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Bezugnehmend auf den 1920 erschienenen Roman »Diesseits vom Paradies« des amerikanischen Schriftstellers F. Scott Fitzgerald entwickeln die beiden jungen Künstler Sebastian Burger und Sebastian Nebe unter dem Titel »Der romantische Egoist« einen Ausstellungskontext aus großformatigen Malereien, grafischen Serien, filmischen Arbeiten und Installationen.

Ihre erste umfangreiche, gemeinsame Ausstellung im Kunstverein Tiergarten Berlin präsentiert einen künstlerischen Kosmos aus sowohl zeitgenössischen Statements wie Referenzen an die Kunstgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, in die sich – analog zum Roman – die spezifische Wahrnehmung einer jungen Generation zwischen Melancholie und Aufruhr einschreibt. Ausgehend von eigenen subjektiven Erfahrungen und Wahrnehmungen in der Nachwendezeit zeichnen sie in ihren Arbeiten ein faszinierendes Bild deutsch-deutscher Identitätssuche zwischen melancholischer Rückbesinnung, jugendlichem Aufbegehren und metaphorischer Überhöhung. Schwarz ist in diesem gemein¬sam entwickelten Konzept nicht nur das obligat eingesetzte künstlerische Gestaltungsmittel, sondern avanciert darüber hinaus zur prägenden visuellen Chiffre für zwei vollkommen autonome künstlerische Beobachtungen der Gegenwartsgesellschaft, die sich an zahlreichen Punkten begegnen und miteinander korrespondieren.

Sebastian Burger (Meisterschüler von Neo Rauch an der HGB Leipzig) entwickelt in seinen Bildern ein faszinierendes Spektrum komplexer symbolischer Figurationen, die in bisweilen verwirrend vielgestaltigen, landschaftlichen Szenerien und utopisch anmutenden Architekturräumen angesiedelt sind. Immer wieder treffen mythologische Wesen auf die Repräsentanten einer ebenso konkreten wie synthetischen Welt, nähern sich Fiktion und Realität auf geradezu beängstigende Weise einander an, um surreale Allianzen und groteske Dialoge einzugehen. Traumhafte Bilder mischen sich beständig unter die minutiöse Beobachtung der Gegenwart und behaupten so melancholische Stimmungsinseln in einem unübersehbaren Meer aktueller Konflikte und Friktionen. Der dezidierte Rückgriff auf romantische Bildkonstellationen, auf geisterhafte Fabel und groteske Anekdote, liest sich in nicht wenigen Arbeiten Burgers als wohlüberlegter Kommentar zu den erhitzt geführten Diskursen der Gegenwart.

Ganz anders Sebastian Nebe (Meisterschüler von Astrid Klein an der HGB Leipzig), der in seiner künstlerischen Arbeit gleichermaßen malerische wie filmische Referenzen an die Kunst des 20. Jahrhunderts herstellt. Auch bei ihm wird Schwarz zum bildprägenden Stimmungsträger, der in monumentalen Waldstücken und Landschaften weitaus grafischer zum Einsatz kommt, als in seiner zentralen Installation einer konspirativ anmutenden Holzhütte, durch deren löchrige schwarze Wände sich der Blick in ein verstörendes Szenario freigibt. Immer wieder werden diese charakteristischen Hütten in Nebes Werken zu emotionalen Platzhaltern und Wahrnehmungsfixpunkten der eigenen rationalen Erinnerung an Kindheit und Jugend in Ostdeutschland, geraten wüst gefallene Orte und unbedarft in der Natur zurückgelassene Zivilisationsrelikte zu symbolisch aufgeladenen Ikonen im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Sowohl für Sebastian Nebe als auch Sebastian Burger ist dieser dezidiert romantische Aspekt insofern charakteristisch, als beide die zentralen Motive ihrer künstlerischen Arbeiten, ihre Figuren, Gegenstände und Architekturen bisweilen grotesk, bisweilen naturreligiös aufladen und sie – tragikomischen Protagonisten gleich – in absurde Zusammenhänge und Donquichotterien entlassen. Solchermaßen begegnen wir im ›romantischen Egoisten‹ dem Alter Ego zweier junger Künstler, die sich mit ihren Arbeiten beständig ins Verhältnis zur eigenen Geschichte, zur europäischen Kulturgeschichte und zur Gegenwart setzen.

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Sebastian Nebe, Sebastian Burger
Der romantische Egoist
Kurator: Ralf F. Hartmann