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ERÖFFNUNG: Freitag, 22.05. um 19 Uhr

Meriç Algün Ringborg ist am Tag der Eröffnung anwesend und steht für Interviews zur Verfügung.

Nach Wittgenstein besteht eine Sprache zu lernen darin, Objekten Namen zu geben. Wörter stammen von Objekten ab, die ermöglichen, zu ihnen Bezug zu nehmen. In der Installation A Work of Fiction (Revisited) von Meriç Algün Ringborg verhält sich dies umgekehrt: Objekte werden ausgesucht, die Wörter beschreiben. Die türkische Künstlerin teilt die große Halle des Kunstvereins in zwei Räume und bestückt diese mit Objekten aus Anwendungsbeispielen, die dem Oxford English Dictionary entnommen sind. Die Sätze, deren sprachliche Verwendung sie demonstrieren, werden auf die Wand projiziert. Die Installation skizziert das Apartment einer Schriftstellerin bzw. eines Schriftstellers. Daher ist es kein Zufall, dass darin die Novelle A Work of Fiction (Manuscript) (2014), ein Krimi, als Element enthalten ist, die Algün Ringborg ebenso aus Beispielsätzen konstruiert hat. Da die meisten Fundobjekte der Installation älteren Datums sind, bringen sie Spuren von Geschichte in die Anwendungsbeispiele des Wörterbuchs mit ein und widersetzen sich mit der jeweiligen Eigentümlichkeit der generischen Funktion der Sätze. Besucher erkunden eine Installation, die sowohl ein sprachliches Pendant ist, als auch die Atmosphäre von Fiktion besitzt.

Im vorderen Raum wird der Film A World of Blind Chance (2014) auf einem Monitor gezeigt. In ihm spricht der in Schweden prominente Schauspieler Michael Nyqvist den Text eines Theaterstücks, das erneut aus Beispielsätzen besteht. Wie den Vintage-Objekten in der Installation das ältere Aussehen anhaftet, gibt der Schauspieler die neutralen Äußerungen in ausdrucksstarker, blühender performativer Rhetorik wieder. Aus dem Off ist auch Algün Ringborgs Stimme zu hören, wie sie Nyqvist Anleitungen erteilt, als würde die Künstlerin und nicht das Wörterbuch seine Gesten steuern. Auf diese Weise offenbart sich bei der Installation, deren Charakter durch die zugrunde liegende sprachwissenschaftliche Quelle unpersönlich angelegt ist, die regieführende Hand der Künstlerin.

Meriç Algün Ringborg (* 1983 in Istanbul, TR) lebt und arbeitet in Stockholm. Sie studierte Bildende Kunst und Kommunikationsdesign von 2002 bis 2007 an der Sabanci Universität in Istanbul. Ihr Studium der Fine Arts absolvierte sie von 2010 bis 2012 am Royal Institute of Art in Stockholm.
Einzelausstellungen (Auswahl): Uprisings, MOSTYN, Llandudno (2014); Meriç Algün Ringborg, Moderna Museet, Stockholm (2014); Metatext, Contemporary Art Gallery, Vancouver (2013); A Work of Fiction, Galerie Nordenhake, Stockholm (2013); A Hook or a Tail, Frutta Gallery, Rom (2013).
Gruppenausstellungen (Auswahl): Between the Pessimism of the Intellect and the Optimism of the Will, 5. Biennale Thessaloniki (2015); All the World’s Futures, 56. Biennale Venedig (2015); Ir para volver (Leaving to return), 12. Biennale Cuenca (2014); You Imagine What You Desire, 19. Biennale Sydney (2014); Signs Taken in Wonder, Kunstverein Hannover (2013).