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Galerie Parrotta Contemporary Art zeigt drei Einzelausstellungen von Sebastian Gögel, Keti Kapanadze und Emeli Theander zusammengefasst unter dem Titel 'Nachtmahre'.

In den Bildern und Skulpturen der drei Künstler/innen verliert die konkrete äußere Welt an Faszination gegenüber der Welt des Subjekts. Die Wahrheit des Subjekts hat immer den Charakter einer Fiktion. Sie ist eine symbolische Konstruktion aus heterogenen Elementen, in der sich Zeugnisse, Zitate und Deutungen des Subjekts mischen. Damit ist die Fiktion jedoch keine bloß „subjektive“ oder „relative“ Wahrheit, sondern sie ist in erster Linie ein Wirken.

Die ambivalente Wirkmacht von Albträumen, Visionen, oftmals des Grauens, verspricht ein poetisches Potential zwischen Angst und Lust, das die Kunst seit jeher beflügelt. Anhand der „Kunstgeschichte des Grauens“ lässt sich feststellen, dass auch diese andere traumatische Welt jenseits der Grenze einer Ordnung unterworfen ist. Diese „Ordnung des Unbewussten“ in der Kunst ist durch Stilmerkmale gekennzeichnet, die mit dem Begriff des Formlosen (Bois/Krauss) verbunden sind. Gemeint ist hierbei nicht die Negation der Form, sondern vielmehr die Bewegung ihrer Auflösung, der Prozess der Überschreitung oder Penetration von Körpergrenzen.

Dass Sebastian Gögel seine phantasmagorischen, amorphen Zeichnungen und Gemälde mitunter auch auf menschliche Haut tätowiert, entspricht einer Geste der Grenzüberschreitung, die sich durch seine medienübergreifende Arbeit zieht. In seinen stark deckenden Farben und schwer tropfenden oder quellenden Formen scheint stets eine unterdrückte Kraft gegen einen Widerstand zu kämpfen, die mal explosiv, mal triefend zum Ausbruch kommt. Es formieren sich so Gestalten einer surrealen Welt, in denen Angst, Beklemmung und Gewalt – das gesamte Spektrum des Unbehagens in der Kultur – zum Ausdruck kommen und die Stabilität des Subjekts erschüttern.

Keti Kapadnazes flächig, ornamental angelegte Malerei erinnert nicht von ungefähr an die Höllendarstellung aus Hieronymus Boschs ‚Garten der Lüste’, in dem die räumliche Ordnung der Welt einer permanenten Orientierungslosigkeit, einem Schweben im Raum weicht. Durch transluzierende Schichten schwirren zeichenhafte Bildelemente, die scheinbar ohne jede Hierarchie, ihres Referenten verlustig, an der Oberfläche einer genuin künstlichen malerischen Welt haften. In der scheinbaren Nähe zum Dekor steckt der Konflikt, denn der Eleganz folgt die Fratze auf den Fuß.

Emeli Theanders Malerei konkretisiert sich auf der Grenze zwischen dem schönen Schein und dem Unheimlichen fremder Welten. Ihre vergeisterten Wesen in traumhaft düsteren, an Goyas Caprici oder Füsslis Nachtmahr erinnernden Szenerien, lassen auch malerisch dem Flüchtigen, Vagen seinen Raum und geben sich der Lust am Schauer hin. Oftmals sind es kindliche Geschöpfe, die den Betrachter in ihr unschuldig-teuflisches Spiel zu verwickeln und in karnevaleske Welten zu entführen suchen.

Diese Ausstellung bildet den Auftakt zu einer langfristigen Kooperation der Galerie PARROTTA und der Galerie ADLER, die ihre Räume in Frankfurt schließen wird. Das Programm der Galerie Parrotta wird daher ergänzt mit den Künstlern Peter Feiler, Gregor Gaida, Stefan Guggisberg, Léopold Rabus und Artists Anonymous. Wir freuen uns, jene Künstler erstmals in Stuttgart zu zeigen. Text: Galerie Parrotta.

Nightmares (Engl.)

by Sebastian Gögel, Keti Kapanadze and Emeli Theander

June 9 - July 30, 2011

In the pictures and sculptures by the three artists, the concrete external world loses its fascination in comparison with the world of the subject. The subject’s truth always bears the character of fiction. It is a symbolic construction out of heterogeneous elements in which evidence, quotes and interpretations of the subject interfuse. In this way, fiction is not solely a “subjective” or “relative” truth but first and foremost an effective force.

The ambivalent effect caused by nightmares, visions, and often horror promises a poetic potential between angst and lust that has been firing art since the early days. On the basis of the “Art History of Horror” one can establish that this other traumatic world beyond borders is subject to an order. Within art, this “Order of the Subconscious” is marked by characteristics of style which are connected to the term of the formless (Bois/Krauss). Here, this does not mean negation of the form but rather the notion of its dissolution, the process of exceeding or penetrating the boundaries of the body.

The fact that Sebastian Gögel at times tattoos his phantasmagorical, amorphous drawings and paintings on human skin complies with a gesture of transgression – a recurrent theme in his intermedia work. A restraint force seems to constantly fight against a form of resistance, which can disrupt in an explosive or oozing way through his intensely opaque colours and strongly dripping or expanding forms. Thus, figures of a surreal world in which angst, anxiety and violence – the complete range of discomfort in culture – find an expression and shatter the subject’s stability.

It is no accident that Keti Kapadnaze’s lateral, ornamental way of painting is reminiscent of Hieronymus Bosch’s depiction of hell in “Garden of Delights” where the world’s spatial order gives way to permanent disorientation, a flotation in space. Character-like picture elements adhered to the surface of a genuinely artificial pictorial world – with no obvious hierarchy and forfeiting their instructor – are buzzing through translucent layers. The conflict lies in the apparent closeness to the decor as grimaces are lurking right behind elegance.

Emeli Theander’s painting concretizes on the border between the beautiful appearance and the weirdness of strange worlds. Her ghostly creatures in a dreamlike dark scenery reminiscent of Goya’s Caprici or Füssli’s Nightmare leave room for the fleeting and vague indulging in lust for shivers. These creatures are often childlike and they are trying to involve the viewers in their innocent diabolic game and to abduct them to their carnival worlds.

This exhibition marks the beginning of a long-term cooperation of Galerie PARROTTA and Galerie ADLER, which is about to close its rooms in Frankfurt, Germany. The artists Peter Feiler, Gregor Gaida, Stefan Guggisberg, Léopold Rabus and Artists Anonymous will therefore supplement the programme of Galerie Parrotta. We are pleased to exhibit the works of these artists in Stuttgart for the first time. Text: Parrotta Contemporary Art Gallery.

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Nachtmahre
von Sebastian Gögel, Keti Kapanadze und Emeli Theander

SEBASTIAN GÖGEL: Kassierer
KETI KAPANADZE: Der andere Vater
EMELI THEANDER: Bleirauch