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Auf der Suche nach dem Ich oder der Eigenwelt der Darstellungsmittel hat sich der Künstler der Moderne überwiegend in subjektiven Ausdrucksformen erprobt. Der Künstler des 21. Jahrhunderts ist auf der Suche nach der Welt an sich. Ihm geht es um das Begreifen, Erfassen und Erforschen von Umwelt und Umgebung, nicht mehr allein um Introspektion und Selbsterschließung. Als neue Referenzrahmen treten in diesem Kontext soziale Systeme, aber auch wissenschaftliche Strukturen und Forschungsmethoden in Erscheinung. Sie dienen der Aneignung und Archivierung, Dokumentation und Interpretation globaler und regionaler Phänomene in Natur, Kultur und Zivilisationslandschaft. Die Verschränkung von Kunst und Wissenschaft, gepaart mit der Anwendung neuer Technologien entfaltet neue Perspektiven auf unsere Herkunft und Zukunft.

Unter dem Titel Paradise Lost zeigt die Ausstellung in Kunsthalle und Museum Villa Rot in einer diskursiven Gegenüberstellung ausgewählte künstlerische Positionen zu zwei Themenbereichen, die Gefährdung und Wandel, Schutz und Pflege der Schöpfung in den Fokus der Betrachtung stellen. Einerseits wird ein Einblick in künstlerische Konzepte präsentiert, die mit wissenschaftlicher Sorgfalt die große Artenvielfalt der Ökosysteme beobachten und fiktive Projekte zur musealen Konservierung einer Natur entwickeln, die zwischen latenter Bedrohung und subtilem Wandel oszilliert. Andererseits werden die Konsequenzen zivilisatorischen Handelns auf unsere Umwelt fokussiert. So befassen sich diverse Künstlerinnen und Künstler in Fotografie, Film, Objekt, Installation und Animation mit physischen und psychischen Ausnahmezuständen sowie den veränderten Alltagsgewohnheiten an jenen Orten, die durch radioaktive Verstrahlung ihre ursprünglichen sozialen, ökonomischen und ökologischen Ordnungssysteme verloren haben.

Anlass für das Ausstellungprojekt sind die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl vom 26. April 1986, das sich in diesem Jahr zum 30. Mal gejährt hat, sowie das erst fünf Jahre zurückliegende Unglück von Fukushima vom 11. März 2011.