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Der englische Künstler Peter Peri (*1971, London) hat für seine aktuelle Einzelausstellung Country 10 in der Kunsthalle Basel neue Bilder, Zeichnungen und einen Film entwickelt. Der Titel leitet sich von der Szene des Zehnten Landes der futuristischen russischen Avantgarde-Oper Sieg über die Sonne (1913) ab. Es ist ein Ort, an dem totale Finsternis herrscht, da die Sonne in einen Bunker gesperrt wurde und beschreibt damit den Wunsch nach einem radikalen Neuanfang und gleichzeitig eine Dystopie. Das Moment des Kippens zwischen dem positivistischen Fortschrittsglauben der Moderne und seinen Abgründen, wie es auch die Science-Fiction Autoren H. G. Wells und H. P. Lovecraft um 1900 in der Idee einer zeitlichen Spaltung und eines horrifizierten Raumes der Zukunft aufgenommen haben, ist eines der Themen, die Peri interessieren.

Peri präsentiert Bilder, die sich in ihren Titeln wie Madeloc (2006), Hostage City (2006) oder Greenville (2006) auf reale oder fiktive, bewohnte oder verlassene Orte beziehen, in welchen immer schon etwas Bedrohliches zu lauern scheint. Eine ähnliche Erfahrung der Desorientierung eröffnet sich auch in Peris Bildern selbst: In Head Hunter (2006) oder Poor Thing (2006) scheinen die Raster einem geheimen System zu folgen, dessen Anordnung nicht entschlüsselbar bleibt. Bestehend aus gitterartigen Linienstrukturen, rudimentär gezeichneten architektonischen Räumen, Kreisen und illusionistischen Kugeln, die in den tiefschwarzen Bildräumen schweben, zoomen die Bilder auf mikro- oder makroskopischen Ebenen hin und her, als hätten sie wissenschaftliche Modelle von Atomen oder Darstellungen des Weltraumes zur Vorlage. Da uns jedoch jeglicher Grössenmasstab fehlt, stören die Strukturen unseren Blick und der angedeutete unendliche schwarze Raum wird durch die raffinierte Materialität der Farbe immer wieder auf die Bildoberfläche zurückgebunden.

Im Gegensatz dazu zeigen Peris Zeichnungen mit haarfeinen und exakten Bleistiftstrichen realistisch figurierte Motive, wie die archaisch und zugleich futuristisch wirkenden Architekturen in Country of the Blind (2006) und The Metropolis and the Mental Life (2006) oder liturgische Objekte des Katholizismus wie in Sun Monstrance. Eine subversive Qualität entfaltet sich in diesen Arbeiten auf ganz andere Weise, was nicht nur in der Wahl der Motive liegt – Peri bezieht sich zum Teil auf Bildelemente von Hieronymus Bosch und Albrecht Dürer – sondern auch in den vielfach gezogenen, verschlungenen Linien und Ornamenten, welche die Flächen der Objekte ausfüllen und deren äussere Konturen zersetzen und auflösen.

Die Ausstellung Country 10 beinhaltet auch den Film 28B Camden Street (2006), der auf einem Monitor gezeigt wird. Peri hat eine Sequenz aus einem Dokumentationsfilm von David Gladwell, der Mitte der 1960er Jahre auf BBC ausgestrahlt wurde, neu editiert. Die Filmschleife zeigt den gross angelegten Abriss von Häusern aus dem 19. Jahrhundert im londoner Stadtteil Camden, die während des 2. Weltkriegs zum Teil beschädigt wurden und deren endgültige Zerstörung nun neu geplanten Sozialwohnblöcken Platz machen sollten. Nach dem Krieg arbeiteten in den Häuser eine Anzahl von Künstlern und in den Schwarz-Weiss-Bildern des Films sind diese zu sehen, wie sie ihre Ateliers räumen, während Bagger und Arbeiter bereits die Häuser niederreissen. Feuer brennen auf den Geröllhalden und der Staub der einbrechenden Mauern verdunkeln die Bilder. Die chaotisch und unstrukturiert ablaufenden Abbrucharbeiten hinterlassen schliesslich einen verwüsteten Ort: Auch in der 28B Camden Street scheint das Zehnte Land anwesend zu sein.

Peter Peri lebt und arbeitet in seiner Heimatstadt London und war unter anderem in Einzelausstellungen 2005 und 2004 in der Counter Gallery, London und in den Gruppenausstellungen How To Improve The World, 2006 in der Hayward Gallery, London, in Motion on Paper, 2006 bei Ben Brown Fine Arts London, in We Disagree, 2005 in der Andrew Kreps Gallery & Wrong Gallery, New York und in East End Academy, 2004 in der Whitechapel Art Gallery, London zu sehen.

Zur Ausstellung wird ein Katalog beim Schwabe Verlag erscheinen, mit Texten von Martin Herbert, Simone Neuenschwander und Adam Szymczyk (72 S.; 32 Abb.).

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