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Eröffnung: 30.08.2008; 11 – 18h

Wie sehr die Zeichnungen Peter Torps eine Inszenierung von Sprache sind, wird bereits im Wortspiel des Ausstellungstitels Track’s Tat deutlich, der wie eine Ironisierung des Titels der eigentlichen Motivgrundlage erscheint, dem Tractatus locigo-philosophicus, den Ludwig Wittgenstein bis 1918 verfasst und 1921 als seine einzige Publikation noch zu Lebzeiten veröffentlicht. Eine handelnde Comic-Figur wird das „banale“ Pendant zu dem im Deutschen meist in der Kurzform benannten Traktat, den philosophischen Abhandlungen Wittgensteins.

Nachdem Peter Torp bereits über John von Neumann mit Heidegger und Nietzsche-Zitaten gearbeitet hat, konzentriert sich der Berliner Künstler in seinen neuesten gezeichneten Bilderrätseln auf Ludwig Wittgenstein, dessen sprachphilosophische Überlegungen die Theorie des Satzes fokussieren, wobei er dessen Sinngehalt strengen Regeln unterwirft. In seinem Vorwort schreibt Wittgenstein: „Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“ Nach Wittgensteins Gesetzten der Logik sind die Sachverhalte, die sinnvoll ausgedrückt werden können aufgrund einer begrenzten Anzahl zu Verfügung stehender Symbol-Bild-Beziehungen begrenzt.

Was in den Zeichnungen Torps als „Buchstabengetümmel“ auf den ersten Blick wie ein bewusst ungeordnetes Konterkarrieren dieser Limitationen Wittgensteins erscheint, folgt tatsächlich einem eigenen vergleichbar strengen System, das jedoch weder als Auseinandersetzung noch als Herausforderung der Thesen Wittgensteins zu verstehen ist und einen eigenen, nicht notwendigerweise auf Wittgenstein Bezug nehmenden Sinn ergibt. Zwar an dessen Werk interessiert, trifft Torp eine bewusste Auswahl aus den im Traktat nummerierten Sätzen, befreit diese aus ihrem strengen Reglement, aber nur um sie in einem aufwendigen, oft monatelangen Transkribierungsverfahren in sein eigenes Zeichensystem zu überführen. Dabei verschlüsselt der neu entstandene Satz das Ausgangszitat, das, folgt man Torps Pfeilsystem des Buchstabenaustausches sowie der Wortbrücken und -trennungen, wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden kann.

Grundlage für die bildbestimmenden, illustrativen Zeichnungen sind jedoch die neu entstandenen Sätze, deren Aussagegehalt im weitesten Sinne die Bildwelt Peter Torps inspiriert. Von jeglichen Zwängen befreit, lässt er seiner Phantasie nun freien Lauf, so dass comicartige und anekdotenhafte Figurenkonstellationen zwischen Witz, Groteske und scheinbar sachlichem Bildgehalt oszillieren und in diesem Kosmos auch der Titelgeber Track zu seinem, wenn auch versteckten, Auftritt kommt. Verzichtet man auf die Entschlüsselung formiert sich in Anbetracht der Basisinformation Wittgenstein und dem narrativen Bildvokabular ein amüsantes Gegensatzpaar von philosophischem Weltverständnis und unterhaltsamer Phantasiewelt.

Folgt Torp damit einem System, das auch schon bei seinen Heidegger und Nietzsche-Zitaten zu beobachten war, ergibt sich bei Wittgenstein eine spielerische Analogie, denn die strenge Sprachphilosophie trifft auf das Sprachexperiment, das zwar keine Bilder zuordnet aber umständlich zum Bild führt und in diesem Sinne im Rekurs auf das Zitat Wittgensteins ein humorvolles Gegenbild zur geforderten Klarheit der Aussage schafft.
(Uta Ruhkamp, 2008)

Die Thomas Rehbein Galerie arbeitet seit 2000 mit Peter Torp. Auf Messen und in Ausstellungen gezeigt, sind einige Kataloge zu seinem Werk entstanden. Der letzte Katalog zu seinem Werk ist anlässlich seiner Ausstellung in der Kunstsammlung Jena erschienen und bietet einen Einblick in das Werk Peter Torps.