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Alles erscheint anders, als wir es gewöhnlich erwarten: das Kleine groß, das Große klein, das Feste flüssig oder weich, das Dauerhafte flüchtig, das Innere außen, das Banale und scheinbar Harmlose plötzlich voller ungeahnter Abgründe.

Die Ausstellung Nicht mit Steinen werfen zeigt aktuelle künstlerische Antworten auf die alte Frage "Was wäre, wenn...?". Wenn die Welt ein Schlaraffenland wäre und alles eßbar? Wenn wir die Pubertät noch einmal ganz anders durchleben könnten? Wenn wir an Schläuchen und aneinander hängen würden? Wenn wir im Wald plötzlich auf Wesen aus der Urzeit träfen? Wenn wir wüßten, wer Lennut ist? Wenn wir in einem gläsernen Würfel leben würden? Wenn wir das verbotene Land hinter den Bergen beträten? Wenn wir alle Arten des Selbstmords schadlos ausprobieren könnten? Wenn wir im Paradies leben könnten, aber vielleicht doch irgendwie ferngesteuert wären? Wenn wir eine Zeichnung so lange anschauen würden, bis sie sich bewegt? Wenn biedere Landmädchen sich in lüsterne Monster verwandelten? Wenn wir in der Schußlinie stünden, wenn ein gefährlicher Apparat im wahrsten Sinn des Wortes eine Zeichnung an die Wand wirft? Dann allerdings wäre die Seifenblase zerplatzt und unsanft hätte uns das Geschoß wieder auf den harten Boden der Realität geworfen.

Wie schon die Romantiker, die Surrealisten und andere Meister der Fantastik und der Fiktion entwerfen die in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen und Künstler Welten und Biotope mit eigenen Gesetzen und Aggregatzuständen. Das wiedererwachte Interesse an Romantik und Fantastik kann als Flucht aus unserer global vernetzten und von immer größeren sozialen Konflikten geprägten Welt gesehen werden. Doch welcher Realismus, welches Realitätsprinzip liefle sich sinnvoll aufbieten, um das Bewußtsein dafür zu schärfen, wie selbst die alltäglichsten Handlungen immer stärker mit weltweit zirkulierenden virtuellen Daten verbunden sind? Um der vermeintlichen Realität überhaupt noch gewachsen zu sein, kann für die Kunst eigentlich nur noch das Gebot größter Fantastik gelten. Wenn die fragilen Seifenblasen der künstlerischen Gedankenspiele zerplatzen, liegt es weniger an der vermeintlichen materiellen Härte der Realität als daran, dass sie die Unwahrscheinlichkeit dessen, was täglich mit uns und um uns herum geschieht, gar nicht mehr einholen können.

Pressetext

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Nicht mit Steinen werfen...

mit Sonja Alhäuser, Diego Castro, Bea Emsbach, Thomas Helbig, Peter Jap Lim, Friederike Klotz, Julia Oschatz, Anna Ostoya, Simon Pasieka, Mikio Saito, Caro Suerkemper, Johannes Wald