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„Hello darkness, my old friend, I’ve come to talk with you again, Because a vision softly creeping, Left its seeds while I was sleeping, And the vision that was planted in my brain Still remains within the sound of silence.” Simon and Garfunkel “The Sound of Silence”

Nach Olaf Breunings Einzelausstellung im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich, welche zahlreiche neue Photographien, Zeichnungen, Skulpturen sowie eine neue Videoarbeit umfasst, freut sich die Galerie Nicola von Senger die Installation Hello Darkness aus dem Jahr 2002 erstmals in der Schweiz präsentieren zu können. Die Arbeit wurde zuvor im Swiss Institute in New York (2002), im Magasin Grenoble (2003) und im Bregenzer Kunstverein (2004) gezeigt und ist Breunings bis dato letzte Installation.

Hello Darkness ist eine äusserst wichtige Arbeit in Breunings Werk. Die Elemente, die für den frühen Breuning so typisch sind und die ihn zuerst in der Schweiz und bald international bekannt machten, leben in dieser Arbeit auf besonders pointierte Weise auf. Die Installation wird durch ein Loch betreten, das, in die Wand der Galerie geschlagen, eine Passage in einen monumentalen Remix zeitgenössischer Kulturfragmente bildet. Breunings Horror / Schocker Aesthetik, seine bewusst dilettantische Inszenierung, der Einsatz von Kopie und Zitat im Vermischen der Bilder und Klänge aus der Populärkultur treffen hier auf ein Sujet, das vom mittelalterlichen Totentanz über das Gedicht von Matthias Claudius bis zum Film von Roman Polanski bereits viele Inkarnationen erlebt hat: Der Tod und das Mädchen. Im Werk Woman and Death aus der Ausstellung im Migros Museum, in dem Breuning das Thema zuletzt aufgegriffen hat, sind die beiden auf einer Wippe zu sehen – ein fröhliches, rotwangiges, blondes Mädchen, das ein trauriges, hilfloses Skelett „überwiegt“ und die Balance im Totentanz humorvoll zu Gunsten des Lebens verschiebt. Hello Darkness bietet eine düstere Variante in einem halbdunklen Raum, der von Lichteffekten, Nebel und ominöser Musik durchtränkt ist, wo Rauchmaschine und Stroboskop an einen Club erinnern, Sarg, Skelett und Axt Geisterbahn und B-Movie evozieren, und worin ein Handyklingelton den Alltag widerhallt. Hier ist Breunings Mädchen nicht die jungfräuliche Unschuld aus den Gemälden von Hans Baldung sondern eine state-of-the-art Sexpuppe, die bereits in einem luxuriösen Sarg liegt und eine Axt in der Hand hält, welche das Loch in der Wand und die allgemeine Verwüstung des Raumes erklären mag. Sie unterhält sich mit dem Tod, einem Kunststoffskelett aus dem Anatomieunterricht, das auf einem Dreckhaufen sitzt. Die Substitution der Protagonisten durch Gebrauchsgegenstände, die Verruchtheit des Mädchens und die Harmlosigkeit des Plastiktodes, nehmen das Drama aus der Geschichte und ersetzen es mit einer postreligiösen Allegorie, die sich in einem Limbus abspielt (zwischen Leben und Tod, Realität und Fantasie, Echtheit und Künstlichkeit), der weniger Körper und Seele betrifft als einen kulturellen Moment darstellt – einen Moment, der aus Guy Debords Gesellschaft des Spektakels zu zitieren scheint: „In der wirklich verkehrten Welt ist das Wahre ein Moment des Falschen.

Gregor Staiger, Oktober 2007

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Olaf Breuning