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Neringa Černiauskaitė (1984 in Klaipeda, Litauen) und Ugnius Gelguda (1977 in Vilnius, Litauen) arbeiten seit 2014 als Künstler_innenduo Pakui Hardware zusammen. Ihr Name leitet sich von Pakui, dem extrem schnellen Bediensteten der hawaiianischen Fruchtbarkeitsgöttin Haumea her, deren Kinder der Legende nach aus den unterschiedlichen Fragmenten ihres Körpers geboren wurden. Die auf Beschleunigung und Fragmentierung basierende Fruchtbarkeitssymbolik dieses Mythos wirft in Verbindung mit dem Begriff der Hardware die Frage auf, inwiefern in einer von technischem und ökonomischem Kalkül bestimmten und beschleunigten Welt weiterhin Mythen am Werk sind, die sich kontinuierlich erneuern oder sogar neu bilden.

Das Interesse von Pakui Hardware richtet sich insbesondere auf die enge Beziehung zwischen Technologie und Ökonomie. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Frage, wie sich unsere physisch-körperliche Realität verändert und die Trennlinie zwischen natürlicher und künstlicher Welt immer schwieriger zu ziehen ist. “In all our projects, we test the real vs. the fake or the real vs. the more real—in a sense that we attempt to create a specific twist where this distinction is troubled.” (Pakui Hardware).

Vanilleeis und Vanilla Eyes
Der Ausstellungstitel deutet auf künstliche Organe hin, enthält aber zugleich ein Wortspiel, das auf die Durchdringung von Natürlichem und Künstlichem, Realem und Fiktivem verweist. Die Herstellung künstlicher Aromen, wie etwa Vanille, bedeutet nicht nur wissenschaftlichen Fortschritt, sondern bedingt auch den Niedergang traditioneller Produktionsweisen und Gesellschaftsordnungen. „Still, this ‘modesty’ is altering reality as it might leave farmers without their main source of income—producing vanilla—in Mexico or Madagascar. However ‘innocent’ the current inventions and products of synthetic biology are, the instrument for enhancing and, finally, tailoring human beings has been invented and released into action. From vanilla ice to vanilla eyes?“ (Pakui Hardware)

Mit ihrer zweigeteilten Rauminstallation im mumok schaffen die beiden Künstler_innen auf Ebene –2 des mumok eine Art Laboratorium zur Erforschung und Kreation zukünftiger Organismen und Lebewesen. Aus einem öffentlich zugänglichen Präsentationsbereich können die Besucher_innen das Wachstum der noch unbekannten Spezies beobachten. Eine Schleuse zwischen den beiden Raumteilen deutet Durchlässigkeiten an und steht metaphorisch für die Verknüpfung realer Szenarien mit zukünftigen Visionen. Die historischen sowie zeitgeschichtlichen Bezüge für diese Arbeit liegen zum einen in Science Fiction-Filmen der Space Age Ära, wie The Andromeda Strain (1969), in dem es um die Bedrohung durch außerirdische Viren bzw. um deren Neutralisierung in unterirdisch angelegten Architekturen ging. Zum anderen bilden auch aktuelle Ereignisse, wie die von der amerikanischen Regierung beschlossenen Asteroid Acts, Anknüpfungspunkte. Darin wird der Abbau von Rohstoffen auf erdnahen Asteroiden durch den Einsatz von speziellen Bakterien für private Unternehmen freigegeben. Die Asteroid Acts eröffnen ein Zukunftsszenario in der Gegenwart, das die enge Verknüpfung von Kapitalinteressen und synthetischer Biologie offenlegt.

Pakui Hardware widmet sich Systemen und Programmen des Naturdesigns, die schon längst existieren und durchgeführt werden, um deren Mechanismen sichtbar zu machen. Mit seinen Arbeiten wendet sich das Künstler_innenpaar nicht einfach blauäugig gegen unaufhaltsame Entwicklungen, sondern sensibilisiert für Verborgenes, Verheimlichtes, Unheimliches, Unterschätztes, Verinnerlichtes oder Verdrängtes, um den Bezug zur Realität und zur Verantwortung ihr gegenüber wachzuhalten.

Kuratiert von Rainer Fuchs