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Pamela Rosenkranz
17 | 04 – 04 | 07 | 2021

»Was lässt uns fühlen, wie wir uns fühlen?«, fragt Pamela Rosenkranz. »Welchen Einfluss haben wissenschaftliche Erkenntnisse auf die Bedeutung des Menschseins und welchen die Neurowissenschaften auf unser Verständnis von Identität?« Manchmal dominiert Blau, Ultramarin wie bei Yves Klein – ein Farbton wie in ozeanischer Tiefe –, auch zartes, weich wirkendes Rosa verwendet Rosenkranz, ebenso leuchtendes Grün. Die Wände sind monochrom. Das sämige Licht strahlt aus LED-Leuchten. Der Boden spiegelt, er glitzert wie in Hautfarbe getauchtes Wasser. Farben und Dinge sind keine Abbilder, sie sind auch keine Darstellungen subjektiver Imaginationen oder purer Kontemplation. Abgeleitet aus wissenschaftlichen Erkenntnissen sind sie Illustrationen von chemischen Konstellationen. Stets ähneln sie der menschlichen Haut, der durchlässigen organischen Grenze zwischen innen und außen.

2015 gestaltet Pamela Rosenkranz den Schweizer Pavillon bei der Biennale in Venedig. Zu den diffusen Farben in Mintgrün und Babyrosa gesellt sich dort eine dumpfe Frauenstimme und ein leicht modriger Geruch, dessen Ursache verborgen bleibt. Die Räume zeigen keine erkennbar ausgewiesenen Kunstwerke. Die Leere verweist die Besucher*innen auf ihre Wahrnehmung und ihre eigene Erfahrung. Doch die sinnliche Gewissheit steht infrage. Denn der Geruch ist synthetisch hergestellter Moschus, je nach Intensität, wird er als anziehend oder abstoßend empfunden. Rosenkranz experimentiert mit Pharmazeutika, Farben und Materialien und deren Wirkung auf die Sinne, auf menschliches Be- und Empfinden. Welchen Einfluss haben synthetische Substanzen auf das Leben? Wie steht es um den Zusammenhang von Sexualität und Silikon? Rosenkranz forscht auf der Ebene von Molekülen. Seit 2009 befüllt sie kommerzielle Trinkwasserflaschen mit gefärbtem Silikon. Die Farben ergeben sich aus den unterschiedlichen Schattierungen der menschlichen Hautfarbe. Das Rosa ist ein Abbild eurozentrischer Klientel. Das Ideal der Moderne ist eine Illusion, der Humanismus steht infrage, auch Gene und Gewebe sind kontaminiert.

Für die 14. Biennale in Sharjah 2019 baut Pamela Rosenkranz eine Roboterschlange, die sich im Innenhof eines von Arkaden umfassten Gebäudes im heißen Sand schlängelt. Das Organische und Echte ist endgültig durch das Mechanische und Erfundene ersetzt. Das Kunsthaus Bregenz, die Leere und die stimmige Schlichtheit seiner Räume kommen Rosenkranz’ Werkideen entgegen. Nur der Begriff des authentischen Erlebens, von dem der Architekt ausgeht, wird durch Pamela Rosenkranz’ Forschung auf der Mikroebene der Sinne infrage gestellt.

Biografie Pamela Rosenkranz (geb. 1979 in Sils Maria, Schweiz) lebt und arbeitet in Zürich und in Zug. 2004 erhielt sie den Master of Fine Arts an der Hochschule der Künste Bern; außerdem studierte sie Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Zürich. Bereits während des Studiums erfuhr sie große internationale Beachtung. Zu ihren jüngsten Ausstellungen zählen: Alien Culture, GAMeC Bergamo (2017), IF THE SNAKE, Okayama Art Summit, Okayama (2019), Là où les eaux se mêlent, 15. Biennale de Lyon (2019), Leaving the Echo Chamber, 14. Sharjah Bienniale (2019) und Slight Agitation 2/4: Pamela Rosenkranz in der Fondazione Prada, Mailand (2017). 2015 vertrat Rosenkranz die Schweiz bei der Biennale in Venedig.