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Vom 30. November 2005 bis 31. Januar 2006 präsentiert der Deutsche Künstlerbund in seinem Projektraum eine Ausstellung des diesjährigen Preisträgers des von der Stiftung Kunstfonds vergebenen HAP Grieshaber Preis der VG Bild-Kunst Mark Wehrmann.

Carcrasher. Blood! Both guitars E (183bpm) – ein grimmiges Riff von Slayer ziert das Notenblatt auf Seite 2 des Künstlerbuchs Two wheels – one dark Lord (Frankfurt: Revolver, 2005), Vorspiel zum düsteren Fahrrad-Ballyhoo auf den nachfolgenden Seiten.

Mark Wehrmanns Arbeiten wimmeln von verwischten Spuren, spöttischen Anspielungen, manchmal übersehenen Details und vorgefundenen Bezügen. Mitunter ist der Zusammenhang auch himmelschreiend wie beim Rheinkilometer 666.

Wehrman nimmt den Faden der Erkundung, Umnutzung und poetischen Entwendung städtischen Raums wieder auf. Mit den Situationisten der 1960er Jahre hat die Auffassung vom Raum als einem sozialen Konstrukt das Feld der Kunstproduktion erreicht. Doch im Unterschied zu den Situationisten untersucht der Mobilitätsexperte die gestalterischen Bedingungen von Raumkonstruktion heute nicht zu Fuß umherschweifend, sondern hoch konzentriert auf dem Fahrrad.

Seine künstlerischen Arbeiten resultieren sowohl aus der genauen Beobachtung, als auch aus der Zweckentfremdung plastischer Details in städtischen Nutzflächen. Er thematisiert öffentliche Orte als Konfliktzonen und zeigt, dass sich mit Treppen, Kanten, Rampen, Wänden, Geländern und Rollen oder Rädern neuer sozialer, wie ästhetischer Raum gewinnen lässt. Befahrbare Passagen werden beispielsweise in Grafiken gekennzeichnet oder Wehrmann knickt Fotografien entlang architektonischer Elemente, um den Blick auf die Plastizität der Objekte zu lenken. Seine Bilder öffnen einen Raum, ohne ihn dabei einzunehmen. Sie stellen Zwischenräume und spatiale Bezüge her, ähnlich wie Raum beim Radfahren nicht einfach angeeignet, sondern durch die Nutzung von Orten und Wegstrecken produziert wird. Die dreidimensionalen Fotografien machen sowohl die Umnutzung des öffentlich zugänglichen Raums erkennbar, als auch die Versuche, durch gestalterische Elemente seine Zweckentfremdung zu verhindern. Die baulichen Widerhaken gegen abweichendes Verhalten werden in Wehrmanns plastischer Darstellung als buchstäbliche Leitbilder zur Regulierung von Bewegung im urbanen Raum anschaulich gemacht. Die ästhetische Erkenntnis einer technischen Form und ihrer skulpturalen Qualität fördert ein geschärftes Bewusstsein über die soziale Konstitution von Raum, seine Nutzungsbedingungen und Zugangsmöglichkeiten zutage.

Dirck Möllmann

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Mark Wehrmann - North Shore
Ort: Projektraum Deutscher Künstlerbund