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Am 9. November 2008 eröffnet die große Retrospektive „Lovis Corinth und die Geburt der Moderne“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg. Mit über 100 Gemälden auf 1.200 m² Ausstellungsfläche ist die Regensburger Ausstellung die letzte und zugleich größte Station des deutsch-französischen Ausstellungsprojekts zum 150. Geburtstag des großen Grenzgängers zwischen Tradition und Moderne im frühen 20. Jahrhundert.

Eröffnung: Sonntag, den 9. November, um 11 Uhr

Die Regensburger Ausstellung Die ambitionierte Finalstation der deutsch-französischen Retrospektive zum 150. Geburtstag von Lovis Corinth lockt vom 9. November 2008 bis zum 15. Februar 2009 mit einem eigenen Profil in das Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg, wo der ostpreußische Künstler seit langem eine museale Heimat gefunden hat. In dem vollständig frei geräumten Erdgeschoss zeigt das Museum über 100 Gemälde Corinths auf knapp 1.200 m² Ausstellungs fläche und bietet einen thematisch gegliederten Rundgang, der das gesamte motivische Spektrum des riesigen Werks in seiner extremen stilistischen Entwicklung vorstellt. „Im Zentrum unserer Schau stehen die faszinierenden Körperphantasien des Maler-Abenteurers und vitale Porträtszenen aus dem privaten Leben des Künstlers. In diesen Gemälden spiegelt sich eine originäre Auseinandersetzung Corinths mit biblischen Themen und antikem Mythos als auch mit dem eigenen erotischen Erleben“, so Dr. Ulrike Lorenz, Direktorin des Kunstforums. Durch monatelange Recherchen und enge Kontakte zu Leihgebern gelang es, Hauptwerke, die bislang kaum oder überhaupt nicht der Öffentlichkeit bekannt waren, für die Regensburger Ausstellung zu gewinnen. Dazu gehören das seit 1945 noch nie in einer Museumsausstellung präsentierte Werk Lebensalter I (1904) aus Münchner Privatbesitz sowie ein sechsteiliger großformatiger Gemäldezyklus von 1913/14 aus der Berlinischen Galerie mit brachialen Kampfmotiven aus der Odyssee und der Rolandssaga, der exklusiv in Regensburg präsentiert wird.

Corinth schuf diesen Zyklus kurz vor dem Ersten Weltkrieg im Auftrag des Berliner Großindustriellen Ludwig Katzenellenbogen (1880-1944). Die überlebensgroßen Kostümstücke, vorgeführt von unverkennbar zeitgenössischem Personal, mit geradezu markerschütternd mythischer Ausdrucksgewalt, frappieren in ihrer grotesken Theatralität. Stilistisch konträr zum Zeitgeist, erweist sich Corinth einmal mehr als brillante Brückenfigur zwischen Tradition und Avantgarde.

Im Nachklang zur Retrospektive präsentiert das Kunstforum vom 19. März bis 17. Mai 2009 erstmals den größten Teil seiner umfangreichen Sammlung an Arbeiten auf Papier. Mit etwa 150 Werken – darunter unbekannte Skizzenbücher und zahlreiche Originalzeichnungen sowie Druckgrafik – öffnet diese Schau den Blick auf die intimsten Werkgeheimnisse des bis heute irritierenden Grenzgängers auf der Schwelle zur Moderne.

Die Kooperation Das Ausstellungsprojekt „Lovis Corinth (1858 – 1925) und die Geburt der Moderne“ ist eine deutsch-französische Kooperation zwischen Musée d’Orsay in Paris, Museum der bildenden Künste in Leipzig und Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg. Im Frühjahr 2008 richtete das Musée d’Orsay dem deutschen Künstler die erste französische Ausstellung ein – eine atemberaubende Premiere. Im Sommer 2008 folgte die zweite Station im Museum der bildenden Künste Leipzig. Sie wird anlässlich des 150. Jahrestags der Gründung des Museums als Jubiläumsereignis gefeiert. Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg zeigt Lovis Corinth als Kernfigur in der Sammlung und im Selbstverständnis des Museums: Mit insgesamt 13 Gemälden und über 400 grafischen Arbeiten beherbergt das Haus eine der differenzier testen Corinth-Sammlungen in öffentlicher Hand. Das museale und kunsthistorische Gemeinschaftsprojekt steht unter der Schirmherrschaft der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Im kulturellen Austausch der beiden Nationen besitzt es eine erstrangige Priorität.

Lovis Corinth: Das Œuvre des Grenzgängers Malerei als Abenteuer – dies trieb Lovis Corinth bis an den Rand zum Formlosen und mitten in die Moderne hinein. Dabei blieb er dem Menschen und seinen ewigen Existenzfragen um Eros und Tod, Gewalt und Leidenschaft zeitlebens treu. Akademiker, Naturalist, Impressionist, Expressionist – wie kaum ein zweiter Künstler verweigerte sich Corinth kunsthistorischen Schubladen. Dr. Ulrike Lorenz: „Corinth verlieh dem Medium Malerei neue Ausdruckskraft jenseits der Stile. Er entwickelte ein spannungsvolles Themenspektrum zwischen dionysischer Antike und christlicher Leidensgeschichte, vom intimen Genrebild bis zur subjektiven Landschaftsimpression.

Heute gilt Lovis Corinth einem breiten Publikum und insbesondere auch Künstlern als ein Begründer der Moderne in der Malerei. Sein Lebenswerk liest sich als Versuch einer Selbstbehauptung, der dem Wandel der Zeit auf der Spur bleibt.“ Der Gerbersohn aus dem ostpreußischen „Niemandsland der Kunst“ schien auf seinem Weg zum ungekrönten Fürsten des deutschen Impressionismus und zum Vorläufer des deutschen Expressionismus hin- und hergerissen zwischen brennendem Ehrgeiz und tiefen Selbstzweifeln. Auf verschlungenen Wegen trieben ihn seine langjährigen Studien von der konservativen Königsberger Kunstakademie über das spirituell leuchtende München nach Paris, wo er als Salonmaler Erfolge suchte und teilweise fand. Aber erst die Metropole Berlin bot ihm von 1900 an das kulturpolitische und künstlerische Forum für sein furioses Werk, das nach einem Schlaganfall 1911 an expressiver Tiefe gewinnt. Hier erfüllt sich Corinths Avantgardeanspruch. Lovis Corinth lebte als Mensch und Maler den fortwährenden Bruch. In diesem Bruch wurzelt seine unverwechselbare Bildsprache, die sich jeder Einordnung in die Ismen der Moderne entzieht. Wenn der Vollblutmaler auf der Bühne seiner Bilder das Drama des modernen Menschen im Gewand der alten Mythen inszeniert, führt er den eigenen Zwiespalt zwischen heroischem Ideal und progressivem Künstlertum vor. Corinth ist der Maler des menschlichen Körpers. Er zeigt ihn im Leiden (Bibel), in seiner Lustfähigkeit (antike Themen) und im Verfall (Selbstporträts). Während im gesellschaftlichen Umfeld eine „wilhelminische“ Antike blutleere wie martialische Repetitionen erlebt, schickt Corinth dionysische Wesen zur Untergrabung des einäugigen, auf Apollo und Mars fixierten Antikenbilds ins Feld. In der eigenen Lebenspraxis ist Corinth den Sinnesfreuden zugetan und verleiht in der Malerei seiner Liebesfähigkeit eine Sprache. Aber er gibt auch seinem eigenen körperlichen Ausfall einen gültigen malerischen Ausdruck. Die expressive Bildsprache, die er nach seinem Schlaganfall 1911 entwickelte, sucht in der deutschen und europäischen Kunst ihresgleichen. Seinen festen Platz in der Kunstgeschichte fand Lovis Corinth nie. Er blieb ein Einsamer, Un zeit gemäßer. In seinen späten Walchenseelandschaften und Aktbildern überwindet der große Konservative der Moderne endgültig die Raster der Stile und enthüllt die Erotik reiner Malerei.

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Lovis Corinth. Die Geburt der Moderne

Stationen:
01.04.08 - 22.06.08 Musée d´Orsay, Paris
11.07.08 – 19.10.08 Museum der Bildenden Künste Leipzig
09.11.08 – 15.02.09 Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg