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Der in Leipzig geborene Graphiker, Maler und Bildhauer Max Klinger zählt zu den bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Im Jahr 2007 jährt sich sein Geburtstag zum 150. Mal.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde Max Klinger vor allem für seine monumentalen Kunstwerke gefeiert. Farbige Plastiken und großformatige Gemälde sorgten für Aufsehen und einigen Diskussionsstoff in der damals noch traditionsverhafteten deutschen Kunstwelt. Doch bereits einige Jahre zuvor hatte Klinger eine Reihe druckgraphischer Folgen geschaffen, deren Ausdruckskraft und gedankliche Tiefe bis heute faszinieren. Klinger, der 1874/75 ein Jahr an der Großherzoglich Badischen Kunstschule in Karlsruhe lernte und 1877 sein Studium an der Berliner Akademie abschloss, begeisterte bereits ein Jahr später das Berliner Publikum mit der Zeichnungsfolge „Phantasien über einen gefundenen Handschuh, der Dame, die ihn verlor, gewidmet“, deren radierte Version heute zu seinen berühmtesten Arbeiten gehört. Zwischen 1879 und 1898 erschienen insgesamt 13 Zyklen, die Klinger wie musikalische Werke mit Opus-Zahlen nummerierte.

Seine ungewöhnlichen Bildwelten beschwören bizarre, phantastische Visionen und düstere Träume, lassen die Figuren der griechischen Mythologie auftreten und reflektieren das zeitgenössische bürgerliche Leben der deutschen Gründerzeit. Sie enthalten Andeutungen und Symbole, die nur zum Teil völlig zu entschlüsseln sind. Häufig bleiben seine Motive wunderbar rätselhaft und mehrdeutig. Das Arbeiten in Zyklen nutzte Klinger dabei nicht nur für die Entfaltung einer Bilderzählung, sondern vor allem auch für die vielfältige Kombination von Motiven und Ideen, die sich zum Teil erst über mehrere Blätter hinweg erschließen. Letztendlich rechnete er – eine überaus moderne Kunstauffassung – ausdrücklich mit dem Beitrag des Betrachters, mit den subjektiven „Ideenassoziationen“, mit denen jeder einzelne den Gehalt der Bilder ergänzt.

Das Leitthema der graphischen Folgen Klingers aber ist die Beschäftigung mit den großen Menschheitsfragen – mit Liebe und Tod innerhalb einer christlich geprägten Kultur. Im Bewusstsein eines Aufbruchs in eine neue, moderne Zeit versucht Klinger, christliche Glaubensinhalte und philosophische Vorstellungen mit damals aktuellen, gesellschaftskritischen Themen zu verbinden. Doch den Reiz dieser Werke macht nicht allein ihr Inhalt aus: In einer Zeit, in der die Druckgraphik gerade in Deutschland eher als Reproduktions- denn als künstlerisches Verfahren gewertet wurde, kommt Klinger das Verdienst zu, der Radierung mit einer außerordentlichen technischen Meisterschaft und großer stilistischer Bandbreite zu neuem Ansehen verholfen zu haben.

Als Bewunderer Dürers und Holbeins, als Kenner der Graphik Goyas und mit einem feinsinnigen Gespür für aktuelle Kunstströmungen und Zeitthemen, führte Klinger in seinen graphischen Arbeiten unterschiedliche Einflüsse zusammen. Er selbst wiederum gilt als einer der Vorläufer der Moderne. Zahlreiche Künstler des 20. Jahrhunderts beschäftigten sich auf unterschiedlichste Weise mit seinen graphischen Zyklen, darunter etwa Käthe Kollwitz, Giorgio de Chirico und Max Ernst. Durch ausgewählte druckgraphische Werke wird dieses Spannungsfeld künstlerischer Einflüsse und Beziehungen in der Karlsruher Ausstellung ebenfalls beleuchtet.

Zur Ausstellung erscheint ein 184 Seiten umfassender Katalog mit rund 170 Abbildungen und Texten von Holger Jacob-Friesen, Anja Wenn und Sonja Mißfeldt.

Eröffnung: Freitag, 26. Januar 2007, 19 Uhr Führungen: täglich, außer Montag, um 15 Uhr

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Max Klinger (1857-1920)
Die druckgraphischen Folgen