. Bis heute verbinden sich in Loraine Leesons Werk politische Anliegen, Kunstproduktion, Bildungsarbeit und Feldforschung. Da alle Projekte in Kooperationen entstanden sind, wird die Ausstellung die jeweiligen Kontexte so zeigen, dass Strukturen der Zusammenarbeit, politischer Hintergrund und die Besonderheiten der Arbeitsweise der Künstlerin deutlich werden.

Nach dreißig Jahren wird das “London Berlin Projekt” gezeigt, ein Kommunikationsprojekt, das 1975/6 während eines DAAD Aufenthalts an der Hochschule der Künste Berlin entstand. Dokumente und Fotos geben Einblick in die Diskussionen Mitte der 70er Jahre, Leesons Beteiligung an der Free International University in England und auf der Documenta 6. Hier waren sie und ihr Partner Peter Dunn mit der Präsentation ihres Projektes ”The Present Day Creates History” (1977) beteiligt, das ihr erstes Projekt außerhalb einer Kunstinstitution war und BewohnerInnen von Ruislip und Peterlee in Prozesse der Stadtplanung involvierte.

Im ”East London Health Project” arbeitete Loraine Leeson 1977–1980 an gewerkschaftlichen Aufklärungskampagnen gegen die Kürzungen im Gesundheitswesen. Eine Präsentation des Projekts wurde 1978 in der Ausstellungen ”Art for Whom”, Serpentine Gallery, kuratiert von Richard Cork und 1980 im ICA London bei “Issue – Social Strategies by Women Artist”, kuratiert von Lucy Lippard, gezeigt.

International bekannt wurden Loraine Leeson und Peter Dunn durch das ”Dockland Community Poster Project” (1981 – 1991). Gemeinsam mit politischen AktivistInnen und der BewohnerInnenschaft der Docklands entwickelten sie über zehn Jahre hinweg aufsehenerregende künstlerisch-aktivistische Projekte gegen die Gentrifizierungsprozesse des Londoner Hafengebiets und erarbeiteten in einem “Peoples Plan” Alternativvorschläge für dessen Nutzung.

Unter dem Label ”The Art of Change” entstanden von 1992 bis 2000 unterschiedliche Projekte zu Identitätspolitiken und Repräsentationen von Geschlecht und Ethnizität in sich verändernden urbanen Strukturen; u.a.: “West Meets East”, “Awakenings”, “Between Family Lines”.

2002 gründete Loraine Leeson ihre eigene Organisation ”cSPACE” zur Durchführung von umfangreichen, auf mehrere Jahre angelegten partizipatorischen Projekten. Dazu gehört VOLCO mit Kindern aus verschiedenen Teilen der Welt, die gemeinsam an der Herstellung eines virtuellen Planeten im Cyberspace arbeiten. Oder “Cascade”, das KunststudentInnen, LehrerInnen und SchülerInnen in einem Mentoringprojekt zusammenbringt, in dem Ideen für die Regeneration ihres Wohnbezirks entwickelt werden. 2005 nahmen mit zwei Klassen aus der Heinrich-Zille-Grundschule Berlin zum ersten Mal auch deutschsprachige SchülerInnen an VOLCO teil. Die Ergebnisse ihres Projektes werden in der Ausstellung zu sehen sein.

Anlässlich der Ausstellung in der NGBK führte Loraine Leeson ein neues Projekt durch. Dieses entstand in Kooperation mit dem Institut für Kunst im Kontext der UdK Berlin, SozialarbeiterInnen, SchülerInnen und weiteren KünstlerInnen. Dabei entstand ein Video zur Aufklärungsarbeit in multiethnischen Schulklassen zu Themen im Bereich Sexualität und AIDS-Prävention.

Zur Austellung erscheint ein Katalog mit Texten und Interviews von Grant Kester, Loraine Leeson, Elisabeth Mayerhofer, Peter Dunn, Katja Jedermann, Birgit Kammerlohr, Nanna Lüth und Carmen Mörsch. Ca. 200 Seiten, zahlreiche Abbildungen in Farbe.

Symposium ”Das Rad erfinden - Inventing the Wheel” - Partizipatorische Praxis in der Kunst seit 1970 Welche Kontinuitäten und Brüche gibt es zwischen den Praxen aus den 70er Jahren und denen einer jüngeren Generation von KünstlerInnen, die mit Strategien der Vermittlung, Partizipation und Institutionskritik arbeitet? In welcher Weise haben sich unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen auch die ästhetischen und politischen Anliegen und Strategien verändert? ProduzentInnen der verschiedenen Generationen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und England werden im Rahmen des Symposions diese Fragen diskutieren.

Pressetext

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Art for Change - Loraine Leeson
Arbeiten von 1976-2005
Ausstellung, Katalog und Tagung

Arbeitsgruppe Art for Change - Loraine Leeson:
Katja Jedermann, Birgit Kammerlohr, Nanna Lüth, Carmen Mörsch, Thorsten Streichardt, Jole Wilcke. Mitarbeit: Christian Mayrock

Stationen:
05.11.05 - 23.12.05 NGBK, Berlin
11.11.06 - 20.01.07 space London