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Die Geschichte von Pandora – der Allbeschenkten, Allbegabten – ist die mythische Parallele zum biblischen Sündenfall. Die „Büchse“, der Krug, den sie öffnete, entließ die Plagen, die auf die Menschheit einströmten; das Ende des „Goldenen Zeitalters“ war damit gekommen. Am Rand des Gefäßes, so die Überlieferung, hielt sich allein die Hoffnung. Es gibt nicht viele Beispiele künstlerischer Auseinandersetzungen mit dem Thema. Vor allem die Symbolisten bearbeiteten es in ausladenden Sinnbildern. „Pandora Motel“ von Klaus Killisch und Mikael Eriksson gibt ein Bild der vollkommenen Säkularisierung der Ur-Erzählung vom Beginn der Zivilisation. Ein ideologisches oder religiöses Konstrukt der Sinnstiftung wird ebenso zu einer Station auf einer langen Reise wie dessen geistesgeschichtlicher Bedeutungswandel.

Klaus Killisch (1959) und Mikael Eriksson (1955) arbeiten seit fast zwanzig Jahren in enger Verbindung miteinander. Sie haben gemeinsame Klangprojekte realisiert, aber zuvor noch nie zusammen ausgestellt. Sie sind also alles andere als ein „Künstlerpaar“. Eher errichten sie gemeinsam so etwas wie ein Energiefeld mit zwei unterschiedlichen Polen. „Pandora Motel“ als Ausstellung ist auch das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob es ein „sacrum“ in der profanen Bilderwelt dieser Tage geben könne.

Klaus Killisch und Mikael Eriksson sind sich das erste Mal 1988 in Ostberlin begegnet. Beide sind Maler, der eine absolvierte von 1981 bis 1986 das Studium der Malerei in Berlin, der andere studierte in den 1970er-Jahren Malerei in Vancouver und Philosophie in Stockholm. Zum Zeitpunkt ihres Aufeinandertreffens fanden sich in beider Werk reich strukturierte, expressive, meist figurative Bilder. Inzwischen ist vieles anders geworden.

Klaus Killisch interessiert sich für alles, was unablässig auf die zeitgenössische Malerei einströmt und doch oft nur oberflächlich reflektiert wird: Literatur, Kunstgeschichte, Popmusik und Modefotografie. Auf seinen teils großformatigen Bildern verhandelt er das Repertoire der abendländischen Kulturgeschichte ebenso wie die Bildmarken unserer Gegenwart – und macht dabei die Oberfläche zum eigentlichen Thema. Spielerisch collagiert Killisch grob gerasterte Fotomotive von Ikonen der Mode- und Filmindustrie, gewaltige Frisuren, heimelige Interieurs und ornamentale Accessoires zu neuen raumgreifenden Sinneinheiten, kombiniert mit Plattencovers und den glänzenden Kreisformen der Scheiben selbst.

Mikael Eriksson arbeitet seit mehreren Jahren an dem Projekt PAINTIN’. Er nutzt dabei das Medium des Computers, um einige der fundamentalen Bausteine der Malerei zu untersuchen: Linie, Streifen, Raster, Bewegung, Farbe, Hintergrund. Ihn interessiert der Schnittpunkt des Übertritts von der Nichtfiguration zur Figuration und umgekehrt. In der filmischen Weiterentwicklung beschäftigt Eriksson die Frage, wie sich eine einfache Information bzw. ein einfaches Bild durch die Reproduktion und deren zufällige Ungenauigkeiten, Verzerrungen und Mutationen verändert und durch Überlagerungen in ein komplizierteres, mitunter illusionistisches Bild verwandelt. Am Ende steht die Wiederaufnahme von Erfahrenem, Erinnertem, also Figurativem in das visuelle Material als eine Form persönlicher Schöpfungsgeschichte der Malerei in ihrem fortwährenden Kreisen um die Archetypen des Bildnerischen.

Killisch und Eriksson haben die Guardini Galerie als einen Raum inszeniert, der die Relativität modernen Bilderglaubens durch Bilder zur Erfahrung bringt. In dem Paradox, das sie derart vor Augen führen, verbirgt sich das, was hinter den Oberflächen zum Vorschein kommen könnte – wenn wir, wie Pandora den Deckel vom Gefäß, irgendwo in einem Motel an einem tristen Abend die Tapete von den Wänden reißen würden.

Eröffnung: Dienstag, 27. November 2007, 19 Uhr Finissage: Dienstag, 15. Januar 2008, 19 Uhr Aris Fioretos, Jan Wagner u.a. lesen Texte zum PANDORA MOTEL

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Pandora MOTEL
Klaus Killisch, Mikael Eriksson