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Regensburg – Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie präsentiert vom 16.12.07 bis 2.3.08 die erste umfassende Retrospektive des expressionistischen Einzelgängers Moriz Melzer (1877-1966). Mit rund 170 Werken aus den Jahren 1907 bis 1927 konzentriert sich die Schau auf Melzers eindrucksvollste und richtungweisende Werkphasen und versammelt eine hochkarätige Auswahl internationaler Leihgaben, die in dieser Konzentration zum ersten Mal öffentlich zugänglich gemacht werden. Das Kunstforum legt damit den Grundstein zur kunsthistorischen Wiederentdeckung eines eigensinnigen und zu Unrecht vergessenen Künstlers, dessen Werk einen überraschenden und wesentlichen Mosaikstein in der Vielfalt der Klassischen Moderne darstellt.

Die Ausstellung im Kunstforum Ein Jahr nach der Ausstellung des berühmten Expressionisten und Brücke-Mitglieds Otto Mueller widmet sich das Kunstforum einem Zeitgenossen, dem Maler und Grafiker Moriz Melzer, dessen Werk bislang einem breiten Publikum unbekannt geblieben ist. Es kann daher als Glücksfall gelten, dass mit dieser Ausstellung ein Beitrag zur Aufarbeitung und Rezeption des widersprüchlichen Gesamtbildes der Klassischen Moderne geleistet wird.

Die Ausstellung zeigt mit über 170 Werken des Künstlers aus den Jahren 1907 bis 1927 die enorme Spannweite der malerischen und konzeptuellen Möglichkeiten Melzers. Die Mehrzahl der Leihgaben stammt aus bekannten Sammlungen, wie der Berliner Nationalgalerie, der Berlinischen Galerie, dem Kunstmuseum Luzern, der Nationalgalerie Prag, dem Albertina Museum in Wien und aus wichtigen Privatsammlungen. Zahlreiche Leihgaben gelangen in der Regensburger Ausstellung erstmals an die Öffentlichkeit.

Neben Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Druckgrafik konzentriert sich die Schau vor allem auf Melzers Monotypien, ein technisches Druck- und indirektes Malverfahren, an das er wie kein anderer seiner Zeitgenossen höchste kompositionelle und koloristische Ansprüche stellte.

Zur Bedeutung der Kunst Moriz Melzers (1907 bis 1927) In den Jahren 1907 bis 1927, in denen der wesentliche Kern seines künstlerischen Werks entstand, entwickelte Melzer ein breites Stil- und Themenspektrum. Dieses spannt sich vom lichten Neoimpressionismus und lyrischen Naturalismus über einen kraftvollen Expressionismus bis hin zur kubofuturistischen Abstraktion. Zu seinem Themenrepertoire zählen idealisierte Landschaften mit Aktfiguren, heroische Kampfszenen mit Lanzenjägern und Amazonen sowie religiöse Kompositionen und dynamische Stadtarchitekturen.

Dr. Gerhard Leistner, Kurator der Ausstellung: „Mit seinen feinfühligen Werken zwischen Tradition und Moderne ist Moriz Melzer eine singuläre Künstlerpersönlichkeit. Seine Originalität besteht darin, dass er im Gegensatz zu vielen Zeitgenossen wie den Künstlern des ‚Blauen Reiter’ oder der ‚Brücke’ nie den Weg der radikalen Moderne einschlug. Vielmehr bewahrt seine Kunst durch den Rückgriff auf kunsthistorische Traditionen und in der Synthese von freier und angewandter Kunst einen eigentümlichen klassischen Idealismus im Strom der zeitgenössischen Avantgardismen.“

Zur Biografie Moriz Melzer (*1877 Oberalbendorf/Böhmen – 1966 Berlin) erhielt eine handwerkliche Ausbildung als Porzellan- und Keramikmaler, bevor er 1903 bis 1908 an der Großherzoglich Sächsischen Kunstschule in Weimar eine akademische Ausbildung u.a. bei Ludwig von Hofmann absolvierte.

1908 siedelte er nach Berlin über, wo er bald zu den Protagonisten der modernsten Kunstszene gehörte. Melzer wurde 1910 in Berlin Mitbegründer der ‚Neuen Secession’, zu der u.a. die Mitglieder der Künstlergruppe ‚Brücke’ (Erick Heckel, Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff) gehörten. Der Villa-Romana-Preisträger (1913/14), hochgelobt durch die zeitgenössische Kunstkritik, beteiligte sich häufig an Ausstellungen der Secession und hatte zwischen 1912 und 1918 mehrere Einzelausstellungen in namenhaften Galerien wie Hans Goltz (München, 1913) und J.B. Neumann (Berlin, 1918). Nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs rückte Melzer in den Kreis der Avantgarde auf, die eine neue Kunst propagierte und sich für die Erneuerung der Gesellschaft engagierte. Gemeinsam mit Max Pechstein, HYPERLINK "http://de.wikipedia.org/wiki/C%C3%A9sar_Klein" \o "César Klein" César Klein, Georg Tappert und anderen gründete er 1918 die radikal und sozial engagierte ‚Novembergruppe’.

Spätestens seit 1927 tendiert Melzer durch seine religiös motivierte Hinwendung zur Natur zu einer dekorativen und monumentalisierenden Formensprache. Bis zu seinem Tod fand der Künstler keine wesentlichen neuen Impulse mehr. Nach dem Ende des Krieges lebte er zurückgezogen in Berlin, wo er 1966 verstarb. Mit seiner Entwicklung nach 1927 teilt Melzer das Schicksal vieler Künstlerkollegen, an denen die Zäsur der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs nicht spurlos vorüber gegangen und deren frühes Werk durch eine einseitige Kunstrezeption nach 1945 in Vergessenheit geraten ist, nach einem halben Jahrhundert aber wieder zu Recht in den Fokus der Öffentlichkeit rückt.

Katalog und Begleitprogramm Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog von 248 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen und einer wissenschaftlichen Dokumentation zu Leben und Werk des Künstlers, bearbeitet von Dr. Gerhard Leistner und mit Textbeiträgen von Freya Mülhaupt M.A. und Dr. Gerda Wendermann (Preis 25.-€). Die Schau wird begleitet von einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm (Führungen, Vorträge, Musik).

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Moriz Melzer
Streben nach reiner Kunst
Werke von 1907 bis 1927