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Nachdem der erste Teil der Ausstellungstrilogie „Multiple Räume: Seele, Park, Film“ die Auseinandersetzung mit den menschlichen Innenräumen von Geist und Psyche thematisierte, verweist das Stichwort „Park“ auf die vielfältige Erschließung des Außenraums: auf die zugänglich gemachte Natur, auf die touristisch entdeckte und kultivierte Wildnis und in weiterer Konsequenz auf den Stadtraum.

Im Park erfindet der Mensch die Natur von neuem, als Kunstnatur und Naturkunst. Ein Teil der ursprünglichen oder bereits genutzten Natur wird eingezäunt und in eine Schutzzone umgewandelt (Paul Klee: „Schloss im Wald zu bauen“, 1926, 2). Der Künstler-Gärtner inszeniert einen tendenziell utopischen Raum, in dessen Grenzen er ideale Versatzstücke aus Pflanzen- und Tierwelt versammelt (der Begriff „Park“ leitet sich von „Pferch“ ab). So wird der Park – sei es eine Allee, eine französische oder englische Gartenanlage, ein Botanischer oder ein Zoologischer Garten, ein Kur- oder ein Themenpark – zum exemplarischen Naturraum. Er fungiert als Denkmodell unseres Verhältnisses zur Natur.

Die Grenzen zwischen dem Park und seinem Umraum haben sich verflüssigt. In der Nachfolge der Gartenstadtbewegung werden Teilaspekte des Modells „Park“ in urbane Strukturen hineinverlagert und beleben das Mosaik unserer Städte. Wo die Natur zunehmend verdrängt wird, erschließt sich eine wachsende Community den Stadtraum mittels Le Parkour: einem urbanen Extremsport, in dem Jugendliche mit der Geschmeidigkeit früherer Waldläufer Hindernisse wie Wände, Absperrungen oder Müllcontainer überwinden. Auf den Wegen und Straßen ist der Flaneur heute weitgehend dem Mobiltelefonierer gewichen, und Künstlergruppen wie das Department für öffentliche Erscheinungen entwerfen neue Ordnungen des öffentlichen Raums.

Den künstlichen Paradiesen der Shopping Malls oder Erlebnisparks und den privaten Paradiesen – Balkonien und dem Hausgarten – steht aber weiterhin die eigenartige Faszination des Waldes gegenüber: Hier suchen wir Urtümliches und Metaphysisches, obwohl auch die Bäume des Waldes längst Kulturprodukte sind. Dennoch bleibt das Staunen über das Schöpfungswunder der Natur, das seit jeher als Grundmetapher künstlerischer Prozesse verstanden wurde: für den kreativen Akt im Widerstreit zwischen Gestaltungswille und Zufall, Zucht und Wildwuchs.

Als Labor verstanden, gleicht der Garten dem Atelier der Künstler. Die Kunst reflektiert unseren Umgang mit der Natur, immer wieder verlegen Künstler das eigene Schaffen in den Außenraum und auf die Arbeit mit Pflanzen als künstlerischem Medium: vom Ausbruch in die freie Natur bei den deutschen Expressionisten über die Land Art der 1960er Jahre bis zu aktuellen Entwürfen zukünftiger Lebensformen als biologischen Plastiken.

Die Ausstellung wird Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Videoarbeiten und Installationen aus mehr als hundert Jahren umfassen. Sie präsentiert Werke von ca. 35 Künstlern, u. a. Willi Baumeister, Günter Behnisch, Hermann Blomeier, Anna & Bernhard Blume, Joachim Brohm, Department für öffentliche Erscheinungen, Stan Douglas, Max Ernst, Stefan Ettlinger, Naoya Hatakeyama, Erich Heckel, Peter Hutchinson, Dieter Kiessling, Paul Klee, Norbert Kricke, Max Laeuger, Fernand Léger, Max Liebermann, Marcel Lods, Richard Long, August Macke, Walter de Maria, Gordon Matta-Clark, Rainer Maria Matysik, Aernout Mik, Walter Niedermayr, June Bum Park, Peter Piller, Sigmar Polke, Franz Radziwill, Albert Renger-Patzsch, Henri Rousseau, Glen Rubsamen, Hans-Christian Schink, Alexander Timtschenko, Sandra Voets und Jeff Wall (Änderungen vorbehalten).

In Vorbereitung auf die Ausstellung haben auf einer Tagung im Februar 2004 Kunst-, Garten- und Wissenschaftshistoriker, Pädagogen und Kunstsoziologen über den Park als den idealen europäischen Kulturraum diskutiert. Die Ergebnisse des Symposiums erscheinen im Katalog zur Ausstellung und öffnen ein breites thematisches Spektrum: von mythologischen Gartenräumen und Gartengrotten bis zum Schrebergarten, von der Ordnung der Natur und der Kultivierung des Menschenparks bis zu den Spektakeln heutiger Freizeitparks.

Das informative Katalogbuch enthält Essays von Johannes Bilstein, Fritz Emslander, Anke te Heesen, Jochen Hörisch, Hans Peter Thurn, Gabriele Uerscheln und Matthias Winzen sowie Texte zu Künstlern und Exponaten von Fritz Emslander, Oliver Kornhoff, Dirk Teuber, Barbara Wagner und Matthias Winzen (Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg).

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MULTIPLE RÄUME (2): PARK
ZUCHT UND WILDWUCHS IN DER KUNST
Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Videoarbeiten und Installationen aus mehr als hundert Jahren
In Kooperation mit SWR2 und Folkwang Hochschule, Essen
Kurator: Fritz Emslander

Künstler: Willi Baumeister, Günter Behnisch, Hermann Blomeier, Anna und Bernhard Blume, Joachim Brohm, Department für öffentliche Erscheinungen, Stan Douglas, Max Ernst, Stefan Ettlinger, Naoya Hatakeyama, Erich Heckel, Peter Hutchinson, Dieter Kiessling, Paul Klee, Norbert Kricke, Max Laeuger, Fernand Léger, Max Liebermann, Marcel Lods, Richard Long, August Macke, Walter De Maria, Gordon Matta-Clark, Reiner Matysik, Aernout Mik, Walter Niedermayr, June Bum Park, Peter Piller, Sigmar Polke, Franz Radziwill, Albert Renger-Patzsch, Henri Rousseau, Glen Rubsamen, Hans-Christian Schink, Alexander Timtschenko, Sandra Voets, Jeff Wall ...