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Magdalena Abakanowicz hatte seit Jahren keine Einzelausstellung mehr in Deutschland. Das Landesmuseum Schloss Gottorf widmet nun der bekannten polnischen Künstlerin eine Einzelausstellung. Am Anfang ihrer Arbeiten schuf sie große Gouachen auf Papier und Leinwand. Danach entstanden unter den kargen Umständen der kommunistischen Herrschaft in Polen große Skulpturen aus selbstgewobenem Stoff den sie aus dem Sisal alter Seile gewonnen hatte. 1965 gewann dann die Künstlerin den Preis der Biennale von Sao Paolo. Bekannt geworden ist sie dann durch ihre „Abakane“. Dabei handelt es sich um Lebensgrosse Figuren die Abakanowicz seit den 60er Jahren kontinuierlich formt. Inzwischen umfasst ihr Gesamtwerk über 1500 solcher Abgüsse, gegliedert in Gruppen von 30, 50, 150 oder 250 Personen. Die Figuren konzentrieren sich dabei auf die Darstellung der Masse als gehirnlose Organismen, die ihren Führern folgen und auf Kommando Befehle ausführen können.

Abakanowicz interessiert in ihrer Arbeit der Körper welcher seiner Individualität beraubt ist. Ein androgynes Wesen ohne jegliches Geschlecht. Meistens wird in den Arbeiten nicht klar ob es sich um einen Abguss von weiblichen oder männlichen Personen handelt. In den Titeln jedenfalls spricht die Künstlerin häufig von „Figuren“ oder „Wesen“. Der Protagonist ist eine anonyme Gestalt über die man nicht viel sagen kann. Die Abstammung wird nicht klar, kulturelle Identifikationszeichen, wie Hautfarbe, Gesichtszüge oder Augen fehlen völlig. Ebenso das Alter ist nicht zu erkennen, die Proportionen und die Haltung der Figuren schließen sowohl auf junge, als auch auf alte Personen. Auch lässt sich wenig über das Geschlecht der Figuren sagen, obwohl wir doch eigentlich einen Akt vor uns sehen. Die Nacktheit der Abgüsse wirkt hier entindividualisierend, asexuel und in gewisser Hinsicht steril. Der Mensch wird zu einem Objekt, er ist seiner individuellen und konkreten Merkmale beraubt.

Die Künstlerin schaut aus der Perspektive auf den Menschen in der er nicht mehr er selbst ist, sondern als ein Teil der Masse erscheint. Die Figuren sind oftmals in geraden Reihen aufgestellt, und wirken wie Soldaten beim morgendlichen Appell. Manchmal fehlen sogar wesentliche Details ihres Ganzen, so z.B. der Kopf. Dies zeigt die Künstlerin in ihrer Arbeit „wargames“. Riesige Eichenstämme liegen wie amputierte Körper in waagerechter Position auf Gestellen.

Manche Figurengruppen wirken etwas beschwingter. In der Arbeit „die Tanzenden“ schreitet eine Gruppe von Figuren mit angehobenen Armen vorwärts. Auch hier jedoch zeigt die Künstlerin die Wesen kopflos und blind den Anweisungen folgend.

Fast immer ist es eine Gemeinschaft die uniformiert ist, die Abakanowicz zeigen will. Die Wesen sind dabei keinem natürlichen oder biologischen Rhythmus unterworfen, sondern sind eingewickelt in ein ziviles System. Der Mensch als entpersönlichtes Wesen lediglich ein kleiner, multiplizierter Teil eines „ universellen“ Ganzen. Oftmals übernimmt ein ausgehöhlter rumpfartiger Korpus (oder zumindest ein Teil von ihm) die Funktion. In all den Arbeiten der Künstlerin appelliert sie an den Menschen und and seine Identität, als wolle sie die Schwere der Körperlichkeit zeigen. Immerfort zeigt sie eine Gestalt die innerlich entleert ist, ein totes Abbild der Wirklichkeit, sozusagen eine Form ohne „Inhalt“. Die große Menschenmasse birgt viele Gefahren, denn sie kann so wie die Figuren von Abakanowicz ohne Verstand Anweisungen und Ideologien folgen - sie ehrt unbedacht ihre Anführer oder kritisiert sie. Nun zeigt das Landesmuseum Schloss Gottorf die inzwischen große Ansammlung von 130 Figuren der Künstlerin in stehenden, liegenden als auch laufenden Posen.

Berenika Partum

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Magdalena Abakanowicz
Schloss Gottorf - Reithalle