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Unterstützt durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und die Stadt Weimar.

Die Ausstellung Pause the Pulse: Portrait of Accra schafft in 100 Momentaufnah-men aus Malerei, Installation, Performance, Foto, Film und Objektkunst aus der Per-spektive von 10 zeitgenössischen Künstlern aus Accra ein aktuelles, kritisches, ka-leidoskopisches Stadtporträt, das sich mit den Visionen und Defiziten der pulsierenden, facettenreichen ghanaischen Viermillionenmetropole an der afrikanischen Atlan-tikküste, mit der sozialen Verantwortung und den Möglichkeiten des Künstlers in sei-ner Heimatstadt sowie dem Potenzial von Kultur und Kunst als netzwerkförderlichem Verständigungswerkzeug auseinandersetzt. Inwieweit realisiert der Künstler, dass er als gesellschaftsverändernd Aktiver die Handlung im sozialen Organismus der Stadt als modellierfähigem und formbarem Gebilde, das visuell, haptisch, akustisch und thermisch erfahrbar ist, übernehmen kann, und dass man dafür keine Erlaubnis braucht? Auf welche Art analysiert, diagnostiziert, konserviert der Künstler das We-sen seiner Stadt, nimmt ihr Alltagsleben auf Straßen und Plätzen, in den Nachbar-schaften der Wohnviertel und in den Hütten und Palästen der Familien wahr? Welche Bezüge sucht und findet der Künstler zu Accra, jenem Schmelztiegel beinahe aller in Ghana vertretenen Ethnien, wenn es darum geht, dessen Puls vorübergehend zu unterbrechen («to pause the pulse»), zu stoppen, einzufrieren, auszusetzen, einzufangen? Wie hält er Veränderungen, Entwicklungen, Unstimmigkeiten, Probleme, Widersprüche und Dissens im urbanen Verhandlungsraum zwischen den Gated Communities in Trasacco Valley, muslimischen Communities und der Vorhölle So-dom und Gomorrha, zwischen Tro-Tro-Fahrt, Straßenhandel und Highlifemusik, zwischen George-W.-Bush-Motorway, Akumajay Community Park Jamestown und Sklavenburgen am Atlantik fest? Wie fokussiert, dokumentiert, fixiert, reflektiert, verkör-pert er seine Eindrücke? «Zeitgenössische Künstler sind in Ghana unsichtbar», meint die Kulturmanagerin Korkor Amarteifio aus Accra. Dies führt dazu, dass sie sich verschließen und verzweifeln oder nur noch für einen kleinen Markt produzieren, ins Ausland gehen, oder sich, so gut es geht, arrangieren und ihr Schicksal im Hinblick auf einen organisatorisch-infrastrukturellen Überbau selbst in die Hand nehmen. Ghana ist ein Land, in dem Kultur politisch wahrgenommen und diskutiert, aber aufgrund anderer Prioritäten (Armutsbekämpfung) kaum vom Staat politisch wirksam gefördert und finanziert wird. Daran ändert auch das seit 2006 bestehende Ministeri-um für traditionelle Autoritäten («Chieftaincy und Culture») und die 2004 verabschiedete «Nationale Kulturpolitik» nichts, die den tourismusfördernden Erhalt des kulturellen Erbes festschreiben und das Thema Gegenwartskultur unterrepräsentiert lassen – ein Dilemma, dem die Ausstellung entgegenwirkt. Über einen dreitägigen, vom Goethe-Institut und der Alliance Française Accra organisierten Workshop zum Thema «Accra – auf dem Weg zur Kulturstadt?» mit 40 Kulturschaffenden und Künstlern sollten bereits vom 29. bis 31.10.2008 Möglichkeiten ausgelotet werden, die zerfa-serte kulturelle Infrastruktur vor dem Hintergrund der drei europäischen Kulturhaupt-städte Weimar, Marseille und Linz durch ein produktives Netzwerk zu verbessern. Der letzte Tag des Symposiums war der praktischen Erarbeitung von Vorschlägen gewidmet. Dies führte zur Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe durch die Teilnehmer: Accra CAN – Accra Cultural and Arts Network. Dort wurde vom Vertreter Weimars und der ACC Galerie, Frank Motz, der Vorschlag unterbreitet, mit einer Ausstellung zeitgenössischer Kunst aus Accra in Deutschland einen Beitrag des Aus-tauschs, auch für unser besseres Verständnis für urbane Räume in Afrika, zu leisten. 2009 in einen Verein überführt, traf Accra CAN die Entscheidung, sich intensiver mit der städtischen Kulturpolitik, der Identifizierung wichtiger touristischer Schwerpunkte und architektonisch interessanter Gebäude und der Erstellung eines Kulturstadtplans zu befassen. Accra CAN ist ein Projekt zur besseren Vernetzung kultureller Initiativen in Accra und entwickelt sich zu einer wichtigen Plattform des kulturellen Dialogs. Der umtriebige, mit der Kunst verschworene, in Accra lebende Maler, Fotograf und Bildhauer Kofi Setordji (*1957), Gründer und Betreiber des ArtHAUS «Art is life» mit privatem, selbst finanziertem Atelierprogramm und Druckwerkstatt in Agbogba am Nordrand Accras, seit 2009 mit Odile Agyare auch Gründer und Betreiber der Nubuke (Morgenrot) Foundation im Stadtteil East Legon, wurde weltweit spätestens mit seiner Installation «Genocide» als Reaktion auf den Völkermord in Ruanda bekannt. Er möchte demnächst auch ein Gegenwartskunstmuseum aufbauen, hat in Afrika wie Europa jahrzehntelang Erfahrungen als Künstler wie Kurator gesammelt, ist in der Künstlergemeinde Accras anerkannt, mit der Kunstlandschaft Accras bestens vertraut und agiert als Co-Kurator der Ausstellung.

Kofi Agorsor Kofi Agorsor begann seine Karriere als Zeichenmaler, der Häuser, Autos und Kiosks mit Reklamebildern anmalte. Später folgte eine Kunstausbildung an der Ankle School of Art in Accra. Aus seiner Sicht gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Zeichenschreiben und dem Malen, weil der Zeichenmaler nicht eingebunden ist in Konzepte und den ihnen zugrunde liegenden Ideen, während ein Maler etwas schöpfen kann, seine Gefühle in ein Gemälde übersetzt. Kofis Talent ist lebhaft und original. In seinem relativ kurzen Arbeitsleben hat er traditionelle Themen in einer komplizierten, farbenfrohen Sprache untersucht, die ans Abstrakte grenzt und deren Wirkung durch feinsinnige Berührungen mit Ironie und Musik noch gesteigert wird. Seine Sprache ist so erfindungsreich wie souverän. Während andere westafrikani-sche Maler selbst Subjekte des überwältigenden kulturellen Gepäcks der Region bleiben, lässt sich Kofi dadurch nicht belasten. Stattdessen bricht er auf, um etwas anzuregen, umzustürzen, um Gedanken auszulösen. Kofi, so scheint es, hat Freude daran, für Aufruhr zu sorgen. Seine früheren Arbeiten zeigen häufig die Energie des Fischfangs, die Reibung des Tanzes. Nie statisch, noch ein entfernter Beobachter eines uralten Szenarios, führt er seine eigene lebhafte, explosive Präsenz fort in dem, was er sieht. Seine Jugend und Zuversicht lassen vermuten, dass ein schwungvoll-gewagter Straßenverlauf vor ihm liegt. Derzeit malt er Vollzeit. Kofi ist ein gewandter Künstler – er malt mit beiden Händen und ist ein erfolgreicher Musiker und Tänzer. Nach unserem halbstündigen Gespräch über Gott und die Welt reißt er urplötzlich Frau und Kinder mit sich nach draußen auf den Hof, setzt sich ans Xylo-phon, die Kinder an die Trommeln, die Session startet, die Frau bleibt stehen und singt dazu. Er hat nicht weniger als vier Kinder adoptiert: „Kinder täuschen nichts vor, ich liebe Kinder.“ Zwischenzeitlich, meint er, arbeitet er noch auf einer Ananasplantage in der Volta-Region. Seine Arbeiten werden weltweit gesammelt und in einigen Ländern ausgestellt, unter ihnen Italien, die USA und Südafrika.

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Pause the Pulse
Portrait of Accra

Künstler: Kofi Agorsor, Akirash , Bernard Akoi-Jackson, Tei Mensah Huagie, Akwele Suma Glory, Galle Winston Kofi Dawson, Jennifer Opare-Ankrah, Kwadwo Ani, Larry Otoo, Nii Obodai