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Ort: Kunsthaus, 5. Nov 2015, 19 Uhr

Eine performative Installation von Mateusz Kula

Von Mateusz Kula (Krakau/PL), special guest: Paul Barsch

Ein Projekt im Rahmen von Sound Stories in Kooperation mit „Imago Mundi“, kuratiert von Agnieszka Kilian

End of Time ist eine verdrehte Installation für nur einen Abend – sie erzählt eine Geschichte des postkommunistischen Veränderungen, der sich überstürzenden Ereignisse und des Rhythmus des Durchbruchs, begleitet von einem Gefühl der Entfremdung und Verstimmung, aber auch der Faszination angesichts der Veränderungen. Die Geschichte greift viele unterschiedliche Bruchstücke auf. Mateusz Kula nimmt uns mit auf den Pfad – beziehungsweise auf mehrere Pfade – seines Nachdenkens über diesen Übergang. Der Künstler lehnt das offizielle Narrativ des vergangenen Zeitalters ab und präsentiert stattdessen gefundene Objekte, verworfene und unfertige Erzählungen: angefangen mit einer scheinbar banalen Geschichte der Werbung, die auf vorgefertigten Dateien (sogenannter ClipArt) beruht, auf visuellen „Transplantationen“ aus einer anderen Welt, über private Aufzeichnungen und mikroökonomische Geschichten, bis zur Black Metal-Subkultur, die hin und her pendelt zwischen Rebellion und der Weigerung, sich an den Protestformen, wie sie innerhalb der „gesellschaftlichen Ordnung“ erwartet werden, zu beteiligen. Dieser ambivalente Zustand zwischen Veränderung und Anpassung an die neuen Verhältnisse einerseits und der Verweigerung, sich zu beteiligen andererseits, erzeugt Gewalt und Aggressionen, die sich oft gegen die eigene Gruppe richten, statt sich als sozialer Protest zu äußern. „Ich fand meinen geliebten Wolf und nun sollte ich gefressen werden“, sagt einer der Protagonisten in Łukasz Orbitowskis Kurzgeschichte Popiół nad krakowskim niebem [Asche über dem Himmel von Kraków], die Teil der Installation/Erzählung ist.

Das Schweben in einem Zustand zwischen Leben und Tod (Wir sind nicht gestorben… wir haben nie gelebt*), die luziferische Melancholie, bezieht sich auf eine tiefere Wunde, die in Einsamkeit gepflegt wird. Winter und Dunkelheit begünstigen nicht unbedingt soziale Bindungen, sie ermöglichen jedoch alternative Visionen, eine Fantasie, eine Geschichte über eine verlorene Zivilisation. William Morris, Fletcher Pratt und H.P. Lovecraft werden in End of Time zitiert, ebenso wie Interviewfragmente und Titelseiten von Fanzines. Die Ängste und Faszinationskraft dieser Autoren nehmen die Ängste der Generation des postkommunistischen Übergangs vorweg. Mateusz Kulas Installation visualisiert diese gegenseitige Durchdringung der Zeiten, diese Erzählung über eine Zukunft in der Vergangenheitsform und über die Vergangenheit im Futur: Dinge passieren, werden wiederholt, wie in einem Ornament.

Während seiner performativen Führung stellt uns der Künstler nicht nur Ausschnitte von Bekenntnissen, sondern auch eine inszenierte Situation visueller Bruchstücke jener/dieser Welt vor, um die es ihm geht. Er bewegt sich zwischen dem Privaten und Öffentlichen und versucht wie ein Archivar, den Moment des Übergangs weniger einzufangen, als vielmehr ihn vor der Erstarrung zu schützen.

*Burzum, Was einst war