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18–12–2015
21–01-2016
Olivia Kaiser. Ghosting

Eröffnung: 17.12.2015, 18:00
Koproduktion: Kunst im Traklhaus, Salzburg
Künstlergespräch & Katalog-Präsentation: 21.01.2016, 18:00
Katalog erhältlich

Die Malerin Olivia Kaiser (geboren 1983 in Wien, lebt in Wien) ist in ihren Arbeiten stets an den historischen Zusammenhängen wie Hintergründen innerhalb der Avantgarde-Bewegungen der europäischen Moderne interessiert. Dabei dienen ihr wild skizzierte formale Aspekte, Techniken, Perspektiven und Manöver in Öl auf Karton, Leinwand sowie Bleistiftzeichnungen als Grundlage ihrer direkten Auseinandersetzung und rohen Wiederaufnahmen und in diesen erfahren die ideologischen Motivationen, welche die Entwicklung der Malerei der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts begleiteten, praktische Analyse. Politische und ästhetische Fragen sowie Bedrohungen von Narration und Subjektivität markieren das Zentrum ihrer malerischen Arbeit.

Kaisers Bilder behandeln tiefgreifende psychosoziale Konflikte, die trotz ihrer meist abstrakten Form durchschimmern und lesbar bleiben. Die Paradoxien der menschlichen Existenz sind seit jeher ein durchgängiges Thema in ihrer Motivwahl: von Lebenden als auch von Toten besiedelte Zwischenwelten oder der Überbegriff Freundschaft und sein innewohnendes antagonistisches Gewaltpotenzial. Ihre Bilder sind schichtweise aufgebaut und werden zum Teil in der Bearbeitung immer wieder neu konzipiert, in einigen Fällen über Zeiträume von mehreren Jahren hinweg. Auf diese Weise wird der kreative Prozess der Entstehung der Bilder mitthematisiert: von der Mehrdeutigkeit des Materials, seiner Zusammensetzung und den chromatischen Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen.

In ihren aktuellen Projekten arbeitet Kaiser mit großformatigen Bildserien auf Leinwand, in denen auftauchende und verschwindende Figuren in Malerei und Zeichnung thematisiert werden. Die Motivwahl setzt sich darin mit dem soziopsychologischen und aktuellen Phänomen des „Ghosting“ auseinander. Dabei handelt es sich um einen unangekündigten und totalen Rückzug einer Vertrauensperson, ohne verbleibende Möglichkeit des rationalen Nachvollzugs noch Kontaktaufnahme des emotionalen Gegenübers. Die elektronischen Räume der Kommunikation bleiben leer, E-Mail-Eingang, Nachrichten-Inbox und Messenger-Verlauf verweisen ausschließlich auf die eigene, letzte unbeantwortete Nachricht. An den anderen gerichtet, leuchtet sie als Totem auf und verwandelt sich mit jedem zusätzlich verstreichenden Tag zu einer massiven Hinterfragung der bis vor kurzem geteilten Intimität der Kommunikation. Setzt sich Vertrauen und Freundschaft aus miteinander verbundenen Schichten des Bekannten, Unbekannten, Trennenden und Vereinenden, Bewahrenden und Momenten des dabei Über-Sich-Hinausgehens zusammen, zeigt die Ausstellung „Ghosting“, wie Bilder aussehen können, die hingegen deren irrationale und abrupte Aufgabe thematisieren.