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Vernissage Donnerstag, 6. November 2014, 18 – 20 Uhr

Per Mårtenssons zweite Ausstellung in unserer Galerie dreht sich um Abstraktionen aus der Architektur. Inspiriert von Ansichten aus dem städtischen Raum seiner Heimat Malmö nahm er Bilder von Aufzugtüren und zerbrochenen Fensterscheiben zur Vorlage für Gemälde, die zum einen konstruktivistische Abstraktion imitieren, zum anderen durchaus realistische Darstellungen von Oberflächen aus Edelstahl bilden. So abstrakt beide auch erscheinen mögen, beruhen sie doch auf vorgefundenen Strukturen. Wie in seiner vorigen Ausstellung bleibt für die Fensterscheiben die Farbpalette auf Schwarz und Weiss beschränkt und erinnert so an seine frühere Gemäldeserie mit Jalousien. Aus dem Kontext herausgelöst, wirken die Bilder abstrakt, doch ihre Botschaften dringen durch.

Die drei neuen Werkreihen – zerbrochene Fensterscheiben, Aufzugtüren, Blendschutzmasken – nutzen drei verschiedene Sprachen der Malerei und rücken unterschiedliche Eigenschaften von Oberflächen in den Mittelpunkt. Die Dichotomie zwischen offener und versperrter Sicht wird ebenso dargestellt wie die Spiegelung. Ein Schaufenster ist durchsichtig und gewährt Passanten unmittelbaren Einblick in das dahinterliegende Interieur. Ein Blendschutz oder eine Aufzugtür hingegen ist eine Barriere, die klare Sicht und unmittelbaren Zugang versagt, den öffentlichen Blick ausschliesst. Eine neue Ansicht wartet in der Aufzugkabine, eine weitere beim Erreichen der Zieletage. Die Aufzugtüren versperren den unmittelbaren Zutritt zu einer Geschäfts- oder Privatsphäre, gestatten während der Fahrt aber einen Augenblick des Nachdenkens und das Vorbereiten des eigenen Ein- bzw. Auftritts. Der Blendschutz wiederum erlaubt den Blick nur in eine Richtung und reflektiert die Farben der gebogenen Folie aus Polycarbonat. Die Transparenz der einen Oberfläche erlaubt Kommunikation und visuellen Kontakt mit einem dahinterliegenden Innenraum, während der getönte Blendschutz und massive Stahltüren – mehr oder weniger klar – Spiegelungen des Betrachters selbst zeigen.

Das Ergebnis zersprungener Glasscheiben wird durch das Klebeband dargestellt, das die Scherben sichert und den Blick fragmentiert. Die Breiten des Bandes variieren, je nachdem ob das Band von einem Reparaturbetrieb stammt oder polizeilichen Massnahmen dient. Die Brüche in den Scheiben diktieren die Muster. Die Motivation für die Kompositionen ist nicht Ausgewogenheit, sondern allein die Funktion: Das Klebeband soll das Glas zusammenhalten, bis es ersetzt wird. Die Wiedergabe als gerade, schwarze Linien in Acryl auf weissgrundierter, synthetischer Leinwand spielt mit geometrischer Abstraktion, obwohl der Ursprung im vandalisierenden Setzen von Zeichen liegt.

Die realistischen Ölgemälde von Aufzugtüren aus rostfreiem Stahl sind niedrig gehängt, um an die tatsächliche Funktion ihres Gegenstands zu erinnern. Sie sind als Diptychen angelegt: Zwei verbundene Tafeln bilden die Türen eines Aufzugs nach und fügen den Werken skulpturale Eigenschaften hinzu. Die neutrale Oberfläche verändert sich je nach Lichteinfall und kann zu einem Spiegel werden. Abstrakter betrachtet, kann sie uns an einen abendlichen Horizont am Meer im warmen Schein des Mondes erinnern. Da die Bezugspunkte fehlen, übernimmt die Vorstellungskraft. Das Innere kann zum Äusseren werden.

Der schwedische Künstler Per Mårtensson (* 1969) lebt und arbeitet in Malmö, wo er 2012 für das neu errichtete Einkaufszentrum Emporia ein Aussenwandbild von 20 x 114 m geschaffen hat. Seine Arbeiten sind nicht nur Teil der Sammlungen des Göteborgs Konstmuseum, des Malmö Konstmuseum, des Moderna Museet Stockholm, Region Skåne, Stockholms Konst und der Colección Jumex, Mexiko-Stadt, sondern befinden sich auch im Privatund Firmenbesitz in Österreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, Island, Mexiko, Schweden, dem Vereinigten Königreich, den USA und der Schweiz. 2014 erhielt Per Mårtensson das William-Nordings-Stipendium der Stockholmer Kunstakademie.