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Die Neue Pinakothek widmet ihre nächste Ausstellung einem Künstler, der in der Zeit um 1800 zu den führenden deutschen Landschaftsmalern gehörte, heute aber nahezu vergessen ist: Johann Christian Reinhart (1761-1847). In der Kunstgeschichte gilt Reinhart neben Joseph Anton Koch als »Erfinder« der heroischen Landschaft: einer Form der klassizistischen Landschaftsmalerei, die unter Rückbezug auf historische Vorbilder des 17. Jahrhunderts wie Nicolas Poussin oder Gaspard Dughet das groß aufgefasste, mit Figuren aus Mythos und Geschichte gedankenreich staffierte Landschaftsbild neu belebte und dadurch der Gattung der Landschaftsmalerei insgesamt zu neuem Ansehen verhalf.

Johann Christian Reinhart und Rom Den Besuchern der Neuen Pinakothek ist Reinhart vor allem durch seine vier Rom-Ansichten vertraut, die er für König Ludwig I. gemalt hat: ein großartiges Panorama der Ewigen Stadt in den Jahren um 1830, gleichermaßen herausragend als künstlerisches wie historisches Dokument. Ein weiteres Hauptwerk Reinharts, der Zyklus von Ideallandschaften aus dem Palazzo Massimo in Rom, der 1908 für die Berliner Nationalgalerie erworben wurde, ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen und muss als verloren gelten. Daneben ist Reinhart vor allem als Schöpfer von Radierungen italienischer Landschaften in Erinnerung geblieben, von denen insbesondere die »Malerisch radirten Prospecte« ihm zu internationalem Ruhm und Ansehen verholfen haben.

Herausragende Leihgaben Die gemeinsam mit der Hamburger Kunsthalle veranstaltete Ausstellung präsentiert erstmals einen umfassenden Überblick über das Oeuvre dieses außergewöhnlichen Künstlers. Die rund 35 Gemälde, 40 Radierungen und 90 Zeichnungen stammen aus den bedeutendsten Sammlungen vornehmlich des deutschsprachigen Raumes, darunter auch zahlreiche Neufunde der vergangenen Jahre, die erstmals im Kontext des Gesamtwerks präsentiert werden. Die Radierungen kommen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, das über einen außergewöhnlich qualitätvollen und vollständigen Bestand der Druckgraphik Reinharts verfügt. Das Thorvaldsens Museum in Kopenhagen leiht die fünf Gemälde Reinharts, die der befreundete Bildhauer Bertel Thorvaldsen für seine Sammlung zeitgenössischer Malerei erworben hat, darunter die prächtigen Baumstudien Reinharts aus der Villa Borghese.

Zur Biographie Reinharts Johann Christian Reinhart wurde 1761 als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Hof an der Saale geboren. Das Theologiestudium in Leipzig brach er bald ab, um sich der Kunst zuzuwenden. Bei Adam Friedrich Oeser in Leipzig und Johann Christian Klengel in Dresden erlernte er die Grundlagen der Landschaftskunst, schuf Naturstudien und erste Radierungen. Mit Friedrich Schiller, den er 1785 in Leipzig kennenlernte, verband ihn eine Freundschaft, die bis zum Tod des Dichters andauerte.

1787 ging Reinhart an den Hof Herzog Georgs I. nach Meiningen, wo er zwei Jahre als Hofmaler tätig war. Dort schuf er Landschaftszeichnungen und Aquarelle, darunter den Zyklus der Rheinansichten, der 1787 auf einer gemeinsam mit dem Herzog unternommenen Rheinreise entstanden ist.

1789 entschloss er sich, mit einem Stipendium seines damaligen Landesherrn, des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach-Bayreuth, nach Italien zu gehen. Im Dezember 1789 traf er in Rom ein. Mit ungeheurer Neugier und Ehrgeiz stürzte er sich auf die neuen Motive, zeichnete und malte Naturstudien in den römischen Ruinen und in der Umgebung der Stadt, die er auf ausgedehnten Streifzügen erkundete. Wie Goethe wenige Jahre zuvor entdeckte Reinhart in der italienischen Natur das Ideal der Landschaft, das er in Radierungen und bald auch in großen Gemälden immer wieder neu variierte. Im Jahr 1800 entstand die »Sturmlandschaft mit zwei Reitern«, die er Friedrich Schiller widmete.

Reinhart schuf in seiner langen Karriere Zeichnungen, Gemälde und Radierungen, die seinen Namen in ganz Europa bekannt machten. Als vitaler, unbeugsamer Charakter, dessen Neigung zu Witz und Spott sich auch in gezeichneten Karikaturen kundtat, war Reinhart über Jahrzehnte der Mittelpunkt der deutschen Künstlergemeinde in Rom. 1847 starb er, hoch betagt und als Mitglied der Akademien in Berlin, Rom und München geehrt, in seiner Wahlheimat Rom. Sein Grab befindet sich auf dem protestantischen Friedhof bei der Cestiuspyramide.

Während die Werke der römischen Zeit, insbesondere die Gemälde, in den großen Galerien anzutreffen sind, ist das in Deutschland entstandene Frühwerk Reinharts weitgehend noch zu entdecken. Erst vor einigen Jahren ist der erstaunliche Zyklus der Rheinansichten bekannt geworden, der zu den Inkunabeln der realistischen Landschaftsmalerei in Deutschland gehört.

Die Ausstellung wird von einem umfangreichen, komplett farbig bebilderten Katalog begleitet, der nach dem 1975 erschienenen verdienstvollen Werkverzeichnis von Inge Feuchtmayr erstmals einen umfassenden Überblick über das Werk auf dem aktuellen Stand der Forschung bietet.

Kurator: Herbert W. Rott

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NACH ROM!
Der Landschaftsmaler Johann Christian Reinhart
Kurator: Herbert W. Rott