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Vom 15. Februar bis 18. Mai 2008 präsentiert das Van Gogh Museum die Ausstellung John Everett Millais. Millais (1829-1896), der bedeutendste Vertreter der britischen Künstlergemeinschaft der Präraffaeliten, war der erfolgreichste Maler Englands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Erstmals seit 1898 widmet sich diese Schau nun der Gesamtheit seines Œuvres – zugleich ist sie die erste Einzelausstellung dieses Künstlers in den Niederlanden. Gezeigt werden rund 100 Gemälde und Werke auf Papier aus vielen internationalen Museen und aus Privatbesitz, darunter auch das Gemälde Ophelia, das zu den Highlights der Schau zählt. Die Ausstellung wird in Zusammenarbeit mit der Tate Britain in London veranstaltet, wo sie bis zum 13. Januar dieses Jahres zu sehen war.

Die Werkübersicht zeigt die stilistische Entwicklung des Malers Millais: von den seinerzeit als schamlos „primitiv“ empfundenen und ungeschönten Werken aus seiner präraffaelitischen Periode bis hin zu populär-nostalgischen Themen. Zu sehen sind auch seine stimmungsvollen Landschaften, die Vincent van Gogh stark beeindruckten.

Gegen Ende des Jahres 1848 gründete Millais zusammen mit Dante Gabriel Rossetti, William Holman Hunt und anderen die Pre-Raphaelite Brotherhood. Diese Gruppe von Malern, Dichtern und Kritikern lehnte die Akademiemalerei, wie sie von der traditionsverbundenen Royal Academy gepflegt wurde, ab. Sie propagierten die Rückkehr zur aufrichtigen Klarheit in der Kunst vor Raffael, die ihrer Meinung nach in der Renaissance verloren gegangen war. Gemälde aus seiner frühen, präraffaelitischen Zeit wie etwa Christus im Haus seiner Eltern (Die Werkstatt des Zimmermanns) brachten Millais den Ruf des „Enfant terrible“ ein. Die Zeitgenossen empfanden Millais’ detaillierten Naturalismus als abstoßend und anstößig. Sein technisches Können, die ungeheure Genauigkeit der Darstellung und seine Liebe zum Detail hingegen wurden einhellig gelobt – auch in seinem späteren Werk.

Ab Mitte der 1850er-Jahre gab Millais die bis dahin bevorzugten literarischen Themen auf und wandte sich einer neuen Ästhetik zu. Damit war er ein Vorläufer des Aesthetic Movement in England. Die Künstler dieser Strömung waren einem sinnlichen Stil verpflichtet, mit dem sie eine poetische Stimmung in das Bild legten oder der Schönheit der modernen Frau huldigten. Wie Millais’ frühe präraffaelitische Werke sind auch diese Bilder von großem psychologischem Gespür geprägt.

Nach 1870 griff Millais auf die Tradition der alten Meister wie Tizian, Velazquez und Rembrandt zurück. Damit richtete er sich an ein neues Publikum: Nicht mehr nur die Kunstkenner, sondern vor allem Liebhaber der Dramatik fanden Gefallen an diesen Werken. Politiker und Schriftsteller, so etwa der Dichter Alfred Tennyson oder der Politiker Benjamin Disraeli, aber auch Angehörige des Großbürgertums ließen sich von dem gefeierten Maler porträtieren. Auch Kinder porträtierte er, darunter seine eigenen. Oft finden sich in den intimen Kinderbildnissen Symbole wie zarte Blumen oder zerbrechliche Seifenblasen, die uns auf die Vergänglichkeit der Jugend hinweisen.

Im Mittelpunkt der Schau steht das international berühmte Gemälde Ophelia (1851/52). Angeregt ist das Werk von der gleichnamigen Figur aus der Shakespeare-Tragödie Hamlet: Nachdem Hamlet den Vater seiner Geliebten Ophelia ermordet hat, wird diese wahnsinnig und ertränkt sich. Das Gemälde ist ein subtiles Zusammenspiel aus Mystik, feinster Technik und verhaltener Dramatik. Seine künstlerische Wirkung reicht bis in die heutige Zeit.

Die Kuratoren der Ausstellung John Everett Millais sind Alison Smith, Konservatorin der Tate Britain, und Jason Rosenfeld, Assistentprofessor am Marymount Manhattan College, New York.