press release only in german

Monika Stricker und Manuel Graf (beide *1978) generieren in ihren Arbeiten Formen, in denen sie architektonische Visionen des 20. Jahrhunderts behandeln, diese verwerten und weiter entwickeln. Für die Ausstellung im BÜRO DC in Köln zeigen sie Raumvorstellungen als Repräsentanten für Gedankenmodelle.

Monika Stricker hat für die Ausstellung im BÜRO DC eine Skulptur gebaut, die vom Barcelona-Pavillon als Startpunkt ausgeht. Sie verwendet die von Mies van der Rohe ausgewählten Materialien, wobei lediglich die Klammern, die Außenwände des Originals, dargestellt werden und es ihr nicht um einen 1:1 Nachbau, sondern vielmehr um eine eigene Form, eine Skulptur geht, die uns den Pavillon als Ikone der Moderne in Erinnerung ruft und sie aufleuchten lässt.

Der Mies van der Rohe-Pavillon wurde zur Repräsentation anlässlich der Weltausstellung in Barcelona 1929 gebaut und bestand nur kurze Zeit, da er nach der Ausstellung abgerissen wurde. "Seine Erscheinung wurde durch kein funktionales Programm bestimmt. [...] der Raum fließt zwischen getrennten vertikalen und horizontalen Ebenen. Aber der Fluss des Raumes war durch klammergleiche Wände an jedem Ende des Podiums gefangen. Zwischen diesen Wänden 'war' das Gebäude ein langsamer Tanz auf dem Podium." (A. Draxler, 1960) Dass uns der Barcelona Pavillon im Gedächtnis ist, haben wir Fotos und Besprechungen zu verdanken und einem Nachbau von 1986, vor allem natürlich seiner Kraft und Bedeutung als Schlüsselwerk im Schaffen des Mies van der Rohe.

Die Arbeit von Monika Stricker ruft uns diese Erinnerung wieder ins Bewusstsein - die Begehung ist lediglich imaginär möglich - die Aufhebung von Innen und Außen bleibt uns verschlossen, der Pavillon erscheint als Bühne, in die man sich hinein projizieren kann. Die Arbeit steht da als Repräsentant für die Auflösung von Architektur als geschlossenes System, es steht da als quasi Verweis auf eine Zeit des Umbruchs. Monika Stricker lässt uns auf all das schauen, sie lässt uns zurück denken und vor allem nach vorne sehen: auf eine eigene poetische Form, geladen von immer noch faszinierendem Material und Licht.

Manuel Graf zeigt seinen Film Shulmantonioni (2004), in dem er sich zum einen der Fotografien von Julius Shulman bedient und auf den Film Zabriskie Point (1970) von Michelangelo Antonioni zurückgreift. Wir sehen aus heutiger Zeit modernistische Innenräume (der als visionär einst ‚low-cost housing' angelegten Case Study Houses), die um die 60er Jahre rund um Los Angeles gebaut wurden und durch Shulmans Kamera zu Ikonen des damaligen Lebensideals wurden.

Die Kamera von Graf kreist durch diese am Computer nachgebauten Räume, die modern eingerichtet sind und schließlich kommt es zu zeitverzögerten langsamen Explosionen von Fensterscheiben, Mauern und Möbeln. Diese Explosionen lösen den Raum auf seichte fast schon zynische Art auf, sie erschüttern nicht, die Fragmente schweben im gravitationslosen Raum, am Ende existieren sie dennoch weiter. Die "hippiemäßige" Originalmusik des Antonioni-Films von Pink Floyd unterstreicht diese seichte Explosion, die Gitarren heulen dramatisch, aber nicht radikal. Das scheinbar "Sichere" löst sich auf - auch in seiner Länge und Langsamkeit bleibt Graf dem Film treu. Stellvertretend für den kapitalistischen Machtinhaber des Films steht die Architektur, als dass sie 'Wunschträume der jungen Generation wieder geben würde - wie sie sich das Leben auf den Hollywood Hills vorstellt, ohne jemals dort gewesen zu sein'. (Paul Goldberger, nach Shulman, 1998)

Diese Sehnsucht ist aus heutiger Sicht noch gegenwärtig, wenn auch inzwischen kritisch zu sehen, wie es schon Antonioni vorgeführt hat, indem er die Hüllen der gut situierten Wohlstandsgesellschaft und der ihr innewohnenden sozialen Ungerechtigkeiten durch den finalen Knall zunächst sprengt, sich von ihr aber letztendlich nicht lösen kann. Auch Manuel Graf löst diese Welt auf, ähnlich der Architektur der Postmoderne arbeitet er spielerisch eklektizistisch mit den gefundenen Formen und verleiht ihnen eine eigene dynamische Dramaturgie.

Geprägt von ihrem Studium an der Akademie Düsseldorf (zunächst bei Magdalena Jetelovà, dann bei Rita McBride) entwickeln die beiden Künstler Umgangsweisen mit der Moderne, mit Phänomenen der Popkultur, des Films und des Science-Fiction Kontexts - eine Methode, die sicherlich kennzeichnend ist für ihre Generation und der Frage, wie man sich in Bezug zur Kulturgeschichte situiert und wie man vor diesem Kontext heute Räume und Formen denkt und wieder neu baut. Monika Stricker und Manuel Graf zeigen uns ihre sehr poetischen und kraftvollen Ergebnisse aus diesen Gedanken, die vielmehr für sich selbst stehen, als dass sie reine Verweise sind.

Kathleen Rahn

only in german

Monika Stricker und Manuel Graf