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Die Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit der Chelouche Gallery, Tel Aviv statt.

Alle Arbeiten Michal Shamirs, die Installationen, Gemälde, Collagen und Videos, die sie schafft, befassen sich mit dem transformativen Wesen des Materials, das sie verwendet. In der Vergangenheit konstruierte Shamir Objekte, deren Basismaterial Weingummi in verschiedenen Formen war. Tatsächlich war es ein mutiger Akt, diese geistlosen Süßigkeiten in den Bereich der Hohen Kunst zu heben und damit ihre Mutation zu bewirken, die sie in einen anderen Kontext setzt, in dem Banalität in Horror umschlägt. Die Weingummis wurden zu Torsi von Tieren montiert, oder zu in die Wand geschnittenen Wunden. Sie wurden zusammengeklebt und teilweise verbrannt, so dass eine zweite Metamorphose stattfand, die ihren anfänglichen Charakter von etwas Süßem, Harmlosen und Gutartigen in ein Schauspiel des Verfalls verwandelte.

In gewisser Weise waren die Arbeiten späte Versionen des mittelalterlichen memento mori-Genres, indem die Weingummis sowohl die Unschuld des von der Figur des Todes geführten jungen Mädchens repräsentieren, als auch den darauf folgenden Verfall des Fleisches. Die Weingummis erzeugen, sobald sie geschmolzen sind, eine starke Textur, die ihrer Herkunft zuwider läuft und die eine Ahnung von Horror enthält, aufgrund der Obsession mit der Oberfläche, die sie offenbaren. Es ist das Wesen der Metamorphose, die sie durchlaufen, ihre bedingungslose und extreme Neugestaltung, von dem Bekannten in den Bereich des Fremden, die Michal Shamirs Arbeiten diesen spezifischen Anklang des Unheimlichen verleiht.

Diese schauerliche Mystik wird in der Ausstellung durch die Tischlampe veranschaulicht, auf die lippenförmige Weingummis geklebt sind, die aufgrund der von der Lampe ausgehenden Hitze schmelzen und in blutähnliche Tropfen verwandelt werden. Die Weingummis, ehemals Lippen, ein Symbol sexueller Begierde, sind Hinterlassenschaften von Eros und Thanatos, vereint in einem Objekt. Es ist diese beinahe unerträgliche Nähe, die das Unheimliche, das so akribisch in ein ehemals harmloses Objekt eingeschlossen wurde, erweckt.

Thanatos wird in den bildenden Künsten bekanntlich als junger Mann dargestellt, der einen Schmetterling hält, und Schmetterlinge sind auch der Gegenstand der nächsten Arbeit in der Ausstellung, ein Video, das die Todesschläge der berühmten Bombyx Mori dokumentiert, der erwachsenen Motten der Seidenlarven. Nachdem sie ihren Seidenfaden um sich herum zu einem Kokon gesponnen haben verwandeln sich die Raupen in Schmetterlinge und brechen aus dem Kokon aus um einen neuen Produktionszyklus zu beginnen, in dem sie kopulieren, Eier legen und, kurz darauf, sterben. In gewisser Weise sterben die Bombyx Mori Schmetterlinge in dem Moment, in dem sie aufhören produktiv zu sein und das wiederum ist eine Metapher für den Zustand der Menschheit in einer globalen Welt.

So wie auch mit den Weingummis, sind es sowohl der Prozess und die Schlussphase der Metamorphose, die hier ausgestellt werden. Shamir betont Modi des Wandels durch Zustände des Flüssigen, Akte der Sekretion und Extraktion, in denen die Agenten des Wandels Körperflüssigkeiten wie Speichel und Blut ähneln. Das Kunstwerk wird zu einem organischen Körper. Es kehrt um, und was zuvor ein Produkt der Kultur war, wird zu einem Objekt der Natur, und als solches dokumentiert es sein eigenes Ende.

Doreet Harten