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Die Ausstellung „Schlusslichter und Blinksignale“ führt Leipziger Malerei aus etwa zehn Jahren zusammen, in dessen Mitte die Zäsur der Jahre 1989/90 fällt. Die jeweiligen Kunstverhältnisse vorher und nachher sind einerseits grundverschieden voneinander, andererseits werden sie zusammen gehalten von den Biografien der Künstler und dem Ort Leipzig. Weder hat die Ausstellung das programmatische Ziel, das Vorher und Nachher gegeneinander abzuwägen und so die Differenzen zu betonen, noch besteht die Absicht, die tendenzielle Kontinuität zu betonen. Das Jahrzehnt ist als Zeitraum gegenläufiger Kunstbewegungen zu begreifen.

Nachdem die teilweise scharfen Auseinandersetzungen um die Bewertung der Kunst in der DDR abgeflaut sind, kann aus heutiger Perspektive mit positivistischem Blick (produktiv verstanden) sondiert werden. Die gegenwärtig neue Wertschätzung für Malerei, die am Ende des mit „Schlusslichter und Blinksignale“ illustrierten Zeitraums begann, sollte den Blick für die Vorgänger öffnen können.

Der ironische Unterton des Ausstellungstitels verknüpft zwei Metaphern der Bescheidenheit. Der Begriff der „Schlusslichter“ spielt mit dem bekannten Witz für die letzten, in der DDR Gebliebenen, die „das Licht löschen würden“. „Schlusslichter und Blinksignale“ meint also Werke am Ende und am Anfang zweier gesellschaftlicher „Zeiten“, getrennt durch die Zäsur und verbunden durch die kontinuierlichen Wege. Den Kunstwerken gemeinsam ist, dass sie ihre Umgebung „beleuchten“ – und dies in agonischen, oder in an Verwerfungen und Ausblicken reichen Jahren.

In den späten 80er Jahren dominiert in Leipzig längst nicht mehr das Selbstverständnis einer Leipziger Schule. Eine jüngere Generation tritt auf, die sich frei macht von der thematisch komplexen, im weiteren Sinne realistischen Malerei. Strategien der Ironie, der Übertreibung und thematischer Hinterlist treten gleichberechtigt an die Seite der „vernünftigen“ Verhandlung der Sujets.

Von diesem Status quo ausgehend, ist der Beginn einer wiederum neuen Generation von Künstlern, in Zusammenarbeit mit der Galerie Eigen+Art, bereits der zweite Schritt der Lösung von einer realistischen Prägung. Mit der Öffnung der Grenzen betreten die jüngeren Künstler auch einen weiteren Horizont. Konzeptionelle Momente gewinnen an Einfluss, handwerkliche Traditionen geraten in den Hintergrund. Kurze Zeit ist der Einfluss Joseph Beuys’ sehr stark. Einige wenige Wendejahre lang verändern die um 30-/ 40-jährigen Maler, die vorher festen Konturen der Figuration zu häufig amorphen und anthropomorphen Gestalten. Gleichwohl werden in den frühen 90er Jahren auch die Voraussetzungen für die spätere Wertschätzung der neuen Leipziger figurativen/ gegenständlichen Malerei geschaffen.

So formiert sich aus divergierenden Prozessen, im Duo von Veränderung und Fortschreibung, eine insgesamt heterogene Kunstszene, in der nur wenige konturenstarke Bahnen bemerkbar sind – es „gilt das einzelne Werk“. Sporadisch sind Film (auch vor 1989) und Video willkommene neue Instrumente. Der Fachbereich Neue Medien an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (gegründet 1992) öffnet bislang unbekannte Wege. Den Hintergrund des Jahrzehnts illustrieren dokumentarische Videos über die Arbeit der Galerie Eigen + Art.

Mit diesem Bereich weist „Schlusslichter und Blinksignale“ zudem voraus auf den dritten Teil des Ausstellungstrios „Nur hier?“, auf die mediale „Bildwerdung“ im November/ Dezember 2005.

Kuratiert von Dr. Meinhard Michael und Christine Rink

Pressetext

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"Nur hier?" - 25 Jahre Galerie der HGB Leipzig
Teil II: Schlusslichter und Blinksignale / Leipziger Kunst zwischen 1985 und 1995
Kuratiert von Meinhard Michael und Christine Rink

KünstlerInnen: Andre Böhme, Roland Borchers, Gudrun Brüne, Ulrike Dornis, Hartwig Ebersbach, Wolfram Ebersbach, Tobias E. Ellmann, Till Exit, Günter Firit, Sighard Gille, Christl Maria Göthner, Hans-Hendrik Grimmling, Ulrich Hachulla, Jens Hanke, Andreas Hanske, Wolfgang Henne, Frieder Heinze, Bernhard Heisig, Jörg Herold, Karl-Georg Hirsch, Günther Huniat, Tjark Ihmels, Kaeseberg, Caroline Kober, Oliver Kossack, Uwe Kowski, Axel Krause, Gero Künzel, Rolf Kuhrt, Michael Kunert, Walter Libuda, Rosa Loy, Wolfgang Mattheuer, Maix Mayer, Rolf Münzer, Olaf Nicolai, Akos Novaky, Vlado Ondrej, Gudrun Petersdorff, Ulf Puder, Wolfgang Peuker, Neo Rauch, Arno Rink, Ingo Regel, Maren Roloff, Annette Schröter, Tilo Schulz, Otto Bernd Steffen, Werner Tübke, Petra Watzlawick, Olaf Wegewitz, Solomon Wija, Heinz Zander, Doris Ziegler, Die Veteranen, The Oval Language