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Mitch Epstein (*1952 in Holyoke / Massachusetts) zählt zu den herausragenden amerikanischen Fotografen, die in Deutschland vor allem durch ihre Buchpublikationen, weniger jedoch durch ihre Ausstellungen bekannt geworden sind. Dieses Ungleichgewicht wird nun durch eine groß angelegte Ausstellung beseitigt, die die Entwicklung von Mitch Epsteins Werk anhand von zwei sehr unterschiedlichen fotografischen Serien veranschaulicht.

Die Recreation – American Photographs betitelte Serie (ab 1973) steht in der besten Tradition der amerikanischen „Street Photography“ und schildert Alltagssituationen, unspektakuläre Freizeitaktivitäten und Momente der Muße, die dennoch Grundsätzliches über das Leben in den USA der 70er und 80er Jahre aussagen. Gerade in der Zufälligkeit der Begegnungen und Motivkonstellationen dokumentiert sich nämlich die Offenheit einer – vielleicht ein wenig aus den Fugen geratenen – pluralistischen Gesellschaft, deren Freizügigkeit Jahrzehnte später verloren gegangen zu sein scheint. Dies zumindest lässt die zweite in Bonn präsentierte Fotoserie American Power (ab 2003) vermuten. Sie lenkt den Blick auf einen der zentralen Machtfaktoren Amerikas, die Energieindustrie, die nicht nur in die Gesellschaft, sondern auch in die Natur eingreift und beide verändert. Dominant und alle Proportionen sprengend schieben sich Kühltürme und Raffineriegebäude in das Bild und degradieren alles andere zur Marginalie. Dies gilt auch für den Fotografen selbst, der nicht mehr – wie in Recreation – in den Strom der Ereignisse integriert ist. In American Power tritt er einer Macht gegenüber, die ihn – in Gestalt des hochgerüsteten Wachpersonals – mindestens ebenso argwöhnisch beobachtet wie er es selber tut.

So versammelt die Ausstellung in den genannten Serien zwei sehr unterschiedliche Gesichter Amerikas, wobei es Mitch Epstein sowohl in Recreation als auch in American Power gelingt, das Gesehene in ikonisch dichte und jeder Zeit aussagekräftige Fotografien zu fassen. Zur Ausstellung erscheint ein Katalogbuch mit Texten von Stephan Berg, Christoph Schreier, Stefan Gronert und Gisela Parak.

MITCH EPSTEIN – STATE OF THE UNION bildet den Auftakt einer neuen Ausstellungsreihe, die zentrale Positionen der amerikanischen Fotografie seit den 70er Jahren in umfassenden Einzelausstellungen zeigt. Im zweijährigen Rhythmus präsentiert das Kunstmuseum das Werk von Lewis Baltz, Joel Sternfeld und dem jüngst verstorbenen Larry Sultan. Hintergrund und Motivation dafür sind, dass das Œuvre der genannten Künstler - anders als beispielsweise bei William Eggleston oder Stephen Shore - in seiner Bedeutung für die Entwicklung der künstlerischen amerikanischen Fotografie in Deutschland bislang institutionell nicht oder nicht genügend gewürdigt wurde.

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Mitch Epstein
STATE OF THE UNION
Kurator: Christoph Schreier