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“Der Raum hat viele Virtualitäten. Wir wissen, dass die Sinnwelt nur eine Virtualität ist.“

Das zentrale Werk der Ausstellung „Full House“ ist eine von Lotte Lyon und Manuela Mark gemeinsam entwickelte Installation, die an ein Kartenhaus erinnert. Ein “Full House” ist eine ziemlich gute Hand beim Pokern. Als Ausstellungstitel weist es auf die raumgreifenden Möglichkeiten der gemeinsamen Installation und in seiner Ambivalenz auf die unterschiedlichen Lesarten der Arbeiten von Lotte Lyon und Manuela Mark hin und impliziert natürlich auch den Wunsch, dass möglichst viele BesucherInnen kommen um die Ausstellung zu sehen. Aus 50 horizontal, vertikal und spitzwinkelig aufeinander gestellten, gleich großen Holzplatten entstand eine monumentale und zugleich fragile Skulptur aus deren Zentrum Projektionen und Geräusche nach außen dringen. „Unsere gemeinsamen künstlerischen Fragestellungen handeln vom Verhältnis zwischen Flachem und Dreidimensionalem; vom Erfahren räumlicher Gegebenheiten – sowohl für den/die BetrachterInnen als auch für uns selbst. Es geht um Materialien, Farben, Größenverhältnisse, Funktion, Bewegung und darum, wie man Räume benutzen, erweitern, sich in sie einpassen kann. Des weiteren ist das Spiel mit Sprache und Form von Bedeutung.“, beschreiben Lotte Lyon und Manuela Mark ihre Bezugspunkte, denen sie sich sowohl aus der Perspektive der medienübergreifenden Kunst als auch aus dem Blickwinkel der Bildhauerei annähern. In der Zusammenarbeit geht es den Künstlerinnen um die Überschneidungen der künstlerischen Disziplinen. Befragt werden die Grenzen zwischen materiell und immateriell, zwischen Objekt und Abbild bzw. die verschiedenen Möglichkeiten diese wahrzunehmen.

Ambiguität, syntaktische Mehrdeutigkeit, ist der gemeinsame Nenner, der sowohl bei den Skulpturen, Fotografien und Zeichnungen von Lotte Lyon als bei den Video- und Fotoarbeiten von Manuela Mark auszumachen ist. Auf eigenartige Weise vertraut erscheinen die beiden Skulpturen von Lotte Lyon. Sie erinnern an alltägliche Gebrauchsgegenstände und versperren sich auf den zweiten Blick dieser Zuschreibung wieder. Die beiden ineinander geschobenen, großen Quader und die zwei rechtwinkelig zusammen geschraubten Platten aus unbehandeltem Holz könnten „Schublade“ oder „Paravent“ sein, tun es aber nicht indem sie sich der Funktion verweigern. Die reduzierte Form und zitronengelb bzw. violett definierte Farbflächen rücken die Objekte näher an kunsthistorische Diskurse um konkrete Malerei und Minimalismus. Dass den Werken Witz und spröde Ironie innewohnt, zeigt auch die dreiteilige Fotoserie, eine Versuchsanordnung aus einem Tisch und zerknülltem Zeitungspapier: das Papier liegt auf und unter dem Tisch, der Tisch liegt auf dem Papier, der Tisch drückt das Papier an die Wand. Der Alltagsgegenstand wird seines Amtes enthoben zur Skulptur. Raum, Körper, Bewegung, Materialität, Struktur und deren Verhältnis zueinander verhandelt Manuela Mark auf subtile, aber gleichzeitig auch befremdliche Art in ihren Video- und Fotoarbeiten. Innen und außen, Körperlichkeit und Stofflichkeit, werden ineinander verschränkt und die Wahrnehmung derselben wird somit in Frage gestellt. Die skulptural anmutenden Draperien unterschiedlicher Stoffmuster und -qualitäten auf der Serie von Fotografien lassen unklar, ob ein Körper in ihnen steckt. Im Video scheint der Körper auf den ersten Blick absent. Die Kamerafahrten durch Hemdsärmel und andere textile Kanäle könnten der Introspektion dienen und ein rollendes Stoffknäuel lässt weißes Rauschen zurück bzw. entmaterialisiert sich als Staub. Schieben, Rascheln, Schlurfen und Schaben ist zu vernehmen. Das gesehene Tun geht nicht mit der Geräuschebene konform. Mögliche Geschichten sind abhängig von den Sinnen der RezipientInnen. (IE)

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Full House
Lotte Lyon und Manuela Mark
Tiroler Kuenstlerschaft, Kunstpavillon