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Die Ausstellung Nine Points of the Law untersucht die Beziehungen zwischen der Erstellung, dem Besitz und der Vermarktung von fotografischen und filmischen Bildern sowie der Macht, die vor dem Hintergrund kultureller und ökonomischer Entwicklungen durch gezielten Bildeinsatz ausgeübt wird. Sie stellt künstlerische und aktionistische Arbeiten vor, die Bildwelten innerhalb und außerhalb des Kunstkontexts untersuchen sowie Organisationen in Augenschein nehmen, welche die Distribution von Bildern zu verantworten haben. Der Ausstellungstitel Nine Points of the Law ist dem angelsächsischen Sprichwort Possession is Nine Points of the Law (frei übersetzt: Wer besitzt, ist im Recht) entlehnt und spielt auf die oftmals prekäre Kausalität zwischen (Bild-)Besitz und (Verfügungs-) Macht an. Der Fokus der Ausstellung richtet sich dabei auf mediale Bilder, deren Einsatz und Kontrolle. Wem gehören die Bilder? - Wer hat die Kontrolle über sie? - Wer kann sie benutzen und wie? - Wer kann auf sie zugreifen? - Wer kann sie verändern? Die These des antiken Philosophen Quintillian »Wer die Macht über die Bilder hat, hat die Macht über die Menschen« bewahrt bis heute Gültigkeit: Wirtschaftstrategen wie Bill Gates, internationale Politiker und deren Medienberater installieren und festigen über kontrollierte Bildverbreitung politische und wirtschaftliche Macht. In einer Welt, in der eine scheinbar unbegrenzte Verfügbarkeit von Bildern besteht, in der durch die Globalisierung ähnliche Bildwelten überall Verbreitung finden und ins Alltagsleben vordringen, in der kulturelle und ideologische Macht durch Bilder definiert wird, müssen neue Methoden entwickelt und erlernt werden, um mit diesen Entwicklungen und Realitäten umzugehen. Mit der Ausstellung Nine Points of the Law knüpft die Arbeitsgruppe Fotografie an die Ausstellung Ex Machina - Über die Zersetzung der Fotografie (2001) an, die die technisch begründeten Unterscheidungen und medialen Grenzüberschreitungen des Mediums Fotografie untersuchte. Nun geht es um die Produkte dieser Apparate.

Zu den Arbeiten: Der Film Ariana (2003) von Marine Hugonnier und die Gemeinschaftsarbeit Mach Dich weg und denke wir (2003) von Elke Marhöfer & Barbara Frieß setzen am Punkt vor der Bildentstehung an, bei der Verhinderung von Bildern und ihrer Kontrolle. In Ariana, der antike Name eines Landstrichs in Afghanistan und zugleich der afghanischen Fluglinie, wird Marine Hugonnier das Filmen eines strategischen Aussichtspunktes durch das Militär verweigert, ihr Blick auf den einer Touristin reduziert. Elke Marhöfer & Barbara Frieß stellen eine Edition von Vermummungsmasken aus, die durch das aufgenähte Label Mach Dich weg, und denke wir markiert sind. Die Nutzung dieser Masken würde es erlauben, die Identität der Teilnehmer videoüberwachter Demonstrationen zu verschleiern. Eine eigene Strategie der Bild-Verweigerung beziehungsweise ihrer temporären Produktion verfolgt der rumänische Künstler Mircea Cantor in The Landscape is Changing (2003): mit einer in Tirana 2003 inszenierten Demonstration, auf der die Demonstranten statt Transparenten oder Symbolen Spiegel durch die Hauptstadt tragen. In Sehnsucht, Reichtum, Glück (2001) recherchiert Christoph Weber in der Bilddatenbank http://image.google.com mit den Suchbegriffen Glück, Sehnsucht, Reichtum und bindet die Ausdrucke dieser über 2000 Bilder in ein festes, bibelartiges Buch. Künstlerische Angriffe auf die konstruierten Bilderwelten der Werbung vollziehen die Arbeiten Visual Kidnapping - Pay Now (2002-2004) des französischen Street-art Künstlers Zevs (Zone d´experimentation visuelle et sonore), Del Montte (2004) von Minerva Cuevas und die Aktion Nikeground-Rethinking Space (2003) - von 0100101110101101.org und Public Netbase. Visual Kidnapping - Pay Now ist die ebenso programmatische wie faktische Entwendung eines Werbeikons, mit der versucht wird, den Werbestrategen und der ungefragten Bebilderung unserer Öffentlichkeit Paroli zu bieten. Mit der Wandmalerei Del Montte legt Minerva Cuevas die kriminellen Verflechtungen eines internationalen Nahrungsmittelkonzerns offen, indem sie die Werbeträger auf der Text- und Zeichenebene manipuliert. Die Künstlergruppe 0100101110101101.org und die Internetplattform Public Netbase haben mit ihrer Fake-Aktion, der Umbenennung des Wiener Karlsplatzes in Nike-Place, die Öffentlichkeit und die Firma Nike wochenlang irritiert. Mit der künstlerischen Intervention im öffentlichen Raum und einer Kampagne im Internet wird der globale Einfluss von Großkonzernen wie Nike, deren Marke sich inzwischen allein durch ihr Logo verbreitet, ins öffentliche Bewusstsein gebracht und zugleich die Macht subversiver Kampagnen gezeigt. Grundsätzliche Fragen der Bilderdistribution durch Veröffentlichung in den Medien behandeln Klub Zwei in ihrer Videoarbeit Schwarz auf Weiß und Bülent Sangar in seinen inszenierten Fotografien Suret (2003). In Schwarz auf Weiß. Die Rückseite der Bilder (2003) wird durch die Verweigerung sichtbarer Bilder und deren verbale Evokation, der mediale Verbrauch von Bildern der Shoah und der oft fahrlässige Umgang mit dem fotografischen Gedächtnis bewusst gemacht und kritisiert. Suret thematisiert Fragen des religiös motivierten Bilderverbots in der Türkei.

Es erscheint bei der NGBK ein Katalog in Deutsch und Englisch mit Texten von Matthias Bruhn, Katia Reich, Rolf Sachsse, Holger Kube Ventura, Florian Waldvogel und anderen (ISBN 3-926796-92-8).

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Nine Points of the Law - Bild-Macht-Besitz-Verhältnisse
Eine Ausstellung, die nach dem veränderten Umgang mit Bildern und den Auswirkungen neu-installierter Besitzverhältnisse fragt

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: 0100101110101101.org, Mircea Cantor, Minerva Cuevas, Marine Hugonnier, Elke Marhöfer & Barbara Frieß, Klub Zwei, Bülent Sangar, Christoph Weber, ZEVS