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Vernissage: Donnerstag, 12. November 2015, ab 18h Ort: Galerie Michaela Stock, Schleifmühlgasse 18, 1040 Wien

Kaum eine Profession ist mehr von Mythen umwoben und gleichzeitig so prestigeträchtig wie die des Künstlers. Dass sich das Kunstwerk dabei seine Gesetze selbst gebe, dass der Künstler nur seinem Gewissen und seinem Genius folge, indem er ein Bild um seiner selbst willen male, dass er gleichsam den Zweck der Zwecklosigkeit verfolge, all diese Zuschreibungen, die an die Freiheit der Kunst appellieren, sind längst – so scheint es – einer anderen Praxis gewichen: Nicht das Schaffen von Kunstwerken, sondern Habitus werde in den Kunstakademien gelehrt, nicht Handwerk und Technik, sondern professionelle Selbstvermarktung übten die angehenden Künstler heute, so die Diagnose verschiedener Kulturhistoriker und Kunstkritiker. Im Zentrum des Selbstverständnisses, des Erfolgs und der künstlerischen Daseinsberechtigung stehen also: Beziehungen. Beziehungen zu Museumsleuten und Kunsthistorikern, zu Galeristen und Ausstellungsmachern, zu Pressevertretern und Sammlern, eben zu jenen Menschen, die an der Schaustellung, Vermarktung und Sinnerzeugung von Kunstwerken mitmischen und nicht zuletzt an den von ihnen zum Erfolg geführten Künstlern partizipieren. Der künstlerische Genius ist der begnadete ‚networker', dessen Werk sich erst in seinen ‚good connections' zu entfalten vermag. Dabei geht es ihm nicht nur um ökonomische Belange, sondern auch vornehmlich um Prestige.

Lukas Troberg (*1984) zeigt in der Ausstellung seine ‚connections' – unzählige Visitenkarten, die ihm in den letzten Jahren bei Vernissagen und anderen Gelegenheiten zugesteckt wurden. Einige einflussreiche Macher aus dem Herzen des Kunstbetriebs sind hier versammelt und wollen an den globalen Freundschaftsbünden der Kunstszene teilhaben lassen: Der Kurator Hans Ulrich Obrist, der Galerist Peter Kilchmann, Nana Bahlmann vom Los Angeles County Museum of Art, der Sammler Petch Osathanugrah aus Thailand oder Bärbel Vischer vom MAK Wien. Troberg düpiert indes den Betrachter, nein, weniger den Betrachter als vielmehr die kontaktfreudigen Kuratoren, Galeristen und Sammler, deren Visitenkarten zwar fein säuberlich in schlichten Rahmen gereiht das Netzwerk Kunst präsentieren, denen jedoch das Wesentliche fehlt: Die Kontaktdaten sind bis auf die Namen herausgerissen und ausgelöscht. Ist dies ein Spiel mit den systemischen Voraussetzungen der Kunst oder eine Geste der Verweigerung? Ein Kokettieren als Habitus im obigen Sinne oder entschiedene Befreiung von den Zwängen der Selbstvermarktung?

Textauszug aus GOOD CONNECTIONS, Dr. Judith Elisabeth Weiss