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ich spreche über etwas was man nicht sieht aber ich versuche es Ihnen zu beschreiben ich habe ein paar Bilder im Kopf besonders das Bild der großen Erdgeschosshalle des ehemaligen Fabrikgebäudes Christian Wandel die nicht mit Maschinen gefüllt ist wie über 100 Jahre vorher sondern seit über einem Jahr mit Objekten verschiedenster Art die die Kultur die Kunst die Literatur und das Design betreffen man sieht Kisten Schachteln Bilder Plastiken Stapel Umzugskartons Bilderkartons Europaletten Eisenträger Marmorblöcke Bronzegüsse Papier Leinwand Folien Materialien aller Art kurz gesagt ungefähr 80% dessen was die Stiftung für konkrete Kunst verwahrt beschützt pflegt und zeigt es sind Sammlungsbestände unter privater Verantwortung unter Künstlerverantwortung unter Stiftungsverantwortung vielleicht auch eines Tages unter städtischer Verantwortung die Masse die man sieht ist bis zu 3 Meter hoch gelagert auf einer Fläche von eintausend Quadratmeter warum ich das sage es ist eine große Verantwortung eine Landschaft der Menge können Sie heute betrachten und werden feststellen dass Sie obwohl Sie alles sehen fast nichts sehen denn die Dinge sind davor dahinter darüber darunter ohne große Zwischenräume platzsparend zusammengebracht und je mehr wir daran arbeiten umso mehr ist es eine Baustelle oder Stadtlandschaft mehr oder weniger abgerissen und aufgebaut in dem Zeitraum von einem Jahr haben wir diese Arbeitszone 'Stiftung ohne Titel' genannt und nun ist es Zeit sie nicht nur öffentlich zu machen sondern einige Kunstwerke herauszuheben aus dieser Menge sie ausgepackt und nackt zu zeigen sodass sie ihre Wirkung entfalten wie das ist Ihre Sache die ausgewählten Werke sind von einer Handschrift sie verändern nicht nur durch die Reflexion der Flächen und die Reflexion der Farben sondern tragen dazu bei dass der leere Raum der in dieser Halle blieb seine eigene Sprache bekommt silberne Flächen blaues Licht spiegelndes Glas reflektierende Folien verändern den Raum

jetzt ist heller Tag in den Abendstunden haben wir fast eine blaue Grotte die sicherlich nicht nur zu romantischen Gefühlen und ästhetischen Betrachtungen verführt sondern optische Gesetze und die Dimensionen des Raumes konkret bewußt macht dass vieles was oben ist unten sein kann dass vieles was hinten ist vorne sein kann dass etwas was alt ist neu sein kann dass etwas Neues alt sein kann dass jede Sekunde die Sprache der Kultur anders sein kann zeigen die vielen Ordnungsprinzipien nicht nur der Sachwerte sondern auch der theoretischen und philosophischen Denkweisen ein solches verdecktes Schaulager zu öffnen und von Ihnen zu verlangen mehr zu sehen als Sie sehen birgt immer ein Risiko aber Mengen und Daten und Fakten und Zahlen und Werte das können Sie alles selbst wenn Sie wollen und über 20 Jahre die Stiftung besucht haben nachvollziehen ich weiß was ich Ihnen zumute aber zum Beispiel im Jahr 1827 als die erste Fotografie das Licht erblickte da war der Titel des Fotografen 'Blick aus dem Arbeitszimmer' und eigentlich war auf dem Foto und das noch heute nur Spuren im Asphalt erkennbar erinnern möchte ich auch dass Ansammlungen insbesondere Sammlungen gleich welcher Art sehr oft nur deshalb überleben weil einzelne Teile des Ganzen in irgendeiner Art und Weise die Zeiten überdauert haben Menschen haben dazu wenig beigetragen das zeigt sich immer wieder aber manche Statue der Griechen hat als Strassenbelag immerhin fast 2000 Jahre überlebt übrigens wenn wir uns entschlossen haben Werke von Nikolaus Koliusis diesem Fotografen und Künstler auszupacken und aufzuhängen dann deswegen weil die Arbeiten stark sind weil die Arbeiten unabhängig von Raum und Zeit sind und unabhängig von der Betrachtung der Menschen existieren falls Sie daran zweifeln will ich kurz das Beispiel eines der ältesten Kunstwerks der Welt des Mammuts in Ihr Gedächtnis rufen der sogenannte Sensationsfund von 2006 nicht weit von hier gefunden es ist zu hoffen dass die Menge die Sie unten auf den Europaletten vorfinden genügend Potential hat um weiterhin Arbeitsmaterial für die Stiftung zu sein obwohl Sie mir das glauben müssen sage ich es trotzdem am Anfang vor 30 Jahren hätte ich nie geglaubt dass es möglich ist für Dinge Verantwortung zu tragen die ab und zu in Museen dieser Welt oder Institutionen dieser Welt gebraucht werden und die Arbeit und die Pflege die Versicherung und der Transport das Organisieren und Schreiben das Kontrollieren all das läßt trotzdem noch viel Erkenntnis und auch Lebensinhalt zu eine Stiftung ist keine statische Museumsarchitektur sondern wenn es gelingt die Räume lebendig zu nutzen die Ware vielfältig zu vernetzen und im besten Sinne damit umzugehen dann ist schon viel erreicht

29. 11. 2008 MW

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Nikolaus Koliusis im Schaulager