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30. Okt. 2022 - 29. Jan. 2023

Marinella Senatore.
Remember The First Time You Saw Your Name

„Luminarie sind wie ätherische architektonische Strukturen, die die Idee eines Platzes aufbauen können, auch wenn dieser Platz nicht existiert.“
Marinella Senatore, 2022

Für Marinella Senatore ist Kunst eine horizontale Plattform, auf der unterschiedliche, aber gleichwertige Akteur*innen eine energievolle vereinte Bewegung und damit eine kollektive Erzählung bilden. Ausgehend von einer Ästhetik des Widerstands und der transformativen Kraft des sozialen Engagements, umfasst Senatores relationale und integrative Praxis Filme, Fotografien, Malereien, Collagen, Zeichnungen, Skulpturen, Installationen und Performances. Geprägt durch ihren partizipatorischen und politischen Charakter, untersuchen ihre Werke das Potenzial von Kunst als Kollaboration, um einen tiefgreifenden sozialen Wandel zu bewirken.

Die Kestner Gesellschaft präsentiert an der Fassade eine ihrer Lichtskulpturen: Remember the First Time You Saw Your Name (2020).

Mit einer kraftvollen poetischen Botschaft, für die Marinella Senatore bekannt ist, illuminiert sie mit strahlenden LED-Lämpchen und Buchstaben die Fassade und Architektur des Gebäudes. Die ornamentalen Lichtbögen aus hunderten bunten Lämpchen lenken den Blick auf die eindringliche Botschaft zur Vergänglichkeit der Zeit und des Lebens, das mit der persönlichen Namensgebung beginnt. In ihrer festlichen Lichtskulptur an der Fassade beschäftigt sich Senatore explizit mit Fragen zur individuellen Identität und dem Gefühl der kollektiven Zugehörigkeit und stellt einmal mehr ihre dringende Forderung nach Ermächtigung, Emanzipation und Zuwendung in den Vordergrund.

Seit 2017 findet Marinella Senatore die Inspiration für ihre Installationen in den Luminarie in Süditalien, den kunstvollen Lichtarchitekturen, die traditionell Städte schmücken und Kathedralen, Piazzas und andere architektonische und barockisierende Elemente für öffentliche Feiern und religiöse Feste im Freien nachbilden. Indem sie ihre eigenen ortsspezifischen Lichtskulpturen baut und die Luminarie um leuchtende Textbotschaften erweitert, lässt sie die Fassaden und Vorplätze bedeutender Gebäude und Orte in einem kritischen Licht erstrahlen. Die früher aus Öllampen und später mit Glühbirnen erschaffenen Architekturen aus Licht werden heute mit stromsparenden LED-Lampen betrieben und bieten ein temporäres und visuelles Spektakel an.

Es sind die poetischen Botschaften Senatores, die einen feministischen und politischen Diskurs über soziale Themen und persönliche Geschichten fordern. Ihre leuchtenden Mitteilungen provozieren, um das Verständnis des eigenen Körpers als Kraft zum Vereinigen für den Widerstand in zukünftigen Versammlungen im Stadtraum zu aktivieren und zu nutzen. Der Goseriedeplatz vor der Kestner Gesellschaft ist so ein Ort, an dem Menschen sich bei Festen, Demonstrationen oder anderen Zusammenkünften begegnen. Für Senatores Werk Remember The First Time You Saw Your Name (2020) ist dies ein synergetischer Platz, um die politische Dimension von Sprache zu reflektieren und ihr aktivistisches Potenzial freizusetzen.

Senatores jüngstes Projekt, das Festival Alliance des corps. Carte blanche à Marinella Senatore (2022), wurde vor Kurzem im Rahmen der Verleihung der Carte blanche im Palais de Tokyo gezeigt. Mit dem Festival wurde das 20-jährige Bestehen des Palais de Tokyo und das 10-jährige Bestehen der School of Narrative Dance zelebriert. Ihr renommiertes partizipatorisches Projekt, das ein Netzwerk von rund 7 Millionen Teilnehmer*innen in 23 Ländern umfasst, ist eine kostenlose, nomadische Schule, die sich auf die Erforschung neuer Ideen von Gemeinschaft, Ermächtigung und Emanzipation durch verschiedene Disziplinen wie Musik, Tanz und das gesprochene Wort konzentriert.

Marinella Senatore 1977 in Cava de‘ Tirreni, Italien geboren, studierte an der Akademie der Schönen Künste Neapel (1994–1997), am Konservatorium für Musik (1997) und an der Nationalen Filmschule in Rom (1999–2001). Derzeit lebt sie zwischen London und Rom.