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Es liegt ein Hauch von Nostalgie in den Bildern von Manuela Wossowski. Die Gesichter, die Kleidung der Menschen, die sie malt, gehören nur in wenigen Fällen der Gegenwart an. Tatsächlich verwendet sie des öfteren private Fotoalben, die bis in die 1930er Jahre zurückreichen. Aber im Unterschied zu solchen Fotografien, die an die Familienbande geknüpft sind, wenden sich die Gouachen an universelle Betrachter.

Uns interessieren solchermaßen weniger die individuellen Personen als vielmehr der Menschentypus, den sie darstellt. Und wir erkennen, dass der Lebenshorizont dieser Menschen weitab von der Hektik der heutigen Menschen liegt. Nicht etwa, dass hier ein bäuerliches Leben beschworen würde; aber es geht eine eigentümliche Beschaulichkeit von diesen Bildern aus, die uns berührt. Womit waren diese Menschen beschäftigt, wo lag ihre Mitte der Welt? Wir wissen es kaum, wir können es nur erahnen, und diese Bilder geben ebenso viele Rätsel auf, wie sie erzählen. Eine Frau mit Einkaufstasche, den Hof zum Haus durchschreitend, ein Liebespaar im Wald, ein Mädchen, das an einen Baum gelehnt zum Tal hinabschaut, ein Paar auf den nächtlichen Heimweg, begleitet von einer Lichterkette... Was hat diese Menschen bewegt, die aus einer anderen Zeit kommend uns hier und jetzt begegnen?

Eines ist offensichtlich; Was hier geschieht, ist unwiederbringlich verloren. Die Befindlichkeit, mit der wir konfrontiert werden, werden wir nie wieder einholen können unter einem Zeitgeist, der alles auf die Karte der Beschleunigung setzt. Selbst wenn wir uns auf einen geruhsamen Waldspaziergang begeben, so hat er doch eine andere Qualität als das, wovon uns die Malereien Manuela Wossowskis erzählen. Darin liegt womöglich das stärkste Moment ihrer Arbeit, dass sie uns einen Begriff von Zeit als Muße und Dauer vermittelt, der den Gegenpol zur Ideologie der Beschleunigung darstellt. So fremdartig Wossowskis Gestalten und Räume auf uns auch wirken mögen, sie ziehen uns magisch in Bann als etwas, das einen vergessen Lebensentwurf darstellen könnte.

Daher sind ihre Sujets nicht allein nostalgisch, sondern auch romantisch im besten Sinne. Es ist insofern kein Zufall, dass die Künstlerin sich mit der deutschen Romantik ebenso befasst hat wie mit Wanderbüchern, dass sie stets auf der Suche nach etwas ist, das sie „bleibende Werte“ nennt- etwas, das sie mit Recht als verschüttet begreift. Ihre Gouachen erzählen in ihrer gleich bleibenden, verhaltenen Farbigkeit und ihrer tiefen Schwärzen von Menschen, die gleichzeitig in der Vergangenheit und in Utopia zu finden sind.

Dr. Martin Hentschel (Kaiser-Wilhelm-Museum und Museum Haus Esters / Haus Lange, Krefeld) galerie ulrike schmela

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Manuela Wossowski