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Vernissage: Mittwoch, 29. Oktober 2008, 18 bis 20 Uhr

Es freut uns ausserordentlich, Nina Weber erstmals in einer Einzelausstellung bei Rotwand präsentieren zu können.

Nina Weber (*1980, Tansania) lebt und arbeitet in Zürich. Bereits während ihrer Studienzeit an der ZHdK hat sich die Künstlerin durch ihre ornamentalen und dichten Tuschzeichnungen ausgezeichnet. Für ihr Diplom im Sommer letzten Jahres liess sie die Pflanzen ihrer zweidimensionalen Arbeiten auf Papier im wahrsten Sinn des Wortes in den Raum hinaus wachsen. Pflanzen, die wuchern und ihren ursprünglichen Bestimmungsort verlassen, sind immer wiederkehrende Motive. Aus Blüten werden Gesichter, menschliche Wesen mutieren zu Tieren, Natur geht in Künstlichkeit über. Nina Weber bewegt sich in einer Welt zwischen Realität und Fiktion, Abbild und Traumwelt, Stadt und Land, lässt das eine in das andere überfliessen und verwischt Grenzen. Dass sie während den Vorbereitungen für ihre Einzelausstellung bei Rotwand ein Gartenhaus im Zürcher Seefeld bewohnt, scheint kein Zufall zu sein. Weber zeigt in der Ausstellung eine grossformatige Tuschzeichnung. Eine Riesentankstelle in der Mitte des Bildes vereint ein Universum, das sich mehr in einer traumartigen Welt einer Alice im Wunderland abspielt, als im Zürcher Seefeld. Und doch ist die vielteilige Zeichnung durch eine Tankstelle vor Ort inspiriert. Die Plastikperlen Insel ist umgeben von Wasser und einem Fries mit kurios anmutenden Gebilden: Alltagsfigürchen, groteske Maskottchen, Cornflakes und Kaugummis. Eine Mischung aus Kitsch und Ramsch, der am Kiosk zum Schnellkauf bereit liegt. Nina Weber redet in diesem Zusammenhang von „Plastikgeistern“ und „kleinen, kalten Stadtfreunden“, denen man auch im Fortgang der Ausstellung weiter begegnen wird, sei es in Form von Nasengebilden oder Fleischtropfen. Während Nina Weber sich bis anhin vor allem in Raum füllenden Installationen zu Hause fühlte, widmet sie sich für diese Ausstellung erstmalig einem schon fast klassischen Gedanken von Skulptur. Weiss glänzende Nasengruppierungen hängen von der Decke herab – die Besucher können sich darunter stellen und beschnuppern lassen. Die Nase ihrerseits beäugt von oben, erinnert an ein Gespenst, welches sich durch die Lüfte der Stadt bewegt und uns immer mal wieder am Nacken streift. Inspiriert wurde Weber durch eine Poesie Dieter Roths mit dem Wortlaut „(...) wenn sie mir tausend Nasen ins Gesicht hängen (...)“. Weitere Nasen befinden sich in verschiedenen Grössen in der Ausstellung: klein und an dunkle Pralinen erinnernd oder golden prätentiös als Schmuckstück präsentiert. Die Künstlerin ist gleichwohl angezogen von einer allzu durchorganisierten Stadt, wie auch irritiert von ihrer perfekten Choreografie. Plakatwände, Fassaden, Schaufenster, Betongebilde, Asphaltfelder bilden dabei die Kulisse für das von Weber so genannte „Luftnummernspiel“. Die einzelnen Elemente, die sich vor dieser Kulisse bewegen, sind schillernde Konsumgüter und Stadtmenschen die sich geisterähnlich entgegen blicken. Für Weber sind es „Luftnummern“ im Sinne von Luftblasen oder einer Fata Morgana, die uns tagtäglich vorgegaukelt werden. Eine andere Skulpturengruppe hängt in Form von Fleischtropfen, triefend in ihrem Glanz, zahlreich von der Decke der Galerie. Verführerisch und Ekel einflössend zugleich, erinnert auch diese Arbeit Webers an die Materialschlacht unserer Gesellschaft. Gegen aussen Üppigkeit und Wert ausstrahlend, sind diese Oberflächen reine Hüllen oder hohle Hülsen und stehen für eine Kultur, die sich immer weiter von ursprünglichen Bedürfnissen und Erwartungen des Menschen entfernt hat. Die glänzende Oberfläche der Tropfen entpuppt sich als eine Metapher und steht für Schein und Trug. Einmal mehr bewegt sich Nina Weber auf der Grenze von Ornament (Kultur) und organischer Struktur (Natur).

Text Alexandra Blättler

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Nina Weber
Plastikperleninsel