press release only in german

Omer Fasts Einzelausstellung im Kölnischen Kunstverein, in der er seine neue Arbeit 5000 Feet is the Best (2011) und die dreiteilige Videoarbeit Nostalgia (2009) präsentiert, ist die abschließende Ausstellung im Programm der Direktorinnen Kathrin Jentjens und Anja Nathan-Dorn. Omer Fast ist für Filme und Videoarbeiten bekannt, welche die formalen Möglichkeiten von Film und Fernsehen nutzen, wie beispielsweise das Durchmischen von Dokumentarischem und Fiktion, das Spiel mit Ton, Bild, Schnitt und mit den Gemeinplätzen der Filmgeschichte. Die Analyse des kinematografischen Apparates und der manipulativen Aspekte in Kino und Fernsehen durch vorhergehende Generationen bildender Künstler und Filmemacher, die längst in heutige Fernseh- und Hollywoodproduktionen Eingang gefunden haben, ermöglicht ihm, die mediale Konstruktion seiner Geschichten immer wieder offenzulegen. Die pluralen Sichtweisen und Stimmen, die er so in seine Geschichten integrieren kann, negieren das Authentische. Es sind Arbeiten über die Möglichkeiten des Erzählens.

5000 Feet is the Best handelt von Piloten unbemannter, amerikanischer Drohnen, die, von multiplen Monitoren umgeben, in Containern arbeiten. Die Computertechnologie ermöglicht es ihnen beispielsweise, zu beobachten, wie ein Mann am anderen Ende der Welt eine Zigarette raucht oder welche Schuhe er trägt – eine quasi intime visuelle Wahrnehmung, die der Pilot in gleicher Weise hat, wenn er Bomben von einer Drohne zu ihrem Ziel steuert. Die verbindende Funktion des Computers als Kommunikationswerkzeug oder Unterhaltungsmedium wird durch die völlige Isolation des geheim arbeitenden, militärischen Mitarbeiters an seinem Arbeitsplatz pervertiert. Er wird mit einer quasi übermenschlichen Macht ausgestattet, die alles sieht und todbringend sein kann. Der digitale Film, der auf einem Gespräch des Künstlers mit einem ehemaligen Piloten basiert, mischt das dokumentarische Material mit fiktiven Elementen. Der Pilot weicht den Fragen des Interviewers immer wieder aus, indem er scheinbar belanglose Anekdoten erzählt. Diese Geschichten mischen sich in den Bildern des Films mit unseren eigenen Vorstellungen vom Krieg im Vorderen Orient und von Las Vegas. Mehr und mehr nimmt der Film allerdings die Leerstelle in den Fokus, die zwischen unserer medial geprägten Wahrnehmung dieses Themas und den traumatisierenden Erlebnissen des Piloten besteht.

Die 2009 entstandene Arbeit Nostalgia ist eine dreiteilige Videoinstallation. Ausgehend von der Tonaufnahme eines Gesprächs mit einem Flüchtling aus Nigeria entwickelt sich eine Geschichte über illegale Immigranten und über die scharf kontrollierte Grenze zwischen Afrika und Europa. Nostalgia besteht aus einem kurzen, dokumentarischen Video, einer Installation mit zwei Monitoren, die eine inszenierte Interviewszene zwischen einem Afrikaner und einem Regisseur zeigt, und einer in der Vergangenheit angesiedelten Science-Fiction, in der Europäer durch Tunnelsysteme aus einem zerstörten und unsicheren Europa in ein sicheres Afrika flüchten. In dieser Erzählung bezieht er sich explizit auf Chris Markers berühmten Film La Jetée, in der sich der Protagonist aus einer zerstörten Zukunft mittels wissenschaftlicher Experimente in die Vergangenheit flüchtet.

So erzählt der von Omer Fast befragte Afrikaner im ersten Teil von Nostalgia von einem älteren Soldaten, der ihm, als er Kindersoldat war, beibrachte, Rebhuhnfallen zu bauen. Auch in den beiden folgenden Teilen der Arbeit beschreiben Schauspieler unterschiedlicher Figuren eben diese Schlingfalle. Nicht zuletzt aufgrund dieses Motivs stellt sich in der Wahrnehmung des Betrachters ein narratives Kontinuum her, auch wenn Omer Fast diese Wahrnehmung und die „immersiv-illusionistische Wirkung“ des Films mit technischen und narrativen Mitteln ständig durchkreuzt. Die Zeitebenen der Filme widersprechen sich. Stimmen und Namen vermeintlich ähnlicher Figuren stimmen nicht überein. Je tiefer der Betrachter in das Dickicht aus unterschiedlichen Perspektiven und Realitätsebenen eindringt, desto mehr scheint sich die Schlinge um ihn zuzuziehen.

Omer Fast, der 1972 in Jerusalem geboren wurde und in Berlin lebt, hat seine Arbeiten bereits in zahlreichen internationalen Gruppen-, Einzelausstellungen und Filmfestivals gezeigt. 2011 präsentierte er 5000 Feet is the Best auf der Biennale di Venezia und der Dublin Contemporary. 2009 gewann er den Preis der Nationalgalerie in Berlin. Einzelausstellungen hatte er unter anderem 2009 im Kunstverein Hannover, im Whitney Museum of American Art, New York, der South London Gallery und 2007 im Museum für Moderne Kunst, Wien.

KÜNSTLERGESPRÄCH KünstlergespraÅNch mit Omer Fast Sa 22.10.2011, 16 Uhr Moderation: Anja Nathan-Dorn In einem persönlichen Gespräch wird Omer Fast Einblick in seine künstlerische Arbeitsweise und die Entstehungsprozesse der im Kunstverein gezeigten Arbeiten geben. Das Gespräch wird sowohl die formalen und narrativen Mittel seiner Arbeitsweise, die Bedeutung von Bildtechnik und Sound als auch seine inhaltlichen Schwerpunkte berühren.

only in german

Omer Fast