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Baden-Baden. Die große Sommerausstellung 2011 im Museum Frieder Burda widmet sich Neo Rauch. Vom 28. Mai bis 18. September 2011 werden rund 40 Hauptwerke des Leipziger Künstlers der vergangenen 20 Jahre gezeigt. Viele der ausgestellten Arbeiten waren bisher selten öffentlich zu sehen. Sie spiegeln die Fülle der Imagination und der Themen des Künstlers wider.

Es steckt eine unbändige Kraft in der Bildwelt des Malers Neo Rauch. Seine Motive wirken wie eine Mischung aus Realismus und Surrealismus, beeinflusst durch Pop-Art und Comics. Bevölkert von seltsamen Figuren, teils exzentrisch ausstaffiert mit Kostümen und Requisiten entstehen großartige, die Sinne berührende Szenarien: die Welt als absurdes Theater, das keine lineare Zeit kennt. Wer länger hinschaut, kommt vielleicht auch einer Erzählung auf die Spur.

Der Leipziger Maler war von der Idee, seine Werke in dem vom Architekten Richard Meier geplanten Museum zu präsentieren, sofort angetan. Schon beim ersten Besuch urteilte Neo Rauch: „Das Gebäude hat mich auf Anhieb überzeugt, als architektonische und skulpturale Setzung in dem bestehenden Umfeld. Das ist nicht selbstverständlich, weil ich normalerweise sehr strenge Maßstäbe an zeitgenössische Architektur anlege. Zum inneren Raumkonzept kann ich auch nichts anders sagen, als dass ich gar nicht umhin kam, mir meine Arbeiten hineinzuspiegeln. Ich fing sofort an, im Geiste das Haus zu bebildern.“

Vier bedeutende großformatige Gemälde sowie zehn Zeichnungen Neo Rauchs sind Teil der Sammlung Frieder Burda. Frieder Burda sagt: „Neo Rauch ist für mich ein sehr wichtiger Künstler, der seinen eigenen Weg beschreitet mit einer unverwechselbaren Malerei. Er zählt sicherlich zu den bedeutendsten Malern der Gegenwart. Als ich Rauch mit Blick auf diese Ausstellung in seinem Atelier in Leipzig besuchte, sah ich ein großes Ölgemälde, das kurz vor der Vollendung stand. Der Titel: „Die Ausschüttung“. Ich war fasziniert vom Mythos, dem Geheimnisvollen, von den Farben, von der Ausstrahlung dieses Bildes.“

Neo Rauch, 1960 in Leipzig geboren, zählt zu den international bedeutendsten Künstlern seiner Generation. Er studierte an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Arno Rink, war dann dort als Assistent und von 2005 bis 2009 ebenda Professor und hat dort seit 2009 eine Honorarprofessur inne.

Seine Malerei steht kunsthistorisch in der Tradition von Tizian, Tintoretto, Velázquez oder El Greco. Als moderne Bezugspunkte verweist der Künstler selbst auf Beckmann, Bacon, Beuys und Baselitz. 1997 trat er erstmals mit einer großen Ausstellung im Museum der bildenden Künste Leipzig an die Öffentlichkeit. 2006 widmete das Kunstmuseum Wolfsburg ihm eine Retrospektive.

2007 und 2008 folgten im Metropolitan Museum of Art in New York und im Max-Ernst-Museum Brühl die Ausstellung „para“. Im vergangenen Jahr ehrten sowohl München (Pinakothek der Moderne) als auch Leipzig (Museum der bildenden Künste) den Maler mit der großen Doppelausstellung „Begleiter“.

Hauptwerke in Baden-Baden

Von 1993 an hat Neo Rauch seine eigene, unverwechselbare Handschrift. Zu dieser Zeit ist die Farbe fast vollständig aus seinen Bildern verbannt, aber die Figürlichkeit bereits da. Nach und nach fließt dann die Farbe ein. In der Ausstellung im Museum Frieder Burda werden Werke gezeigt, die in den Jahren zwischen 1992 und 2011 entstanden.

Papierarbeiten, die fast schon in die Malerei gehen, werden zu sehen sein, darunter „Saum“ und „Hotel“. Ausgestellt werden Hauptwerke der vergangen 20 Jahre, Arbeiten, die an wichtigen Weggabelungen zu einer Richtungs-Entscheidung führten, wie zum Beispiel das in hellem Gelb und abgetöntem Grau gehaltene Gemälde „Mittag“ aus dem Jahr 1997. Hier manifestiert sich eine neue Farbpalette: auf den ersten Blick ausgewaschen, aber dennoch kraftvoll und lichterfüllt. Das subtile Spiel zwischen Bildraum, Perspektive und Linie sowie die traumwandlerische Atmosphäre ist kennzeichnend für die weitere Malerei von Neo Rauch.

Aus demselben Jahr stammt das Bild „Der Sucher“, das ebenfalls zu sehen sein wird. Als sich die ersten großen Erfolge einstellen, malt Rauch hier eine leere Staffelei, von der sich der Maler mit einem Metalldetektor bewaffnet suchend entfernt. In dem Moment schlägt eine Art gelber Meteorit ein. Der Maler im Kraftfeld zwischen Dienst, Arbeit, Stetigkeit und der wohl gehegten Flamme der Inspiration, die Großes schafft.

Ein selten gezeigter Wendepunkt ist das 2000 entstandene Gemälde „Sturmnacht“. Mit zwei auf drei Meter eines der großen Szenarien, die Rauch so gekonnt auf Leinwand bannt. Hier dominieren starke, tiefe Farben wie Rot, Blau, Gelb, Grün und Schwarz. Ausnahmesituationen stehen im Zentrum der tief geloteten Bilder.

Es geht immer auch um persönliche Befindlichkeiten, die er allerdings meisterhaft ins Allgemeingültige kehrt. Beispiel: „Das Interview“ (2006), nach den Erfolgen, dem Medienrummel, verarbeitet Rauch seine Erfahrungen in einem mächtigen aufrüttelnden Bild, in dem die Farbe Rot vorherrscht und die Interviewten vergeblich wieder belebt werden müssen. Beide Gesprächspartner hängen apathisch in ihren Sesseln. Auch „Der Rückzug“ (2006) hat persönliche Elemente, spielt er sich doch vor der Landschaft der Kaliwerke ab, die Rauch aus seiner Kindheit kennt.

Erstmals wird in Baden-Baden eine Skulptur aus Bronze von Neo Rauch zu sehen sein.

Kurator der Ausstellung ist Werner Spies

Der Kunsthistoriker Werner Spies, 1937 in Tübingen geboren, seit 1960 in Paris lebend und ehemaliger Direktor des Centre Pompidou, kuratiert die Ausstellung.

Werner Spies: „Wo gibt es Werke, in denen ein derartig verblüffendes Freispiel der Themen und eine derartig beunruhigende Mischung aus Körpern und Accessoires zur Siedehitze gebracht würden? Macht man sich die Mühe, ein wenig in diese Welt einzudringen, entdeckt man hinter der phantastischen Verschlüsselung einiges an Aktualität, nicht nur Vulkanausbrüche, hysterische Koppelungen von Ding und Gesellschaft, korrodierende Welt, über die eine schweflige Dämmerung hereinbricht, sondern auch Kinder, die von fanatischen Feiglingen mit einem Sprenggürtel um den Leib auf die Jagd geschickt werden. Es ist großartig, endlich wieder einen Künstler zu haben, der Fragen aufwirft und der schließlich durch seine furiose Malweise überwältigt.“

Die Leihgaben stammen aus deutschen und europäischen öffentlichen und privaten Sammlungen.

Im Hatje Cantz Verlag erscheint zu dieser Ausstellung ein Katalog mit zahlreichen kunsthistorischen Beiträgen unter anderem von Werner Spies, Eduard Beaucamp, Andreas Platthaus und Durs Grünbein. Der 184 Seiten umfassende Katalog enthält außerdem bisher unveröffentlichte Atelierfotos von Timm Rautert.

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Neo Rauch
Kurator: Werner Spies