press release only in german

Vernissage Sonntag 8. Juni 2008, 11.30 Uhr

Das Kunstmuseum Thurgau eröffnet am 8. Juni 2008 die Ausstellung „Moralische Fantasien“. Im Zentrum stehen Positionen zeitgenössischer Kunst, die sich mit der Klimaerwärmung und ihren Auswirkungen auseinandersetzen. Vierundzwanzig Kunstschaffende zeigen im ehemaligen Kartäuser Kloster, das mit seinen idyllischen Gärten und dem Gutsbetrieb den perfekten Rahmen für die Beschäftigung mit diesem Thema abgibt, ihre ganz persönlichen, distanziert dokumentierenden wie persönlich betroffenen oder gesellschaftspolitisch motivierten Gedanken und Recherchen zu diesem Thema. Schon seit der Antike ist bekannt, dass menschliche Eingriffe in die Natur von negativen Folgen begleitet sein können. Doch erst in den vergangenen Dekaden hat sich eine markante Sensibilisierung der Gesellschaft auf diesen Themenbereich hin und eine eigentliche ökologische Diskussion herausgebildet, die nicht selten in dramatischem Ton geführt wird und mittlerweile in alle Bereiche der Gesellschaft einwirkt. Davon betroffen ist nicht zuletzt die Kunst, die sich traditionellerweise stark mit der Natur auseinandersetzt und wesentlich um die Generierung von Naturbildern und -vorstellungen besorgt ist. Die Ausstellung „Moralische Fantasien“ fasst diese Tendenzen zusammen und stellt aktuelle Projekte, die sich mit Fragen der klimatischen Veränderung und ökopolitischen Beobachtungen auseinandersetzen, ins Zentrum. Das Projekt beschäftigt sich zudem mit der Frage, wie Künstler und Künstlerinnen auf diese geopolitischen Probleme reagieren und welche Strategien sie dabei anwenden. Andererseits stellt es zur Diskussion, inwieweit Kunst als spezifisches Medium in der Gesellschaft - die nach Niklas Luhmann über keine „Zentralkompetenz zur Behandlung ökologischer Probleme“ verfügt - ökologischer Kommunikation Gehör zu verschaffen vermag. Dabei legt die besondere örtliche Situation der Ausstellungsräume die Auseinandersetzung mit dem Thema nahe, denn das Kunstmuseum Thurgau ist Teil einer Klosteranlage, die im 19. Jahrhundert säkularisiert wurde und heute im Besitz einer privatrechtlichen Stiftung ist, die auf dem Gelände einen Seminarbetrieb mit Hotel führt und einen Bauernhof betreibt. Eine zentrale Rolle spielt dabei ihre idyllische Lage am Flusslauf der Thur und die sorgsam kultivierte Gartenanlage, die wie ein Paradiesgarten einen zusammenhängenden, geschützten Bereich definiert, in dem sich eine heile Welt entfaltet. Diese besondere Situation, die Beschaffenheit des Ortes mit seinen verschiedenen Gartenanlagen und die idyllische Lage, gaben den Anstoss zum Thema des Projektes, das sich mit der Bedrohung dieser „heilen“ Natur auseinandersetzt.

Der Titel der Ausstellung „Moralische Fantasien“ stammt von Günther Anders (HYPERLINK "http://de.wikipedia.org/wiki/1902"1902 – HYPERLINK "http://de.wikipedia.org/wiki/1992"1992), einem bedeutenden deutschsprachigen HYPERLINK "http://de.wikipedia.org/wiki/Philosophie"Sozialphilosophen. Der Mitbegründer der Anti-Atombewegung verstand darunter die Anstrengung, die Diskrepanz zwischen der zunehmenden Bedeutung der Technik für die Gesellschaft und der Wahrnehmung in der Bevölkerung wieder rückgängig zu machen. Dies soll in dem Versuch geschehen, „das Gefälle zu überwinden, die Kapazität und Elastizität unseres Vorstellens und Fühlens den Grössenmassen unserer eigenen Produkte und dem unabsehbaren Ausmass dessen, was wir anrichten können, anzumessen“, so Anders 1956 in „Die Antiquiertheit des Menschen“.

Dreiundzwanzig Arbeiten von internationalen Künstlerinnen und Künstlern aus drei Generationen setzen genau an diesem Punkt an, mit Werkansätzen, die individuell und in ihrer Herangehensweise sehr unterschiedlich sind. Das Spektrum reicht von Strategien, unsere Vorstellungskraft durch intelligente Analyse zu schärfen, über Bestrebungen, diese durch unkonventionelle Lösungsansätze für neue Perspektiven zu öffnen, bis hin zum Ansatz, unsere Wahrnehmung durch Kritik, Provokation, aber auch durch Poesie produktiv zu stimulieren.

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: Ursula Biemann, Olafur Eliasson, Johannes Gees, Tue Greenfort, Douglas Gordon, Christina Hemauer & Roman Keller, Jonathan Horowitz, HorseArt, Christoph Keller, Leopold Kessler, Deborah Ligorio, Elke Marhöfer, Gordon Matta-Clark, Anna Meyer, Gustav Metzger, Olaf Nicolai, Dan Peterman, Marjetica Potrč, Santiago Sierra, Philippe Rahm, Rirkrit Tiravanija, Marie Velardi, Christine Würmell.

Zusätzlich zu den an der Ausstellung beteiligten Künstlern wurden acht weitere Kunstschaffende gebeten, das Cover der Zeitung „Bild“, das anlässlich der Veröffentlichung des UNO-Klimaberichts im Februar 2007 erschien und die Schlagzeile „Unser Planet stirbt“ trug, in ihrem Sinne zu überarbeiten. Die Ergebnisse von Matthew Antezzo, Mark Staff Brandl, interpixel, Isabelle Krieg, Jakob Kolding, Dan Perjovschi, Silke Wagner und Christine Würmell sind ebenfalls Teil der Ausstellung

In der Kunsthalle „neuer Shed“ im Eisenwerk Frauenfeld richtet das Künstlerduo Hemauer|Keller ein Ton- und Filmstudio ein. Sie studieren mit der Bevölkerung die Postpetrolistische Internationale ein und untersuchen mit Chronology of Energy and Art-Related Developments den geschichtlichen Zusammenhang zwischen Energie und Kunst. In Studiogesprächen mit geladenen Gästen wird öffentlich über diese Beziehung diskutiert. Das Studio ist täglich zu besichtigen. Infos und Anmeldung unter www.studiofrauenfeld.info.

Parallel zur Ausstellung im Kunstmuseum erscheint eine Publikation, die die einzelnen Kunstschaffenden vorstellt und der Kernfrage des Projekts in schriftlicher Form nachgeht. Mit Beiträgen von Harald Welzer, Raimar Stange und einem Interview mit dem Klimapolitiker Patrick Hofstetter. „Moralische Fantasien. Kunst und Klima“, A5 Format, Hardcover, 183 Seiten, deutsch / englisch, Gestaltung: Urs Stuber, Verlag für moderne Kunst Nürnberg. Zu beziehen im Kunstmuseum Thurgau oder in jeder Buchhandlung.

only in german

Moralische Fantasien
Aktuelle Positionen zeitgenössischer Kunst in Zusammenhang mit der Klimaerwärmung
Kuratoren: Dorothee Messmer, Raimar Stange

Künstler: Ursula Biemann, Olafur Eliasson, Johannes Gees, Tue Greenfort, Douglas Gordon, Christina Hemauer & Roman Keller, Jonathan Horowitz, HorseArt , Christoph Keller, Leopold Kessler, Deborah Ligorio, Elke Marhöfer, Gordon Matta-Clark, Anna Meyer, Gustav Metzger, Olaf Nicolai, Dan Peterman, Marjetica Potrc, Santiago Sierra, Philippe Rahm, Rirkrit Tiravanija, Marie Velardi, Christine Würmell, Matthew Antezzo, Mark Staff Brandl, interpixel , Isabelle Krieg, Jakob Kolding, Dan Perjovschi, Silke Wagner & Christine Würmell