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Unter dem Ausstellungstitel ‚Fluid Pictures‘ zeigt die Emmanuel Walderdorff Galerie erstmals in einer Einzelausstellung Arbeiten des slowakischen Künstlers Patrik Kovačovský. Kovačovský begegnet der heutigen, medial geprägten Situation des Bildes mit einer komplexen skulpturalen Strategie, die sowohl Bildhaftes in einen plastischen Zustand überführt als auch die Plastik in einen filmischen Zusammenhang stellt. Kunstgattungen wie Installation, Objekt, Malerei oder Film sind im seinem Werk zwar sämtlich vorhanden, jedoch ineinander verwoben und voneinander kaum abzugrenzen. In diesem raffinierten System scheinbar disparater Formalien findet Kovačovský zu einer sehr persönlichen und präzisen Sprache, in welcher das Beiläufige gleichberechtigt neben dem Monumentalen steht und die stets vom Verhältnis des Selbst zu Raum und Zeit erzählt.

Das raumfüllende Objekt ‚Flight‘ (2006) gehört zu einer Reihe von Arbeiten des Künstlers, in denen das Motiv des Fliegens, mal im Sinne der Sehnsucht zu fliegen, mal in konstruktiv aviatischem Sinne wiederkehrt. Zwei unterschiedlich große, utopisch weiße Kugeln, die durch ein Wurmloch miteinander verbunden oder auch verwachsen sind, lassen an einen ballonähnlichen Flugkörper denken. Mit Seilen ist dieser hermetische Doppelballon an den Boden verankert, was die Leichtigkeit des Objekts unterstreicht und uns überdies seine Flugtauglichkeit suggeriert. Aus dem Objektinneren wird die Situation durch die Projektion einer flaggenden menschlichen Silhouette belebt: eine anonyme und permanent Signale sendende Person, eingeschlossen in die kugelförmigen Membrane eines eigenwilligen Luftschiffes. Wie überhaupt spielt in den Plastiken Kovačovskýs der Einschluss (und ‚Einschluss‘ ist hier durchaus in mineralologischem Sinn zu verstehen) eine bedeutende Rolle. Augenfällig ist das vor allem in einer Reihe von Arbeiten, in denen Edelgestein oder Vergoldetes, aber auch Wertgegenstände des Alltags (wie zum Beispiel Kamera oder Laptop) in Kunstharz eingegossen sind. Was zum Greifen nah erscheint ist doch ein für allemal unbrauchbar, in unerreichbare Ferne entrückt: eine einfache, aber effektive Maßnahme zur Neubewertung kommerzieller Fetische und zur gleichen Zeit eine überfällige Ergänzung der Readymade-Idee Marcel Duchamps. Das objet trouvé, sei es wertlos oder kostbar, gerät in die Nähe des naturkundlichen Präparates und fungiert als Ankerpunkt in einer bereits historischen Vergangenheit. Das Kunstharz hingegen wirkt wie seine substanzgewordene, kristallisierte Geschichte. Geradezu alchemistisch - und das lässt sich auf sämtliche Arbeiten Kovačovskýs übertragen - wird hier sowohl die räumliche Situation in eine zeitliche umgewandelt, als auch umgekehrt: das Zeitliche in eine konkrete plastische Dimension überführt.

Seinen Arbeiten misst der Künstler zwar eine natürliche Autonomie bei, arrangiert sie jedoch scheinbar spielerisch immer wieder zu Ensembles und Installationen, in welchen sie zueinander in Bezug geraten und diverse Erzählungen und Traktate bilden. Doch sind nicht nur die Kontextualisierungen der Arbeiten untereinander von Bedeutung, sondern auch die der künstlerischen Genres, die sich nicht nur vermischen sondern sich möglichst vollständig in die bildhauerische Idee einordnen: Was sich also als Malerei, Zeichnung oder Film zeigt, will vor allem unter den Prämissen des Raumes verstanden werden.- Da innerhalb dieses Konzeptes die klassischen zweidimensionalen Gattungen doch zahlreich vertreten sind, überrascht es nicht, dass dies gleichwohl mit einem dezidierten Bildbegriff einhergeht. Ebensowenig überrascht, dass dieser Bildbegriff kaum in klassischen Kategorien wie Illusion oder Komposition denkt. Mal sind es magnetische Bildelemente, die sich beliebig platzieren lassen, mal ist das Bild gemalt, mal eine Überarbeitung historischer Bildquellen wie Filmwerbung, Zeitschriften, Geldnoten oder Landkarten. Bei Kovačovský ist das Bild weder eine bewährte noch eine verlässliche Instanz. Viel eher interessiert es ihn als Träger von Erinnerung und Mythos oder als geistige Projektion, als versiegelte Zeit.

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Patrik Kovacovsky
Fluid Pictures