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Eröffnung am Freitag, 3. Februar 2017, 18 - 21 Uhr

Irmer versteht ihre Malerei als facettenreichen Prozess, in dem figürlich Konkretes durch die Abstraktion gehen muss, in dem die Motive aus Kompositionen und Farbklängen entwickelt werden und in dem Ordnung und Chaos immer wieder neu in Balance gebracht werden müssen. Eine Konstante in ihrer Malerei bildet dabei das Interesse für Dinge, deren augenscheinlicher Nutzwert erloschen ist und die ihr somit Möglichkeiten für alternative Sichtweisen eröffnen.

Bei den Bildern zu naturkundlichen Sammlungen bilden häufig Studien in Depots den Ausgangspunkt – jene Bereiche also, in denen taxidermische Exponate am Rande des Vergessens bisweilen ein befremdliches Eigenleben entfalten. In veränderten Perspektiven, Ausschnitten und Fokussierungen auf Details einzelner Tiere zeigen die Bilder Regale und Kabinettschränke gefüllt mit ausgestopften Vögeln, Lemuren und Fischen, Gläser mit Chamäleons, Echsen und Fröschen. In den mit Flüssigkeit gefüllten Behältnissen führen die Spiegelungen der nahen Umgebung und die Aufhebung des Hintergrunds zu einer stark abstrahierten Wiedergabe des Gesehenen. Irmers Faszination gilt hier vor allem der Beschäftigung mit dem Übersehenen, Vergessenen, dem sie mit ihren Bildern ein neues Leben zu geben vermag.

In der jüngsten Werkgruppe „Playpens” hingegen durchforscht die Künstlerin Miniaturwelten und deren formale wie psychologische Assoziationsräume. Die Bilder zeigen parallele Universen von Puppenhäusern, deren Interieurs mit Spielzeugen, die für gewöhnlich mit Unschuld und häuslichem Komfort assoziiert werden. Kinder spielen sich ins Leben und nicht zuletzt in geschlechtsspezifische Rollen. Diese auf den ersten Blick so harmlose Welt der Miniaturen dient Irmer als ein Möglichkeitsraum für andere, unbehagliche Phantasien, versteckte Heimlichkeiten, Schattenzonen und plötzlich einbrechendes Chaos. Abrupte Sprünge in den Größenverhältnissen, surreales Nebeneinander von Unvereinbarem und bizarre Farbdissonanzen stören die Idylle, kehren sie in ihr Gegenteil.

Nikola Irmer, 1970 in Starnberg geboren, lebt und arbeitet in Berlin.
1992 begann sie ihr Studium am San Francisco Art Institute, das sie 1993 an der Glasgow School of Art fortsetzte und 1995 mit dem Bachelor of Fine Arts abschloss. Ein im Anschluss absolviertes Studium am Hunter College, City University New York, schloss sie 1998 mit dem Master of Fine Arts ab. 2003 erhielt Irmer ein Stipendium der Stiftung Kulturfonds. Seit 1999 stellt sie im In- und Ausland in Einzel- und Gruppenausstellungen aus. 2012 nahm Irmer an der dOCUMENTA (13) in Kassel teil. Im Rahmen der Ausstellung „The Worldly House. An Archive Inspired by Donna Haraway’s Writings on Multi-Species Co-Evolution“ zeigte sie ihr Projekt „Promethean Boldness“, das sich an die ambivalente Natur der Sammlungen von Naturkundemuseen richtet.