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Natalie Czech (geb. 1976, in Neuss) realisiert nach der großen Resonanz auf ihre Arbeiten in der Gruppenausstellung „Surreal“ in der Galerie Jette Rudolph die aktuelle Soloshow „Daily Mirror“.

Die Künstlerin arbeitet mit dem Medium Fotografie und nutzt für ihre Arbeiten die digitalisierten Aufnahmen aktueller politischer und gesellschaftlicher Themenkomplexe, die sie Nachrichtenarchiven oder Bildagenturen entnimmt.

Dabei steht die Frage nach der Aktualität und dem Wirklichkeitsbezug der Fotografie, sowie der Aussagefähigkeit eines Bildes im Vordergrund, v. a. wenn sich in der Multiplizierung der Bildausschnitte Raum und Zeit zu überlagern scheinen und trotzdem evident im gesellschaftlichen Gedächtnis verankert sind. Die Aufarbeitung des Mediums Bild läuft nach ganz besonderen Kriterien ab, insbesondere werden solche Vorlagen gesucht, die bestimmte Erinnerungen abzurufen in der Lage sind.

In der viermaligen Variation der „Holes“ (Lambda- Prints, 2006, s/ w, je 30 x 37,5 cm) wird die Unmittelbarkeit der Zerstörung sichtbar und aufgrund der Rezeption durch die Medien als ein Symbol für den Krieg und den Terror lesbar.

Verglichen damit lösen die Arbeiten „Aftermath“ (Lambda- Print, 2006, 135 x 175,7 cm) und „Sea of Flowers“ (Lambda- Print, 2005, 180 x 270 cm) persönliche Trauer aus. Natalie Czech arrangiert dabei die Trümmer von Häusern und Baumstämmen, bzw. Blumen auf einer Bildebene, die von unten nach oben verlaufend sich perspektivisch verkleinert und somit einen dramatischen Sog evoziert, der ein Gefühl der Unendlichkeit erzeugt. Diese scheinbare Endlosigkeit verleiht der Trauer etwas Ewiges und vergegenwärtigt den „memento mori“- Gedanken, der in der allgemeinen und individuellen Todesvorstellung gipfelt und zu einem neurotischen Leiden wird, als eine Art kulturelles Vermächtnis. Neben den formal- ästhetischen Gesichtspunkten wie Licht und Komposition werden auch persönliche Erfahrungen mit dem Bild wahrgenommen wie gesellschaftliche und individuelle Werte von Moral und Ethik, aber auch Trauer und materieller Verlust von Existenzen.

Durch das Collagieren und Montieren der gleichartigen Motive, das minutiöse Hineinzoomen, Fragmentieren und wieder neu zusammensetzten der Realität entsteht ein Kosmos neuer Bildwelten.

Die Erfahrung an der Unmittelbarkeit, die während der „Operation“ am Bild den strukturellen Prozess der Symbolisierung am Medium Foto manifestiert, verweist auf die dem Medium zugrunde liegende vereinheitlichende Form. Die entfremdete Bildwirklichkeit wird in der Serie „Daily Mirror“ zur Nahaufnahme, zersprengte Oberflächen setzen sich in einer permanenten Wiederholung und Aneinanderreihung zusammen.

“Photographie, die zur Welt gehört, begegnet uns immer als Fragment. (…) die Anwesenheit der Photographie durch ihren Zustand der Evidenz, Spur oder Überrest (ist) immer nach innen gebogen.“ (Rosalind Krauss in: Das Photographische. Eine Theorie der Abstände; hrsg. G. Boehm, K. Stierle, W. Fink Verlag, München 1998). Die wichtigste Ebene der indexikalischen Bedingung- die synkategorematische Bedingung (dabei handelt es sich um das Verständnis von Bedeutung, bzw. überhaupt Vorhandensein eines Abdrucks/ Fotos)- ist nicht nur die zufällige Zusammenfügung von assoziativen Fragmenten vom Raum des Denkens, sondern ebenso sehr der äußere Raum, die Realität (ebd. S. 161).

Sie finden ihre Evidenz in der Verallgemeinerung und Standardisierung und formen eine perspektivisch aus verschiedenen Richtungen zusammenlaufende Bildrealität. So wird das innere „Arrangement“ der Dokumentation der modernen Welt und ihren „kulturellen Auswüchsen“ mit der ästhetischen Diskussion kombiniert. J. Kolodziej/ J. Rudolph

2000- 2005 Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschülerin v. Thomas Ruff; 2007 Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds e.V.; Jahresstipendium der Konrad Adenauer- Stiftung/ Else Heiliger- Fonds; Publ.: „Neue Fotografie“/ „New Photography“, Hrsg.: U. Grosenick, Th. Seliger, DuMont Verlag Köln, Sommer 2007; 2006 Studiogalerie Kunsthalle Darmstadt (S), Katalog „Ahoj Ouroboros“ (Revolververlag) 2006 Kunstpreis Berlin- Förderpreis Bildende Kunst, Akad. d. Künste

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Natalie Czech
Daily Mirror