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Mit seiner „Kunst der Nuance“ (P. Westheim, 1918) stand Otto Mueller (Liebau/Schlesien 1874 - 1930 Breslau) schon während seiner Mitgliedschaft bei der Dresdener Künstlergruppe >Brücke< (von Ende 1910 bis zu deren Auflösung Ende Mai 1913) etwas im Schatten der rund 10 Jahre jüngeren, wilderen, lautstärkeren und expressionistischeren Gründungsmitglieder Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff. Nicht sein flächig dekorativer Stil und das Sinnliche der Form „machten Mueller zu einem selbstverständlichen Mitglied von >Brücke< [sondern] die sinnliche Harmonie seines Lebens mit dem Werk.“ (E. L. Kirchner in >Chronik KG Brücke 1913< Otto Mueller, dem die Kritik schon 1910 „einen gewissen Esprit“ zubilligte, nahm als „Aristokrat im Geiste und als Prototyp des Künstlers“ (E. Troeger, 1949) demzufolge eine absolute Sonderstellung im Kreise seiner >Brücke<Kollegen ein: Das sanfte, edle und zurückhaltende Stille seiner lyrisch-poetischen Kunst steht ganz im Kontrast zu den impulsiven, farbkräftigen und formzertrümmernden Werken der „revolutionären Wilden“ (F. Marc, 1912) - mit denen er v. a. die Auffassung von „Kunst als Daseinsentwurf“ teilte, weshalb er in seinen leisen, unaufdringlichen Arbeiten sein persönliches „Leben und Erleben“ visualisieren konnte.

Die Abwendung vom akademischen Festhalten am Naturvorbild, verbunden mit einer tiefen Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, Einfachen und Unverbrauchten, nach Harmonie zwischen freien Menschen in freier Natur, ermöglichten dem „ewigen Träumer eines künstlerischen Paradieses“ (C. Glaser, 1928) die Gestaltung bis heute nachklingender „Hymnen auf die Seligkeit der menschlichen Kreaturen.“ (P. F. Schmidt, 1930)

Das Hauptziel seines stetigen künstlerischen Schaffens sah Otto Mueller, von 1919 bis zu seinem Tod 1930 Professor an der >Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe< in Breslau, v. a. darin, „mit größtmöglicher Einfachheit, Empfindungen von Landschaften und Menschen auszudrücken“ (O. Mueller, 1919), weshalb die zeitgenössische Kritik seiner höchst individuellen und wirkmächtigen >Kunst der Stille< attestierte, dass sie „ganz und gar erfüllt sei von der Poesie des Passiven und ganz der Ruhe des Zeitlosen hingegeben.“ (W. Wolfradt, 1928)

Da laut E. L. Kirchner „der Ursprung aller bildenden Kunst von Anfang an die sinnliche Lust am Gesehenen ist“, stand von Beginn seines künstlerischen Schaffens bis zu seinem frühen Tod das intensive Studium des sich ungezwungen in arkadischer Landschaft bewegenden Aktmodells im Mittelpunkt von Muellers sinnlich-erotischem Œuvre. Mit seiner „unmittelbaren und unverfälschten“ Wiedergabe freier, nackter junger Menschen, mit instinktiver Körpersprache, gelang es Mueller auf faszinierende Art und Weise, den harmonischen Einklang des frei agierenden Triebmenschen mit freier, von Zivilisation unberührter Natur, mit gedeckten Leim- und Aquarellfarben oder mit weichem Kreidestift auf Rupfen oder Papier zu bannen - womit er den Betrachter bis heute in seinen Bann zu ziehen vermag.

Otto Muellers „Blüten eines ewigen Frühlings, Offenbarungen aus dem sonnigen Hesperien“ (P. F. Schmidt, 1930), von Florian Karsch und von einem weiteren Privatsammler über Jahrzehnte liebevoll gesammelt und wissenschaftlich bearbeitet, werden erstmals in den neuen Bundesländern in einer rund 160 Werke umfassenden Retrospektive präsentiert, um die wiedererwachte Sehnsucht nach Schönheit und nach harmonischer Einheit von Kreatur und Natur mit Hilfe von Muellers unvergänglichem Œuvre befriedigen zu können.

Dr. Hans-Dieter Mück (Kurator der Ausstellung)

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Otto Mueller - Von der Leichtigkeit des Seins
Gemälde, Aquarelle, Farbkreide-Zeichnungen, Druckgraphik, Briefe
aus der Sammlung Karsch, Berlin, und aus einer Privatsammlung
Kurator: Hans-Dieter Mück