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Der Titel von Rösels Intervention auf unserem Museumsplatz führt in die Welt von Kindheit und Märchen. Das grundlegende Interesse des in Berlin lebenden Künstlers (geb. 1966) zielt dabei auf diese vom Menschen geschaffenen Konstruktionen. Ein Beispiel: Die Idee, dass der Teufel eine Großmutter hat, legitimiert seine satanische Existenz. Denn wo eine Großmutter ist, da muß auch ein Enkel sein. Tom Sawyer, Protagonist des Jugendbuch-Klassikers von Mark Twain, verkörpert den herzensguten Jungen, der es faustdick hinter den Ohren hat und ein gefürchteter Pirat werden will. Eine Episode erzählt, wie er eines Tages den Gartenzaun seiner Tante streichen muss, und ihm die Welt hohl und leer erscheint, bis er eine grandiose Eingebung hat. Als Toms Kameraden ihn ob der Fron verspotten, gibt er vor, es bereite ihm außerordentliche Freude, den Zaun zu streichen, was immerhin nicht jeder Junge dürfe und könne. Seine Taktik geht auf: den Freunden erscheint die Arbeit so begehrenswert, dass sie geradezu betteln, sie an seiner Stelle ausführen zu dürfen. Freiwillig verrichtet wird die Arbeit zum Spiel. Für „Tom Saywer und seine Großmutter“ hat der Künstler drei miteinander in Beziehung stehende Werke kombiniert. Auf dem Fußboden ist ein aus Jägerzaunlatten gebauter Kreis aufgestellt, dessen Höhe sich zu den beiden Durchgängen hin jeweils sukzessive verringert. Je kürzer die Enden werden, desto weniger erinnern sie an den genormten, mit dem Klischee der spießiger Schrebergarten-Idylle verbundenen Jägerzaun. Innerhalb der Eingrenzung ist eine Vitrine platziert, in der aus eroti-schen Zeitschriftenseiten gefaltetes Papierschiffchen auf der Oberfläche eines blauen Plastiksacks treiben. Wie bei den Collagen von Kurt Schwitters, in die häufig beziehungsreiche Wortfragmente eingefügt sind, ist auf einem der Schiffchen der Schriftzug »Brig« sichtbar geblieben. Das Szenario ruft eine komplexe Gegenwelt aus exotischen (Fernweh-) Träumen und Sehnsüchten auf, die im schützenden wie ausgrenzenden ›privaten‹ Innenraum verankert ist und gleichzeitig imaginär aus ihm herausführt. Eine archaisch anmutende Figur, deren kantige Form und Bemalung auf die massiven Betonwände des Platzes reagiert, steht als Antipode außerhalb des hölzernen Runds frei im Raum. Ein handelt sich um ein Werk der sogenannten »Street Art«, das Rösel auf seinen Streifzügen entdeckt und detailgetreu - wenn auch mit anderen Materialien - kopiert hat. Der wie eine erhobene Peitsche nach oben ragende »Stacheldraht« kontrastiert aggressiv den niedrigen, ›gemütlich‹ wirkenden Jägerzaun. Pressetext

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Peter Rösel - Tom Sawyer, der Teufel und seine Großmutter
Interventionen 34