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Natalie Czech zeigt in ihrer zweiten Einzelausstellung bei Katharina Bittel neue Arbeiten, die sich unterschiedlichen Gedichten aus dem 20. Jahrhundert widmen. Darin untersucht sie, inwiefern Worte Bilder evozieren und wie sich der Blickwinkel durch minimale Eingriffe im Text verändern kann. Die hier ausgestellten Werke thematisieren das Potenzial, die eigene Sichtweise zu kommunizieren und die vorgegebene Realität als veränderbar zu begreifen. Durch das Auslassen oder Hervorheben einzelner Wörter schafft sie neue Deutungsebenen und spricht damit den subjektiven Blick des Betrachters an. Der Titel der Ausstellung ist ein Zitat des Philosophen und Literaturkritikers Walter Benjamin und verweist auf dessen Methode, verschiedene Beobachtungen und Gedanken, Fund- und Bruchstücke des modernen Lebens zusammenzusetzen.

Die neu entstandene Serie Hidden poems umfasst Fotografien, deren Materialgrundlage aus Magazinen, Tageszeitungen oder Bildbänden besteht. Aus dem Textmaterial wurden einzelne Worte mit Stiften oder Textmarkern hervorgehoben. Diese markierten Worte ergeben beim chronologischen Lesen ein Gedicht, das wie ein Gedanke, ähnlich einem Snap Shot, erscheint und im Dialog zum restlichen Text und den umliegenden Abbildungen steht. Das markierte Gedicht greift in den Gedankenablauf des Betrachters ein und lenkt das allgemein geltende Bewusstsein in eine subjektive Empfindung. Czech zeichnet die Fährten im historischen Material nach, die Worte gewinnen eine Eigenbedeutung innerhalb der Sprache anderer.

Die als 'ongoing project' angelegte Arbeit Who are we now? (Populist Manifesto) besteht aus einem Tisch, auf dem zahlreiche, an die Künstlerin adressierte Briefe liegen. Diese wurden ihr auf Anfrage von Freunden und Bekannten zugeschickt, eine Masse der einseitigen Kommunikation, denn ihr Inhalt bleibt ungesehen. Das 1975 von Lawrence Ferlinghetti veröffentlichte Manifest ist in großen Lettern an der Wand angebracht und fordert zeitgenössische Dichter zum Handeln auf, um so schriftlich ihre Anliegen aus der Imagination in die Wirklichkeit zu überführen.

Eine weitere neue Arbeit bezieht sich auf das Werk von der österreichischen Dichterin Ingeborg Bachmann. Von dem Zitat Adieu Ihr schönen Worte, mit Euren Verheißungen, warum habt Ihr mich verlassen, war Euch nicht wohl? ausgehend visualisiert Natalie Czech den Gedanken und ließ aus allen im Deutschen publizierten Romanen, Erzählungen, Gedichten und Schriften der Autorin ein einziges überdimensionales Blatt handschöpfen. Am Ende steht ein Unikat, auf dem bei näherem Hinsehen noch einzelne Silben lesbar sind. Auf dem Boden liegt eine einzelne Seite, scheinbar aus einem Notizbuch herausgerissen, auf der in Bachmanns Handschrift das Zitat zu lesen ist.

Natalie Czech lebt und arbeitet in Berlin. In diesem Jahr sind ihre Arbeiten unter anderen in Ausstellungen im Westfälischen Kunstverein Münster, Camera Austria/Kunsthaus Graz und im Kunstverein Langenhagen zu sehen. 2008 erhielt sie das Peter Mertes Stipendium verbunden mit einer Einzelausstellung im Bonner Kunstverein. Außerdem ist sie Trägerin des Förderpreises Junge Kunst des Landes Nordrhein-Westfalen.

Gerade erschien ihre Publikation Today I wrote nothing (Hrsg: GwinZegal, 44 Seiten, 21 x 13 cm).

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Natalie Czech
Je n'ai rien à dire. Seulement à montrer.