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Die Ausstellung umfasst die Arbeiten von Christine Meisner (Deutschland) und Olivier Menanteau (Frankreich), die bei wiederholten Arbeitsaufenthalten der beiden Künstler in São Paulo, Recife, Lagos, Stuttgart, Berlin und Nantes entstanden sind. Beide reflektieren über die Formen politischer, wirtschaftlicher und kultureller Vereinnahmung, untersuchten Machtbeziehungen im beruflichen Bereich wie im Alltag.

„O sangue derramado não regressa à ferida” („Das vergossene Blut kehrt nicht zur Wunde zurück”) – Mit seiner Serie von 50 Fotografien untersucht Olivier Menanteau anhand des Bildes die Dynamik innerhalb von Gruppen, hierarchische Strukturen, und das Spiel der Kräfte, das den sozialen Raum und den Arbeitsplatz beherrscht.

„no que resultou" („was geworden ist") – Installation mit Video, Zeichnungen und Texten von Christine Meisner – berichtet von der Unwiederbringlichkeit einer erzwungenen sozio-kulturellen Veränderung, die durch den Sklavenhandel zwischen Westafrika und Brasilien entstanden ist. Auf verschiedenen Ebenen wird der Re-Kreationsprozess von entferntem Erinnerten in einer anderen geographischen und kulturellen Umgebung untersucht, der sich zunächst in einem „Weder-Noch" befindet, um schließlich zu etwas Neuem, Eigenen zu werden. Das historische Bewusstsein der Brasilianer hat während dieses Vorgangs eine soziale Zuweisung geschaffen, die auch heute noch nur schwer aufgelöst werden kann. Das Video „Recovery of an Image" erzählt die Lebensgeschichte von João Esan da Rocha, der 1840 als Zehnjähriger von Lagos (Nigeria) nach Salvador de Bahia in Brasilien verschleppt wurde und dort als Sklave auf einer Zuckerrohrplantage arbeitete. Nach 31 Jahren konnte er freigekauft werden und siedelte wieder in seine Heimat. Obwohl es immer sein Wunsch gewesen war, nach Afrika zurückzukehren, konnte er seinen Platz in Lagos nur in der dortigen brasilianischen Gemeinde finden. Die Zeichnungen zeigen zum einen einzelne Persönlichkeiten, die durch den Sklavenhandel von Afrika nach Brasilien kamen und deren Haltung zu ihrer Geschichte und Identität, zum anderen eine Serie aus den „Quilombos", Siedlungen, die einst im Landesinneren Brasiliens von entflohenen Sklaven gegründet wurden und heute wieder mit ihrer afrikanischen Geschichte konfrontiert werden. "Die andere Seite des schon Gedachten" beinhaltet eine Sammlung von Textzeichnungen und zahlreichen Notizzetteln.

Insgesamt reflektiert die Installation „was geworden ist" die künstlerische Praxis von der Produktion eines Wissens, das der klassischen Geschichtsschreibung und Dokumentation gegenüber steht. Durch perspektivisch verschobene Detailbetrachtung wird die Fragestellung nach der Legitimität historischer Konstruktionen ad absurdum geführt. Ein eigener Zugang, der versucht, die Unzugänglichkeit von medial verschlossenen Ereignissen und erklärten Historien aufzulösen.

Veranstalter: Pinacoteca do Estado, São Paulo; Musée des Beaux-Arts, Nantes; Museu de Arte Moderna Aloisio Magalhaes, Recife Unterstützung: Goethe-Institut São Paulo; Consulado Geral da Franca

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Olivier Menanteau, Christine Meisner
Fim de Romance
Kuratoren: Lisette Lagnado, Aurelie Guitton