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Eröffnung: Samstag, 6. September 2008, 11 - 21 Uhr

Viele Orte, die einst bedeutende Zentren der avantgardistischen Kunst, der politischen Kultur oder auch der gesellschaftlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts darstellten, sind in der gegenwärtigen Gesellschaft zu mehr oder weniger blinden Flecken geworden. Mit unseren Arbeiten wollen wir diese Orte wieder ins Bewusstsein zurück bringen. Sie sind nicht mehr utopisch, auch nicht obsolet, sondern nur noch nicht neu definiert.

Wie entscheidet sich heute, an was wir uns morgen erinnern? In unserem neuen Film beschäftigen wir uns mit der japanischen Insel Hashima, die aufgrund der Geschichte ihres kometenhaften Aufstiegs und jähen Niedergangs eine globale Symbolkraft besitzt. Uns interessiert dabei speziell die unterschiedliche Rezeption der Geschichte der Insel. Es geht uns, wie auch schon in unseren bisherigen Projekten, um den Aspekt der kollektiven Erinnerung und die Unsicherheit beim Hervorrufen und bei der Übertragung von Erinnerungen.

Ehemals nur ein Fels im Meer vor Nagasaki wurde auf der Insel Hashima Kohle entdeckt und 1887 mit dem Abbau begonnen. 1916 wurde auf der Insel, das 1. Stahlbetonhochhaus Japans errichtet. Während des 2. Weltkriegs war Gunkanjima Arbeitslager für Kriegsgefangene aus China und Korea. 1959 bewohnten mehr als 5000 Leute die Insel, die nur 160 x 450 Meter misst. Damit betrug die Bevölkerungsdichte rechnerisch 83.476 Einwohner pro Quadratkilometer – eine der höchsten jemals aufgezeichneten Bevölkerungsdichten der Welt. Im Jahr 1974 wurden die Zeche geschlossen und die Bewohner mussten die Insel verlassen. Seitdem ist Hashima unbewohnt und jährlicheTaifune tragen zur schnellen Erosion bei. Der jüngeren Generation ist Hashima eher bekannt als Geisterinsel, als Drehort für düstere Science Fiction Szenarios, wie in dem japanischen Blockbuster „Battle Royale“, oder als Motiv für Mangas und Videospiele.

In unserem Film werden Erinnerungen eines ehemaligen Bewohners der Insel – Sohn eines Bergarbeiters, der bis 1974 auf Hashima lebte und heute eine Organisation leitet mit dem Ziel, die Insel als UNESCO Weltkulturerbe zu bewahren – mit den Nacherzählungen von Schülerinnen zum Film „Battle Royale“ verwoben. Dabei erscheint die Insel fast wie eine Phantasie der Kinder, als imaginärer Ort für ihre Spiele. Ein Ort der Erinnerung, der neu besetzt wird, an dem sich Geschichte und Fiktion bereits intensiv vermischen.

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Nina Fischer / Maroan el Sani
Spelling Dystopia