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1. Kontexte und Hintergründe

Vom 21. Mai bis 31. Juli 2005 zeigt der Württembergische Kunstverein in Stuttgart die erste Ausstellung des zweijährigen Projektes „On Difference“, das von den neuen Direktoren, Iris Dressler und Hans D. Christ, initiiert worden ist.

Zwischen 2005 und 2006 beschäftigt sich „On Difference“ im Rahmen von zwei Ausstellungen sowie Filmprogrammen, Workshops und Vortragsreihen mit den lokalen Kontexten und vernetzten Handlungsräumen der zeitgenössischen Kunst – insbesondere in so genannten „nicht westlichen“ Kulturkreisen.

Auf vielschichtige Weise möchte „On Difference“ dabei künstlerische Produktionen aus Osteuropa, Asien oder Südamerika vor dem Hintergrund spezifischer lokaler und translokaler Zusammenhänge reflektieren. Unter welchen sozialen, politischen oder ökonomischen Bedingungen arbeiten KünstlerInnen in Bukarest, Beirut oder Novi Sad? Welche Netzwerke und Infrastrukturen haben sie dort etabliert? Welche kulturellen Diskurse spielen vor Ort eine Rolle?

„On Difference“ fokussiert zum einen die unabhängigen Kommunikations- und Präsentationsformate der zeitgenössischen Kunst – Internetforen, Zeitschriften, Archive, freie Organisationen etc. –, und zum anderen eine damit verschränkte kritische Kunstpraxis, die sich zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen positioniert.

Während das inhaltliche und formale Konzept von „On Difference #1“ (2005) in enger Kooperation mit KünstlerInnen aus Rumänien, Serbien (Montenegro), dem Libanon, dem Iran, Spanien, den Niederlanden und den USA entwickelt wird, entsteht „On Difference #2“ (2006) im Austausch mit KuratorInnen und Institutionen aus unter anderem Ungarn, der Türkei, Brasilien und Südkorea. Die Ausstellungsreihe ist dabei bewusst nicht nach geographischen Aspekten gruppiert worden, sondern entlang zweier unterschiedlicher Positionen innerhalb des Kunstbetriebes: jener der Produzenten und jener der Vermittler. Denn „On Difference“ geht es nicht um eine nationale Zuweisung kultureller Differenz, sondern um verschiedene kulturelle Handlungsräume, die quer zu nationalen Konturen verlaufen.

Neben den internationalen Ko-KuratorInnen sind auch zahlreiche Partner in Stuttgart in das Projekt involviert.

Hauptförderer des Gesamtprojektes ist die Kulturstiftung des Bundes.

On Difference #1. Lokale Kontexte – Hybride Räume wurde gemeinsam mit den KünstlerInnen Dan und Lia Perjovschi (Bukarest), Ciprian Muresan (Cluj), Zoran Pantelic (Novi Sad), Daniel García Andújar (Valencia), Babak Afrassiabi und Nasrin Tabatabai (Rotterdam/Teheran), Lucien Samaha (New York/Beirut) sowie dem Kurator Stefan Tiron (Bukarest) entwickelt.

Die KünstlerInnen bzw. Ko-KuratorInnen wurden dazu eingeladen, sich auf der Basis ihrer eigenen Netzwerke mit einer konkreten lokalspezifischen Situation und deren translokalen Verschränkungen auseinanderzusetzen. Ihre Beiträge werden in der Ausstellung in Form von „Fallstudien“ präsentiert, die sowohl eigene Werke als auch die anderer KünstlerInnen sowie Dokumentationsmaterial umfassen.

Entstanden ist eine Ausstellung mit über 40 künstlerischen Positionen, die um die politischen, sozialen und ökonomischen Implikationen der Stadtentwicklung, der neuen Technologien und des Kulturbetriebes kreisen.

Fokussiert wird dabei zum Beispiel das unter Ceausescu errichtete „Haus des Volkes“ in Bukarest – Symbol des kommunistischen Machtapparates sowie dessen Zusammenbruchs –, in dem heute das rumänische Parlament sowie das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst beheimatet sind. Es geht um die gigantische „City of Arts and Sciences“ in Valencia oder um die iranische Insel und Freihandelszone Kish, wo sich inmitten der perfekten Inszenierung eines – das restriktive Klima im Iran ausblendenden – Ferienparadieses, ein kritisches Dokumentarfilmfestival etablieren konnte.

Weitere „Fallstudien“ loten die kulturellen Entwicklungslinien und Transformationsprozesse in Ex-Jugoslawien, Rumänien und im arabischen Raum aus. Hierbei geht es insbesondere um Praktiken der Reinterpretation und Neubestimmung kultureller Zusammenhänge, Werte und Diskurse.

Getragen werden die unterschiedlichen Ansätze der Ausstellung von einer Kritik an der Monopolisierung öffentlicher Handlungsräume – innerhalb der Stadt, der Institutionen oder der Medien. Dem gegenüber stehen die vielschichtigen Strategien der Wiederaneignung solcher Räume: sei es durch die Arab Image Foundation in Beirut, Lia Perjovschis „Museum in Ordnern“ (Center for Art Analysis), das Medienkunstinstitut kuda.org in Novi Sad, Kunstmagazine wie Pages, Idea und Version oder Webforen wie e-valencia.

Im Rahmen von „On Difference“ wird überdies ein neues Webforum entwickelt. Unter der Domain „e-wac.org“ (electronic workspace for art and criticism) entsteht eine offene Datenbank und kritische Kommunikationsumgebung für zeitgenössische Kunst und deren Kontexte.

Das „physikalische“ Pendant zu „e-wac.org“ ist eine mobile Werkstatt, die eigens für die Ausstellung eingerichtet wird und sowohl begleitendes Material zur Ausstellung als auch Arbeitswerkzeuge wie Kopierer, Internetzugang etc. anbietet. Die mobile Werkstatt steht auch externen Initiativen als Arbeitsraum und öffentliches Podium zur Verfügung. Die Ausstellung wird zudem von einer Reihe von Veranstaltungen – Workshops, ein Symposium, Filmprogramme und Diskussionsrunden – flankiert, die einzelne Aspekte des Projektes herausgreifen.

„On Difference #1“ wird im Sinne eines Zwischenberichtes und „Inserts“ in der rumänischen Zeitzschrift „Version“ dokumentiert. Eine Publikation zum gesamten Projekt erscheint im Anschluss an „On Difference #2“ im Mai 2006.

Die Ausstellung

[Entree] Im Eingansbereich der Ausstellung zeigt das brasilianische Künstlerduo Angela Detanico und Rafael Lain seine Arbeit „World Align“, die als Insert des rumänischen Kunstmagazins „Version“ entstand und in Stuttgart in Form einer Wandarbeit präsentiert wird. „World Align“ basiert auf einer in Streifen dargestellten Weltkarte, die wie ein Text einmal linksbündig, einmal rechtsbündig und einmal zentriert formatiert wurde.

[Interface] Der Kuppelsaal des Württembergischen Kunstvereins figuriert im Rahmen von „On Difference #1“ als inhaltliche Schnittstelle zwischen den verschiedenen „Fallstudien“ des Projektes.

Die Ausstellung setzt hier mit der Gegenüberstellung zweier großmaßstäblicher Architekturkomplexe ein: dem unter der Führung von Ceausescu errichteten „Haus des Volkes“ in Bukarest, in der heute das rumänische Parlament so wie das Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst untergebracht sind, sowie die von dem Architekten Santiago Calatrava errichtete „City of Arts and Sciences“ in Valencia.

Die „City of Arts and Sciences“ wurde als Stadtentwicklungsmaßnahme auf einer Gesamtfläche von 350.000 qm errichtet. Das „Haus des Volkes“ bietet auf einer Fläche von 10.000 qm insgesamt 350.000 qm Raum. Es ist, nach dem Pentagon, das zweitgrößte Gebäude der Welt. Zu seiner Errichtung wurde ein Berg abgetragen, 7.000 Wohnungen abgerissen und ca. 70.000 Einwohner umgesiedelt.

Sowohl das „Haus des Volkes“ als auch die „City of Arts and Sciences“ konstruieren öffentliche Räume, die den öffentlichen Zugang auf vielerlei Ebenen einschränken: insbesondere durch die physischen sowie psychischen Distanzierungs- und Überwältigungsstrategien, mit denen die beiden Architekturen operieren. In der „City of Arts and Sciences“ wird die Stadt als steriler futuristischer Themenpark entworfen, der kaum urbane Lebensräume, jedoch perfekte Kulissen für Marketingbroschüren bietet. Das „Haus des Volkes“ ist in seiner heutigen Funktion als Parlamentssitz ein Hochsicherheitstrakt und zugleich in seiner Funktion als Museum ein semi-öffentlicher Ort der Repräsentation kultureller Werte, der immer schon eine selektierte Öffentlichkeit adressiert. Zudem rückt der Ort Politik und Kunst sowie Vergangenheit und Gegenwart in eine nicht unproblematische Nähe.

Die Unerreichbarkeit des „Haus des Volkes“ hat der Künstler Eduard Constantin in seinem Video “Outside View” fokussiert. Er fährt mit seiner Kamera die äußeren Hüllen des Gebäudes ab – ein Prozess, der fast eine Stunde dauert. Dabei muss er die Kamerafahrt mehrmals unterbrechen, da er vom Sicherheits-personal des Parlamentes am Filmen gehindert wird. In der Ausstellung wird dem Video von Eduard Constantin eine ähnlich aufgefasste Kamerafahrt gegenübergestellt, die eigens im Rahmen von „On Difference“ produziert wird: Hier zirkuliert die Kamera entlang der äußeren Fassaden der „City of Arts and Sciences“.

[Piazza] Zugleich wird im Kuppelsaal ein frei zugängliches Forum der Recherche, Produktion und Präsentation eingerichtet: Die mobile Werkstatt offeriert nicht nur zahlreiche Materialien zum „On Difference“-Projekt, sondern auch Arbeitswerkzeuge wie Kopierer, Drucker, Computer, Internetzugänge und vieles mehr. Neben der individuellen Nutzung durch Ausstellungsbesucher steht die „offene Werkstatt“ auch externen Initiativen als Arbeitsraum und Podium zur Verfügung. Darüber hinaus ist sie Austragungsort verschiedener Workshops. Der wesentliche Baustein der „offenen Werkstatt“, das „e_lab“, entsteht selbst im Rahmen eines Workshops, der in der ersten Ausstellungswoche unter der Leitung von Daniel García Andújar stattfindet.

[Fallstudien] Sunset Cinema Babak Afrassiabi und Nasrin Tabatabai

Babak Afrassiabi und Nasrin Tabatabai beschäftigen sich in ihrer Installation „Sunset Cinema“ mit der iranischen Insel und Freihandelszone Kish. Mit der Absicht, ausländische Investoren anzulocken, wurde auf Kish eine an den Standards westlicher Ferienparadiese orientierte Fiktion eines liberalen Lebensraums errichtet. Die Insel boomt und lässt unter der ewig scheinenden Sonne das restriktive Klima des realen Alltags im Iran vergessen. Nur auf subtile, unsichtbare Weise greifen auch hier die Kontrollsysteme und Unterdrückungsmechanismen des rigide geführten Staates. Zugleich konnte sich auf der Insel ein Dokumentarfilmfestival etablieren, das inmitten der Inszenierung paradiesischer Zustände die unliebsamen Wirklichkeiten im Iran einbrechen lässt. „Sunset Cinema“ greift diese widersprüchlichen Verkettungen zwischen Realität und Fiktion auf. Die Installation, die gemeinsam mit den Teheraner Architekten Gelayol Mosaed und Mohammad Hassan Malekpour für “On Difference #1” entwickelt wird, paraphrasiert touristische Landmarken der Insel und lässt darin - im Sinne einer Übersetzung - das Dokumentarfilmfestival von Kish stattfinden. Gezeigt werden Filme

von unter anderem Ali Reza, Rasouli Nejad, Mohsen Makhmalbaf, Bahman Kiarostami und Maani Petgar. Babak Afrassiabi und Nasrin Tabatabai haben 2004 das Magazin „Pages“ gegründet, über das sie ein Netzwerk hin zu Kulturschaffenden im Iran aufbauen möchten.

Momentaufnahmen der Arab Image Foundation Lucien Samaha

Die Arab Image Foundation in Beirut umfasst ca. 75.000 Fotografien, die seit dem 19. Jahrhundert bis heute von Laien, professionellen Fotografen und Fotoagenturen aus dem arabischen Raum produziert worden sind. Mit der Aufarbeitung dieses höchst heterogenen Materials möchte die Arab Image Foundation den Ausblendungen weiter Bereiche der modernen arabischen Kulturgeschichte und ihren Bildtraditionen entgegenwirken. Die Initiatoren und Mitglieder der Stiftung, zu denen auch Lucien Samaha zählt, sind KünstlerInnen, die auf sehr unterschiedliche Weise mit dem Archivbestand arbeiten. Denn ein weiterer wesentlicher Ansatz der Arab Image Foundation besteht darin, die Sammlung einer beständigen künstlerischen Neuinterpretation zu unterziehen. Auf Einladung von Lucien Samaha werden die Mitglieder der Arab Image Foundation ihre weit gefassten Interpretationsansätze vorstellen. Neben Videos und Publikationen von Walid Raad, Akram Zaatari, Fouad El Khoury und Negar Azimi präsentiert Yto Barada das Konzept für die von ihr in Tangier geplanten Kinemathek. Lara Baladi wird in Zusammenarbeit mit ägyptischen Plakatmalern Motive aus der Sammlung übersetzen. Darüber hinaus werden frühere Ausstellungen und Installationen der Arab Image Foundation in Form einer Diaprojektion präsentiert. Lucien Samaha selbst zeigt eine Auswahl originaler Fotodokumente aus dem Archiv.

Detektiv / Haus des Volkes Dan und Lia Perjovschi

Dan und Lia Perjovschis Fallstudie basiert ebenfalls auf einem Archiv, das von Lia Perjovschi seit über 15 Jahren zusammengetragen wird: als Matrix einer sich ständig verschiebenden Analyse des Kunstbetriebes. Im Rahmen von „On Difference #1“ präsentiert sich das „Center for Art Analysis“ in Form einer Detektei, welche die sozialen, politischen und kulturellen Dimensionen des „Haus des Volkes“ in Bukarest untersucht und hierzu wie in einer „Asservatenkammer“ zahlreiche Recherchematerialien und „Beweisstücke“ versammelt: darunter Objekte, Poster, Postkarten und Publikationen der KünstlerInnen Ion Godeanu, Attila Tordai, Mihai Stanescu, Dan Perjovschi und Stefan Constantinescu. Als „Zeugen des Verfahrens“ werden weitere Werke herangeführt wie etwa Cezar Lazarescus Fotoarbeit, die das „Haus des Volkes“ - quasi das Corpus delicti - kurzerhand wegradiert, oder die Interviews von Nita Mocanu und der E((O Group, die der aktuellen Situation

von KünstlerInnen in Rumänien auf der Spur sind. Ein Protokoll der rumänischen Revolution wird mit Harun Farockis und Andrei Ujicas Film “Videogramm einer Revolution” geliefert. Als Zeugnisse der Zeit vor der Revolution dokumentieren die Fotos von Ion Grigorescu, dem Pionier der rumänischen Konzeptkunst, eine staatlich verordnete Wahlkundgebung von 1974. Die Architektin Mirela Brezoi wiederum präsentiert ihre Planungen für ein Museum für zeitgenössische Kunst in Rumänien.

Medienontologie. Kartierung der Sozial- und Kunstgeschichte Osteuropas Zoran Pantelic und Kristian Lukic

Vor dem Hintergrund der Aktivitäten des Medienkunstinstitutes kuda.org in Novi Sad erarbeiten Zoran Pantelic und Kristian Lukic eine Präsentation, die verschiedene Entwicklungslinien und Kontexte künstlerischer Praktiken in Ex-Jugoslawien von den 1960er Jahren bis heute nachzeichnet. Wesentliches Motiv ist es dabei, den Ausblendungen der Neo-Avantgarde Osteuropas in der aktuellen Kunstrezeption entgegenzuwirken. Aus dem Umfeld der Performance, Konzeptkunst und des Filmes der 1960er und 70er Jahre werden Arbeiten und Dokumentationen der (3 Group, der KoD Group und der February Group sowie der Künstler bzw. Filmemacher Slavko Bogdanovic, Slobodan Tisma, Slavko Radojicic, Bogdanka Poznanovic, Tibor Varady und Katalin Ladik gezeigt. Dabei geht es auch um die subtilen und offenen Formen der Zensur, denen die Künstler ausgesetzt waren. Den politischen, interdisziplinären und experimentellen Ansätzen der Neo-Avantgarde werden die Auseinandersetzungsfelder der aktuellen Medienkunst gegenübergestellt. So geht die Künstlergruppe Apsolutno beispielsweise den Bedingungen des osteuropäischen Kunstmarktes nach. Die Gruppe Eastwood zeigt ein Computerspiel, das die Mechanismen des aktuellen Kapitalismus auslotet. Um die Krise des Konsumismus geht es in den Netzarbeiten von Vladan Joler, während Luka Frelih die Optionen eines freien kabellosen Internetzuganges aufzeigt.

Distanz im Übergang Ciprian Muresan

Ciprian Muresan postuliert in seiner Fallstudie zwei Gruppen rumänischer KünstlerInnen, deren Werke er in Beziehung zueinander setzt: rumänische KünstlerInnen, die in Rumänien leben, und rumänische KünstlerInnen, die in den Westen übergesiedelt sind. Was bewegte die einen zu gehen und die anderen zu bleiben? Inwiefern schlägt sich der Weggang oder das Dableiben in den Werken nieder? Wie betrachten die einen und wie die anderen die Transformationsprozesse im Heimatland?

Und welche Rolle spielt die Option des Zurückkommens für die Weggegangenen und die des Weggehens für die Dagebliebenen? Muresan, der in Cluj lebt und Mitherausgeber der Zeitschrift „Version“ ist, zeigt zu diesen komplexen Verhältnissen zwischen „Fort“ und „Da“ sowohl eigene Werke als auch Arbeiten der KünstlerInnen Stefan Constantinescu, Gabriela Vanga und Mircea Cantor, Ioana Nemes, Cristian Pogacean und des Duo van der Mixt. Darüber hinaus produziert er hierzu eine neue Ausgabe von „Version“.

Die Werke, die Muresan für „On Difference #1“ ausgewählt hat, setzen sich mit einer Reihe von Transformationsprozessen auseinander. So beschäftigt sich Stefan Constantinescu, der mittlerweile in Stockholm lebt, in seiner Videoarbeit „Dacia 1300 - My Generation“ in autobiografischer Weise mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen in Rumänien zwischen 1968 und 2000. Das Video setzt an der (einzigen) rumänischen Automarke Dacia an, um von hieraus urbane Umsiedlungsprozesse, Wohnsituationen, den Schwarzmarkt, das Spitzelwesen oder die Rolle des bulgarischen Fernsehens in Rumänien zu beleuchten.

Das Projekt „Dura Lex Ecclesiae“ des Duo van der Mixt geht einer in Rumänien weit verbreiteten, eigenwilligen Praxis der Überbauung alter katholischer Kirchen nach. Da es das Kirchenrecht verbietet, Gotteshäuser abzureißen, jedoch Veränderungen jedweder Art im Innenraum erlaubt, wird derzeit in Ungheni nach gängiger Manier die neue orthodoxe Kirche kurzerhand über der alten katholischen gebaut. Denn die alte Kirche befindet sich, sobald der Neubau abgeschlossen ist, in dessen Innenraum und kann dann ohne weiters abgerissen werden. Nach dieser Methode hat sich in Rumänien ein ganz eigener sakraler Baustil etabliert, dessen architektonischen Parameter primär der Verdrängungsabsicht folgen.

Ciprian Muresans eigenes Werk operiert mit der Neubestimmung von Ikonen der klassischen Moderne und aktuellen Kunst. In der Fotoarbeit „Leap into the void, after three seconds“ reinszeniert er beispielsweise Yves Kleins berühmten Sprung aus dem Fenster - mit einer Verzögerung von drei Sekunden. Der Protagonist schwebt hier nicht mehr im Freien, sondern liegt auf der Straße. Nach- bzw. umgestellt wurde die Szene an einem Ort in Cluj, an dem während der Revolution gewalttätige Auseinandersetzungen stattfanden. Muresans Skulptur „The End of the Five-Year Plan” imitiert Maurizio Cattelans skandalträchtiges Werk “La Nona Ora”: Anstelle des Papstes wird hier allerdings Teoctist, der Patriarch der orthodoxen Kirche Rumäniens, durch einen Meteroiteneinschlag getroffen.

Stencil Archiv Stefan Tiron und Vlad Nanca

Stefan Tiron und Vlad Nanca beschäftigen sich mit den subversiven Formen der urbanen Intervention und Kommunikation. Im Mittelpunkt stehen dabei die „Stencil“-Kulturen in verschiedenen rumänischen Städten. Die mittels Schablonen verbreiteten Graffiti kommentieren urbane Situationen, politische und gesellschaftliche Ereignisse und befragen alte wie neue Ideologien. Die auf Vlad Nancas Stencil-Archiv basierende Dokumentation untersucht dabei auch die Phänomene der Aneignung und Dekontextualisierung kultureller sowie subkultureller Zeichen und Ikonen.

e-Projekte Daniel García Andújar / Technologies To The People

Daniel García Andújar alias Technologies To The People präsentiert verschiedene e-Projekte, in denen es um die Werkzeuge und Praktiken eines enthierarchisierten Zugriffs auf neue Kommunikationstechnologien geht – und die zugleich kritische und partizipative Diskursräume schaffen. So ist 2001 beispielsweise das Internetforum „e-valencia.org“ als netzbasierte offene Kommunikationsplattform für eine kritische Auseinandersetzung mit der konservativen Kultur- und Stadtentwicklungspolitik in Valencia initiiert worden. Von Anfang an war e-valencia nicht nur ein netzbasiertes Kommunikationsforum, sondern zugleich der Katalysator einer Vielzahl höchst erfolgreicher kollektiver Aktionen und Interventionen im öffentlichen Raum, so dass das Forum zeitweise sogar ungewollt vom Netz genommen wurde.

Webforum: e-wac.org - electronic workspace for art and criticism http://www.e-wac.org

Im Rahmen von „On Difference“ entsteht das Webforum e-wac.org (electronic workspace for art and criticism), das die Arbeitsumgebung und Datenbank des Projektes darstellt und zugleich als langfristige offene Kommunikationsplattform zeitgenössischer Kultur und ihrer Kontexte angelegt ist.

Symposium: Lokale Kontexte – Hybride Räume

Über den öffentlichen Raum im Spannungsfeld zwischen Repräsentation, Marketing und offenen Handlungsräumen Zum Auftakt der Ausstellung „On Difference #1“ findet im Württembergischen Kunstverein vom 21. bis 22. Mai das gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung BW veranstaltete Symposion „Lokale Kontexte - Hybride Räume“ statt, das verschiedene Aspekte der Ausstellung aufgreift und vertieft. Hierzu werden VertreterInnen unterschiedlicher Disziplinen zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen. Anhand konkreter Beispiele aus unterschiedlichen Städten – Bukarest, Novi Sad, Berlin, Stuttgart, Valencia oder Kairo – setzt das Symposium an der Frage nach den historischen, politischen, sozialen und ökonomischen Implikationen von Architektur, Stadtentwicklung und Kommunikationstechnologien an. Der – reale wie virtuelle – öffentliche Raum soll im Spannungsfeld zwischen politischer Repräsentation, Marketing und subkulturellen Freiräumen untersucht werden.

Ein Projekt des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Württemberg im Rahmen der Ausstellung „On Difference #1“

Mit Beiträgen in englischer Sprache von: Álvaro de los Ángeles Rodriguéz, Valencia Sorin Antohi, Budapest Lara Baladi, Kairo Vega Bermejo, Valencia Friedrich von Borries, Berlin Yvonne P. Doderer, Stuttgart Misko Suvakovic, Belgrad Raluca Voinea, Bukarest Zelimir Zilnik, Belgrad Ana-Maria Zahariade, Bukarest

e-Lab. Workshop zu kreativen und kollektiven Umgangsformen mit neuen Technologien auf der Basis von Linux, Open Source und freier Software Leitung: Daniel García Andújar (in englischer Sprache)

Im Rahmen der Ausstellung „On Difference #1: Lokale Kontexte – Hybride Räume“ findet vom 23. - 29. Mai 2005, täglich von 11 - 17 Uhr, der e-lab-Workshop statt.

In dem vom Medienkünstler Daniel García Andújar (in englischer Sprache) geleiteten einwöchigen Workshop lernen die Teilnehmer, wie man auf der Basis des Betriebssystems Linux sowie von offener und freier Software aus alten ausrangierten Rechnern vernetzte, multimediale und multilinguale Arbeitsumgebungen bauen kann. Dabei wird sowohl in die Strukturen der Software als auch der Hardware eingegriffen. Überdies geht es um den Aufbau netzbasierter Datenbanksysteme und Webforen. Die Potenziale freier Software werden insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung und Verbreitung von Informationen bzw. Inhalten vermittelt.

Der Workshop richtet sich an Personen ab 17 Jahre. Spezielle Vorkenntnisse im Bereich der Computertechnologie werden nicht vorausgesetzt. Stattdessen sollten die Teilnehmer ein konkretes Interesse an der Kommunikation und Verbreitung von Inhalten haben.

Voraussetzung für die Teilnahme ist eine formlose Bewerbung, die beim Württembergischen Kunstverein (info@wkv-stuttgart.de; Fax: +49 (0)711 - 29 36 17; Schloßplatz 2, 70713 Stuttgart) einzureichen ist. Aus ihr sollte insbesondere das konkrete Interesse an dem Workshop hervorgehen. Da die Teilnehmerzahl beschränkt ist, werden aus den Bewerbungen 15 Teilnehmer ausgewählt.

Ein Projekt in Kooperation mit der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg

S y m p o s i u m 21. - 22. Mai 2005 mit: Alvaro de los Angeles, Sorin Antohi, Lara Baladi, Vega Bermejo, Friedrich von Borries, Yvonne P. Doderer, Misko Suvakovic, Raluca Voinea, Zelimir Zilnik, Ana-Maria Zahariade

W o r k s h o p e_lab 23. - 29. Mai 2005 Leitung: Daniel Garcia Andujar

V o r t r ä g e 21. Juni 2005, 20 Uhr Georg Schöllhammer: Die Zeitschrift der documenta 12 Srdjan Jovanovic Weiss: School of Missing Studies (englisch)

P r ä s e n t a t i o n e n 23. Juni 2005, 19:30 Uhr Utopiana, Visible Collective, Technologies To The People, u.a.

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On Difference #1 - Lokale Kontexte, Hybride Räume

Konzeption:
Hans D. Christ / Iris Dressler
in Kooperation mit Babak Afrassiabi / Nasrin Tabatabai, Daniel Garcia Andujar, Ciprian Muresan, Zoran Pantelic / Kristian Lukic, Dan Perjovschi & Lia Perjovschi, Lucien Samaha, Stefan Tiron / Vlad Nanca
Weitere Partner: Institut für Auslandsbeziehungen - ifa - Stuttgart-Berlin; Akademie Schloß Solitude, Stuttgart; Theater der Welt 2005; irational.org, Heinrich-Böll-Stiftung BW; Medien- und Filmgesellschaft BW; Filmförderung BW

KünstlerInnen:
Daniel Garcia Andujar, Apsolutno , Negar Azimi, Lara Baladi, Yto Barrada / Slavko Bogdanovic, Mirela Brezoi, Eduard Constantin, Stefan Constantinescu, Angela Detanico & Rafael Lain, Cedomir Drca, Duo van der Mixt, (3 Group, EastArt Map, Eastwood, Harun Farocki, Andrei Ujica / Luka Frelih, E((o Group, Ion Grigorescu, February Group, Fouad El Khoury / Ion Godeanu, Kod Group, Kod Group - (3 Group, Vladan Joler, Bahman Kiarostami, Katalin Ladik, Cezar Lazarescu, Mohsen Makhmalbaf, Mohammad Hassan Malekpour, Gelayol Mosaed, Nita Mocanu, Ciprian Muresan, Ioana Nemes, Zoran Pantelic, Kristian Lukic, Dan Perjovschi & Lia Perjovschi, Bogdanka Poznanovic, Walid Ra´ad, Mirko Radojicic, Alireza Rasouli-Nejad, Catalin Rulea, Maani Petgar, Cristian Pogacean, Lucien Samaha, Mihai Stanescu / Slobodan Tisma, Nasrin Tabatabai, Stefan Tiron, Vlad Nanca, Babak Afrassiabi, Attila Tordai S., Gabriela Vanga, Mircea Cantor, Tibor Varady, Akram Zaatari