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Zum Selbstverständnis des Menschen gehört ebenso, dass er sich überhaupt als Spezies definiert, wie auch sein Verhalten gegenüber dem, was von ihm als „andere“ Spezies erkannt wird. In den Künsten hat er immer wieder sein Verhältnis zum Tier thematisiert. Sowohl seiner Vorstellung von Gott und Göttern als auch der Darstellung seiner selbst hat er dabei mitunter Tiergestalt verliehen. Über die Zeiten ist diese künstlerische Vermenschlichung des Tieres bedeutend geblieben, das Tier erweist sich nach wie vor als ausgezeichnete Projektionsfläche für das menschliche Bedürfnis nach Selbsterkenntnis. Dass die anthropomorphe Tierfigur heute in den Kinderabteilungen der Kulturindustrie aufgegangen zu sein scheint und uns allzu oft als bunte Werbemaßnahme begegnet, macht gelegentlich die erhellende Kraft des Tiergleichnisses vergessen. Umso erfreulicher ist es, der Arbeit von Mitsy Groenendijk zu begegnen, welche sich, durchaus unabhängig von Darwin und Disney, ausschließlich mit dem Bild des Menschen als Affe beschäftigt.

Ihre aus Keramik und Gips modellierten und farbig gefassten Plastiken treten einzeln oder in Gruppen, mit wenigen Requisiten wie Möbeln, Spielzeugen oder Kleidung versehen, in menschlich-alltäglichen, ja frappierend realistischen Szenen auf. Nicht nur die Requisiten sind es, die diesen Realismus ausmachen, sondern auch die Einfachheit und Lebensnähe der Situationen, in welche Mitsy Groenendijk ihre Protagonisten versetzt. Man sieht sie meist, wie sie in ihrer Tätigkeit innehalten oder sich in anderen unbeweglichen Zuständen wie Warten oder Schlafen befinden (was ihre lebendige Anmutung nur unterstreicht), einzelne auch, wie sie eine besondere menschliche Tätigkeit ausüben, nämlich das Schreiben und Erkennen abstrakter Begriffe wie „gott“, „illusion“ oder „now“.

Szenisch gesehen haben wir es durchweg mit Schnappschüssen zu tun, eingefrorenen Augenblicken, welche sich zu einer bildnerischen Fiktion fügen, denn zu den Figuren scheinen bestimmte Geschichten zu gehören. Diese werden nicht näher erzählt, verdichten sich jedoch im dargestellten Moment und bleiben vorstellbar. Auffällig ist, dass wirklich humoristische Begebenheiten fehlen. Der kindliche Humor der Figuren wird stets von ethischem Ernst begleitet und so geht von ihnen nicht selten eine gewisse Melancholie aus.

Eines ist diesen Szenen gemeinsam: der Moment des Reflektierens. Diese Affenleute zeigen Vernunft, indem sie uns entweder eine plausible Gefühlsregung mimisch vermitteln oder sogar über das Wort mit uns in geistigen Kontakt treten wollen. Spätestens hier haben wir uns mit ihnen identifiziert und möchten über die Schranken der Evolution hinweg Empfindung und Gedanken erwidern. Dieser Moment geht über satirische Pointen, wie wir sie beispielsweise von der Affenkarikatur kennen, hinaus. Nicht unbedingt in der Treffsicherheit, mit welcher die Affenfigur das Menschliche parodieren soll, liegt der besondere Reiz dieser Arbeit, vielmehr ist es der Grad der Anteilnahme, welche Mitsy Groenendijk für das Innenleben ihrer Figuren in uns zu wecken versteht.

Zur Ausstellung erscheint der Katalog MONKEY-PEOPLE.

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Mitsy Groenendijk
Monkey-People