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Einzigartig steht das Werk von Mario Sala in der Landschaft junger Schweizer Kunst. Im Helmhaus Zürich realisiert der 1965 geborene Winterthurer Künstler seine bisher umfangreichste Ausstellung.

In Mario Salas Arbeit geht es bevorzugt um das Verborgene, um das, was unter der Oberfläche geschieht, was aber gleichwohl Teil unserer Realität ist. Es geht um Täuschungen und Trugbilder, um Verführung und Verfremdung, um Anziehung und Ablenkung. Es geht um die Kippmomente, in denen hinter dem Offensichtlichen plötzlich eine Ahnung auftaucht, ein Verdacht, ein Gerücht, ein Abgrund. Salas Welt erschliesst komplexe, sinnliche Parallelerfahrungen. Sie ist detailreich, verspielt und ernst zugleich. Sie erforscht mit allen empfindsamen Sinnen, was da ist und entwickelt das Vorgefundene weiter. Das GEBÄUDE sind zwei Bürogebäude einer Grossfirma. Das GEBÄUDE ist das Atelier des Künstlers. Das GEBÄUDE ist das Helmhaus Zürich.

Salas Projekt dreht sich um die Figur des DRIFTERS, der in unterschiedlichen Erscheinungen auftritt. Am Anfang und am Ende der Ausstellung als physisch präsente und gleichwohl ephemere Figur aus farbiger Alufolie, in die vormals Schokoladestängel eingepackt waren. In einer dynamischen Diaprojektion, die 270 Dias enthält, ist der DRIFTER ein zweigeschlechtliches Kontrollorgan, eingekleidet in einen petrolfarbenen Schutzoverall mit weiss wattierter Weste. Auf seiner nächtlichen Patrouille durch das GEBÄUDE blicken wir ihm über die Schulter - bis er sich umdreht und wir plötzlich selber zum Objekt seiner Observationen werden. Der DRIFTER schreitet Büro um Büro ab, in denen die Angestellten tagsüber ihre Körpergerüche hinterlassen. Nachts, allein, einzig von seiner Taschenlampe begleitet, steigert er sich in diese an sich harmlose Welt hinein, bis sie sich in überrealen Vorstellungen in seinem Kopf verdreht. Den Diapositiven zu Grunde liegen performative Fotoshootings im GEBÄUDE. Die entstandenen Aufnahmen hat Sala unter einem Stereomikroskop mit Skalpellen und Zahnstochern, mit Wasserfarbe, farbigen Folien und verschiedenen Leimsorten überarbeitet. Die mikroskopische Bearbeitung fliesst in der Projektion direkt in die fotografischen Vorlagen ein und verschmilzt mit ihnen.

Der Übergang von der realen zur fiktionalen Welt (und wieder zurück) ist dabei fliessend, und der Betrachter kann sich nie sicher sein, auf welcher Ebene er sich aufhält. Das Fiktionale ist genauso glaubwürdig wie das Reale – und das Reale genauso unglaubwürdig wie das Fiktionale. Gestalterisch – und inhaltlich – ergeben sich aus diesem Abdriften von der Wirklichkeit unheimliche Möglichkeiten: Der Künstler greift ergänzend, ja korrigierend in die Realität ein, er interpretiert ihre Erscheinungen und denkt sie gestaltend weiter, er «beugt» die Geradlinigkeit unserer gewohnheitsstarren Wahrnehmung: im Sinne einer Erweiterung der Möglichkeiten, einer Versinnlichung und Steigerung der Empfindsamkeit. Letztlich geht es hier um eine Weiterentwicklung von feinnervigen Kommunikationswegen. Es geht um eine gesteigerte, präzisere Wahrnehmungsfähigkeit, die sich nicht nur auf konventionalisierten, sondern auch auf ungesicherten Pfaden bewegt.

Zur Eröffnung der Ausstellung erscheint in Zusammenarbeit mit dem Verlag für moderne Kunst, Nürnberg, ein von den Zürcher Grafikern NORM gestaltetes Buch mit einem Text von Simon Maurer (dt./engl., 240 S., 141 Farbabb.

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Mario Sala: Das Gebäude